Glatteisunfälle und damit verbundene Haftungsfragen sind im Winter juristisches Dauerthema. Im Ernstfall kann es rechtliche Streitigkeiten darüber geben, wer für welche Schadensposten aufkommen muss.
Ausgangspunkt für die Haftung bei Glatteis ist die allgemeine Streupflicht. Wenn es der Haus- oder Grundeigentümer schuldhaft versäumt, dieser Pflicht nachzukommen, ist er grundsätzlich schadensersatzpflichtig und im Schadensfall kann durchaus ein Anwalt eingeschaltet werden.
Prinzipiell wird die Streupflicht als eine Verkehrssicherungspflicht angesehen. Inhaltlich betrifft diese Pflicht das Streuen und Reinigen der Gehwege und des Grundstückes bei Glätte durch Schnee, Eis oder auch durch feuchtes Laub.
Dabei ist es schwierig, eine generelle Auskunft zur Haftung zu erteilen, denn kein Fall ist wie der andere. Ein Anwalt kann den individuellen Fall rechtssicher beurteilen.
Zunächst sind Fälle des öffentlichen Rechts von den Fällen des Privatrechts abzugrenzen. Gibt es Glatteis auf öffentlichen Straßen, sind grundsätzlich die Kommunen verpflichtet zu streuen. Die Streupflicht ist aus öffentlich-rechtlicher Sicht der Aufgabe der Gefahrenabwehr zuzuordnen. Diese obliegt originär der öffentlichen Hand.
Bei Verletzung dieser Pflicht kann der Geschädigte gegebenenfalls einen Anspruch aus Haftung per Amtes wegen gem. § 839 BGB, mittels Anwalt mit Schwerpunkt Unfall geltend machen.
In der Regel sind die Streupflichten bei Glatteis auf dem Gehweg durch kommunale Satzung auf die privaten Anlieger übertragen. So sind vor allem bei Unfällen von Fußgängern und Radfahrern auf Grund von Straßenglätte zivilrechtliche Regelungen entscheidend.
Als Anlieger der Straße sind damit also grundsätzlich die Haus- und Grundeigentümer dafür verantwortlich, ihr Grundstück und ihren Gehweg zu räumen und so potenzielle Schäden durch Glatteis abzuwenden.
Grundsätzlich kann der Eigentümer diese Pflicht auf seinen Mieter übertragen, allerdings muss dazu eine Regelung im Mietvertrag getroffen worden sein – nur dann trifft den Eigentümer keine Haftung.
Darüber hinaus entbindet eine Übertragung an den Mieter den Eigentümer nicht von der Pflicht zu überwachen, dass ordnungsgemäß geräumt wird und so Schäden durch Unfälle vermieden werden.
Zumeist ist der Gehweg werktags von 7–20 Uhr und sonntags von 9–20 Uhr zu räumen. Streupflicht des Eigentümers bedeutet nicht, dass dieser rund um die Uhr zu überwachen hat, dass sich keine neue Glätte bildet und die Wege 24 Stunden geräumt sind. Grundsätzlich gibt es meist durch Verordnung festgelegte Kernzeiten, in denen die Wege freizuhalten sind.
Lediglich dort, wo viel abendlicher Publikumsverkehr herrscht, gelten diese Kernzeiten nicht, denn dann muss der Eigentümer damit rechnen, dass dort auch spät abends viele Fußgänger unterwegs sind.
Es versteht sich darüber hinaus von selbst, dass eine Abwesenheit des Eigentümers diesen nicht von seiner allgemeinen Streupflicht und Haftung entbindet.
Es muss nicht die gesamte Fläche geräumt werden. Es ist bei Glatteis ausreichend, wenn den Fußgängern ein geräumter Gehweg von 120 cm zur Verfügung gestellt wird, damit zwei sich entgegenkommende Fußgänger genug Platz haben, gefahrlos aneinander vorbeizukommen.
Streuen mit Salz ist umweltschädlich – und kann in mancher Stadt verboten sein. Es kann ein Bußgeld drohen, wenn Sie trotzdem mit Salz streuen. Besser für die Umwelt und auf jeden Fall legal ist der Einsatz von Sand, Granulat oder Rollsplit.
Die öffentlichen Träger verwenden Salz übrigens trotzdem, da gerade der motorisierte Verkehr effektiv geschützt werden soll.
Darüber hinaus erschöpft sich die Pflicht zum Streuen nicht darin, bei Glatteis einmal zu streuen, sondern es ist regelmäßig nachzustreuen. Andernfalls kann wieder eine Haftung eintreten.
Das gilt allein dann nicht, wenn extreme Wetterbedingungen herrschen und Streuen von vornherein nutzlos erscheint.
1. Sie müssen beweisen, dass der Haus- und Grundeigentümer gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen hat.
2. Der Unfall muss durch eine „allgemeine“ Glätte des Weges verursacht sein. Dies setzt also voraus, dass nicht nur einzelne Stellen einer großen Fläche glatt waren.
3. Der Schaden muss aus dem Sturz resultieren.
Sind Sie gestürzt und der Ansicht, Forderungen gegenüber dem Haus- und Grundeigentümer geltend machen zu können, können Sie einen Anwalt einschalten, um eine Haftung des Eigentümers durchzusetzen.
Dafür kann es sinnvoll sein, direkt nach Ihrem Unfall Beweise zu sichern. Zunächst kann es hilfreich sein, Fotos vom Unfallort zu machen, um zu beweisen, dass es sich um „allgemeines“ Glatteis handelt.
Sind Zeugen vorhanden, kann es hilfreich sein, ihre Aussage aufzunehmen und Kontaktdaten mit ihnen auszutauschen.
Wenn Sie sich aufgrund des Unfalls verletzt haben, kann es hilfreich sein, einen Arzt zu konsultieren und sich ein Attest ausstellen zu lassen, um zu beweisen, dass die Verletzungen durch den Unfall verursacht wurden.
Die Haftung umfasst bei einem Unfall auf Glatteis Personen- und Sachschäden. Dabei werden grundsätzlich materielle Schäden ersetzt.
Diese können sich aus Kosten für ärztliche Behandlung, Verdienstausfall, Ersatz für ein kaputtes Handy etc. zusammensetzen. Darüber hinaus kann der Schädiger unter Umständen verpflichtet werden, immaterielles Schmerzensgeld zu zahlen.
Es kann sein, dass der Geschädigte bei Stürzen auf Glatteis mit in Haftung genommen wird. Jeder Verkehrsteilnehmer muss sich selbst auf die besonderen Witterungsbedingungen einstellen.
Glatteisunfälle können den Anscheinsbeweis der Unaufmerksamkeit mit sich tragen. Wer ohne Sorgfalt einen Unfall „herausfordert“ muss möglicherweise bis zu 50 % oder mehr des Schadens selbst tragen.
Als Eigentümer können Sie sich für Unfälle auf Ihrem Grund und Boden mit einer privaten Haftpflichtversicherung absichern. Schwere Folgen eines Sturzes, wie lange Arbeitsunfähigkeit, können für den Schädiger den finanziellen Ruin bedeuten.
Bei dem Geschädigten greift, falls vorhanden, die private Unfallversicherung und springt für alle Folgen des Sturzes auf dem Glatteis ein.
Am Beispiel eines Urteils des OLG Koblenz (OLG Koblenz v. 19.07.2012 – 5 U 582/12) lässt sich festhalten: Ein Sturz bei Glatteis führt nicht immer zur Haftung des Eigentümers. Ein Kunde einer Bäckerei war auf Glatteis gestürzt, obwohl der größte Teil des Parkplatzes geräumt war.
Das Gericht verneinte eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht – nur weil ein kleiner Teil des Parkplatzes nicht vom Glatteis befreit war, kann man von keiner Pflichtverletzung sprechen.
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