Eine Expertenbefragung von advocado
Inhaltsverzeichnis
1. Auch im Bereich Legal Tech: Deutschland hat Aufholbedarf bei Digitalisierung
2. Wie kann der deutsche Legal-Tech-Markt noch besser werden?
3. Ausländische Legal-Tech-Märkte machen vor, wie es geht
4. Rechtsberatung der Zukunft: Was setzt sich am Ende durch?
5. Legal Tech 2019: Aussichten positiv
6. Über die Expertenbefragung
Ob bei einer schnellen Internetverbindung, der Bezahlung via Smartphone oder einer digitalen Verwaltung: Deutschland ist bei der Digitalisierung im internationalen Vergleich weit abgeschlagen (aktuelle Studie: „So digital ist Deutschland wirklich“).
Noch besteht auch im Bereich Legal Tech Aufholbedarf, doch die Weichen für ein erfolgreiches Jahr 2019 sind gestellt. Das ergab eine Expertenbefragung von advocado.
Was ist Legal Tech? Legal-Tech-Unternehmen, auch bekannt als Legal-Technology-Unternehmen (deutsch: „Rechtstechnologie“), beschäftigen sich mit der Nutzung von Technologien im Bereich Rechtsdienstleistungen. Der Fokus der Unternehmen lässt sich dabei weitestgehend in zwei Kategorien aufteilen:
Zu den bekanntesten Branchengrößen gehören (in alphabetischer Reihenfolge) u. a. advocado, anwalt.de, casecheck (ehemals rightmart), edicted, Flightright, Frag-einen-Anwalt.de, Geblitzt.de, lawlift und smartlaw.
„Im internationalen Vergleich haben die deutschen Legal-Tech-Unternehmen noch Nachholbedarf.“
Dr. Petra Arends-Paltzer, Woman of Legal Tech 2018
(Foto: Falcao Hänggi)
Die Ausgangssituation für die Optimierung des deutschen Rechtsmarktes ist verhältnismäßig schlecht. Denn momentan wird die Innovationskraft der Branchenvertreter u. a. durch veraltete Gesetze und überholte Denkweisen gehemmt. Zudem bremst eine unsichere Rechtslage Investoren und Unternehmer aus. Die fehlenden Finanzmittel lassen deutsche Anbieter finanziell wohl noch einige Jahre dem US-amerikanischen und britischen sowie einigen skandinavischen Märkten hinterherhinken, meint Rechtsanwalt Dr. Jochen Brandhoff (Organisator der größten Kongressmesse für Legal Innovationen in Europa).
Somit liegt es auf der Hand: 2019 muss sich einiges ändern, damit die deutsche Rechtsbranche im internationalen Vergleich aufholt. Und in der Tat ändert sich etwas: Unter den klassischen Rechtsdienstleistern findet endlich ein langsames Erwachen statt.
„Kanzleien sehen es mehr und mehr als Vorteil, die Effizienz in Prozessen zu steigern.“
Dr. Gernot Halbleib, Buchautor und Legal-Tech-Consultant
Bei der Umsetzung werden sie zunehmend von Legal-Tech-Unternehmen unterstützt. Im Bereich der Mandantenorientierung helfen sie Rechtsuchenden bei der Wahl des passenden Anwalts, ermöglichen eine sichere und zeitunabhängige Kommunikation und erhöhen die Kostentransparenz. Die speziell entwickelten Plattformen bilden die Schnittstelle zwischen Rechtsanwalt und Mandant. Sind Legal-Tech-Startups hingegen kanzleiorientiert, vereinfachen sie die tägliche Arbeit des Anwalts durch automatisierte, standardisierte und optimierte Prozesse. So können zum einen die Effizienz erhöht und zum anderen die Kosten gesenkt werden. Außerdem bekommen Anwälte über Legal-Tech-Plattformen Zugang zu einer neuen Art von Klienten, die sie durch klassisches Marketing bisher nicht erreicht haben, weiß Christophe Chevalley, General Manager bei Rocket Lawyer Europe. Kein Wunder also, dass sich statt Rechtsanwälten viele Nichtjuristen der Digitalisierung des Rechtsdienstleistungsmarktes angenommen haben: Gefragt sind beispielsweise IT-Spezialisten, Projektmanager und Kaufleute.
Damit Deutschland 2019 beim Thema Legal Tech international vorne mitspielen kann, müssen sich nach Expertenmeinung zwei grundlegende Dinge ändern:
Für die Umsetzung müssen Zeit und Geld investiert werden, doch die Investitionsbereitschaft in Anwaltskanzleien fehlt, beschreibt Halbleib die gegenwärtige Situation. So sind es vermutlich lediglich ein Prozent der Kanzleien, die von sich aus aktiv etwas in Angriff nehmen werden, so Arends-Paltzer mit Blick auf das Jahr 2019. Daher hat sich neben den deutschen Legal-Tech-Startups auch die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) der Digitalisierung der Branche gewidmet. Vor einiger Zeit machte sie mit dem „besonderen elektronischen Anwaltspostfach“ (beA) einen wichtigen Schritt in diese Richtung. Dass beim beA allerdings noch viel Optimierungsbedarf besteht, zeigt ein Beitrag von Legal Tribune Online.
Als Legal-Tech-Vorreiter unterstreichen US-amerikanische Unternehmen das große und wachsende Potenzial der Branche. Der US-Markt belegt somit: Ein einfacher Zugang zu fairer und erschwinglicher Rechtsberatung erweitert den Rechtsmarkt, sagt Chevalley. Dieses Ziel will man auch in Deutschland erreichen. Allerdings fehlt es oftmals auch am grundlegenden Verständnis, wie die digitale Transformation in Angriff genommen werden soll, kritisiert Arends-Paltzer.
Alle befragten Experten sind sich jedoch einig, dass dieses Defizit mit Blick auf ausländische Märkte leicht behoben werden könnte. Beispielsweise wurde in England 2013 das Fremdbesitzverbot für Anwaltskanzleien abgeschafft. Seitdem können Kanzleien dort auch über Fremdkapital finanziert werden. Halbleib fordert, dieses Verbot in Deutschland ebenfalls zu kippen, um den derzeit herrschenden Mangel an Investitionen auszugleichen. Aber nicht nur hinsichtlich der Rechtslage sind andere Länder beim Thema Legal Tech 2019 vorne. Auch die dortigen Konzepte sind erfolgsversprechend und sollten von deutschen Anbietern adaptiert werden. Im Ausland wurde der A2J-Markt (access to justice; deutsch: Zugang zum Recht) mit völlig anderen Methoden erfolgreich erobert als in Deutschland. Würden diese auf deutsche Verhältnisse übertragen, könnte der 25,8 Milliarden Euro starke deutsche Rechtsmarkt noch besser, einfacher und schneller erschlossen werden.
Derzeit gibt es viele Nischenanbieter, die im Jahr 2018 bereits durch standardisierte Prozesse und gutes Marketing mit verhältnismäßig wenig Aufwand einen hohen Umsatz verbuchen konnten – Beispiel Dieselgate. Aber welche Konzepte von Legal-Tech-Unternehmen setzen sich langfristig durch? Die Experten waren sich hier uneinig:
advocado-Befragung zu den Zukunftsaussichten von Legal Tech im Jahr 2019
Der Legal-Tech-Markt befindet sich erst in der mittleren Anfangsphase seiner Entwicklung, sagen die Experten, und das Potenzial in diesem Bereich ist enorm. Deutschland ist auf einem guten Weg, dieses 2019 noch besser auszuschöpfen. Die Weichen dafür wurden bereits im vergangenen Jahr gestellt: Mit dem im Dezember veröffentlichten Positionspapier des Bundesverbandes Deutsche Startups e. V. (BVDS) zur Änderung des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) soll zum Beispiel endlich die unsichere Rechtslage bekämpft werden.
„Eine Aktualisierung des RDG würde unsere Arbeit extrem erleichtern und wir könnten unsere Mandanten noch besser betreuen. Darüber hinaus würden dadurch auch die Bedingungen für Investoren erleichtert.“
Maximilian Block, Gründer des Legal-Tech-Startups advocado
Und das ist dringend nötig, denn immer mehr Venture-Capital-Gesellschaften werden auf den Legal-Tech-Markt in Deutschland aufmerksam. Sie haben gelernt, die Größe des Rechtsmarktes und die Skalierbarkeit von digitalen Geschäftsmodellen im Rechtsmarkt besser einzuschätzen, beobachtete Brandhoff bereits 2018.
Es bleibt spannend zu beobachten, ob sich Deutschland beim Thema Legal Tech 2019 endlich behaupten kann. Aus Expertenkreisen vernimmt man zumindest den Wunsch nach einem großflächigen Umdenken in der Rechtsbranche.
Befragt wurden 15 Legal-Tech-Experten zu ihren Ansichten über die Entwicklungen und Herausforderungen der Branche im Jahr 2019. Zu den Befragten zählen unter anderem Dr. Petra Arends-Paltzer, Maximilian Block, Dr. Jochen Brandhoff, Christophe Chevalley, Dr. Gernot Halbleib, Mike Lobanov und weitere renommierte Branchenkenner. advocado bedankt sich bei allen Teilnehmern.
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