1. Welche Gründe gibt es für eine Abmahnung im Arbeitsrecht?
Eine Abmahnung im Arbeitsrecht kann zahlreiche Gründe haben. Der Arbeitgeber mahnt damit ein bestimmtes Verhalten des Arbeitnehmers an. Dieses muss unzumutbar für den Arbeitgeber sein und gegen den Arbeitsvertrag verstoßen.
Tritt ein solches Fehverhalten mehrmals auf, kann dem Arbeitnehmer neben einer weiteren Abmahnung eine verhaltensbedingte oder personenbedingte Kündigung drohen.
Mögliche Gründe für eine Abmahnung im Arbeitsrecht:
- Verstöße gegen den Arbeitsvertrag
- Minderleistung oder geringe Arbeitsleistung
- Arbeitszeitbetrug
- Alkohol am Arbeitsplatz
- Diebstahl
- Betrug
- Fehlverhalten gegenüber Mitarbeiter bzw. Vorgesetzten
All diese Gründe haben eines gemeinsam: Der Arbeitnehmer handelt vorsätzlich.
Beispiel: Bei einer Abmahnung aufgrund von Minderleistung bzw. Low-Performing muss nicht unbedingt Vorsatz vorliegen. Wenn die Leistung erheblich unter dem Durchschnitt liegt, kann dies eine Abmahnung bzw. verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.
Als erheblich unterdurchschnittliche Leistung gilt laut Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 11.12.2003, Az. 2 AZR 667/02) ein längerfristiger Leistungsabfall von einem Drittel oder mehr innerhalb der Vergleichsgruppe. Es reicht aber dafür nicht aus, wenn ein Mitarbeiter nur „Schlusslicht“ innerhalb der Vergleichsgruppe ist, ohne dass er in seiner Leistung erheblich von seinen Arbeitskollegen abfällt.
Um eine Abmahnung laut Arbeitsrecht zu vermeiden, hilft folgender Leitspruch: Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann.
2. Wann ist die Abmahnung laut Arbeitsrecht gültig?
Sobald ein vorsätzliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers vorliegt, ist im Arbeitsrecht eine Abmahnung möglich.
Diese muss allerdings bestimmte formale & inhaltliche Anforderungen erfüllen. Ist das nicht der Fall, können Arbeitnehmer die Abmahnung im Arbeitsrecht beanstanden und auch gerichtlich dagegen vorgehen.
Welche Anforderungen stellt das Arbeitsrecht an Abmahnungen?
Eine Abmahnung im Arbeitsrecht ist nicht formgebunden und kann mündlich ausgesprochen werden. Trotzdem muss sie folgende formale Anforderungen erfüllen:
- Sie muss eindeutig formuliert sein.
- Der Pflichtverstoß ist nachgewiesen und dokumentiert.
- Die Pflichtverletzung wird präzise dargestellt.
- Der Arbeitgeber macht deutlich, dass er das Verhalten missbilligt und stellt weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Fortsetzung oder Wiederholung in Aussicht.
Obwohl eine Abmahnung keine Formvorschrift hat und mündlich ausgesprochen werden kann, wird sie meist schriftlich erteilt, ihr Erhalt vom Mitarbeiter schriftlich bestätigt und in der Personalakte vermerkt.
Was muss in der Abmahnung stehen?
Eine Abmahnung muss zusätzlich bestimmte Inhaltsvorschriften erfüllen, um wirksam zu sein. Folgendes muss in einer Abmahnung stehen:
- Ort, Datum und Uhrzeit des Vorfalls
- Konkrete Schilderung des Fehlverhaltens
- Zeugenaussagen von Mitarbeitern oder Kunden
- Verweis auf die arbeitsvertraglichen Bestimmungen
- Aufforderung zur zukünftigen Unterlassung des Fehlverhaltens
- Androhung einer verhaltensbedingten Kündigung
- Empfangsbestätigung durch den Arbeitnehmer
Fehlen die genannten Inhalte in einer Abmahnung, könnte sie unwirksam sein.
Wer kann eine Abmahnung aussprechen?
Während eine Kündigung nur von einer Person ausgesprochen werden kann, die dazu bevollmächtigt ist und eine Vertretungsbefugnis nach außen hat, kann eine Abmahnung im Arbeitsrecht jede Person aussprechen, die dem Mitarbeiter gegenüber weisungsberechtigt ist.
Beispiel: Sie arbeiten in einem Produktionsunternehmen und haben einen Schichtleiter. Während eine Kündigung lediglich durch den Unternehmensinhaber erfolgen kann, könnte der Schichtleiter Sie abmahnen. Dies hat den Hintergrund, dass er zwar nicht Ihr Arbeitgeber, aber dennoch Ihr Vorgesetzter ist.
3. Welche Fristen gelten für die Abmahnung im Arbeitsrecht?
Eine Abmahnung im Arbeitsrecht hat keine gesetzlichen Verjährungsfristen. Das bedeutet für Arbeitnehmer, dass auch länger zurückliegende Pflicht- oder Weisungsverstöße nachträglich abgemahnt werden können.
Abmahnungen im Arbeitsrecht können mit der Zeit allerdings ihre Wirkung verlieren. Das Ziel einer Abmahnung ist die Korrektur eines bestimmten Fehlverhaltens – wenn der Arbeitgeber jedoch einen bestimmten Pflichtverstoß über Monate hinweg duldet und keine entsprechenden Maßnahmen ergreift, ist dieses Verhalten wahrscheinlich nicht gravierend genug, um eine Abmahnung zu rechtfertigen.
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass der Arbeitgeber die Abmahnung unverzüglich nach dem Fehlverhalten ausspricht. Nur so bleibt der erzieherische Wert vorhanden und der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, sein Verhalten zu korrigieren.
Ist ein Fehlverhalten allerdings erst später ans Licht gekommen, kann es selbstverständlich erst dann abgemahnt werden. Wurde beispielsweise eine sexuelle Belästigung eines anderen Mitarbeiters erst nach einiger Zeit angezeigt, kann rückwirkend eine Abmahnung und sogar eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen werden.
4. Welche Folgen hat eine Abmahnung?
Eine Abmahnung kann im Arbeitsrecht eine ordentliche Kündigung nach sich ziehen. Das wäre der Fall, wenn das Fehlverhalten vom Arbeitgeber mit der Abmahnung gerügt worden ist und vom Arbeitnehmer nicht abgestellt wurde.
Zudem wird die Abmahnung in der Regel in der Personalakte vermerkt. Da dieser Eintrag unbefristet, also bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses bestehen bleibt, kann die Wiederholung des gerügten Fehlverhaltens einige Jahre später noch zur Kündigung führen.
Das liegt daran, dass der Arbeitnehmer bereits auf das Fehlverhalten hingewiesen und eine entsprechende Unterlassungsanordnung bekommen hat.
5. Wie können Arbeitnehmer gegen eine Abmahnung vorgehen?
Sie als Arbeitnehmer können sich gegen eine unrechtmäßige oder ungültige Abmahnung wehren. Dazu haben Sie folgende Optionen:
Allerdings stehen Sie in diesem Fall in der Beweispflicht und müssen die Unrechtmäßigkeit der Abmahnung nachweisen können. Hierfür ist es wichtig, zunächst entsprechende Beweise zu sichern und ggf. Zeugen zu suchen.
Anschließend können Sie sich an den Betriebsrat oder die Personalleitung Ihres Unternehmens wenden und eine Beschwerde einreichen. In diesem Fall würden Sie zu einer Gegendarstellung der Situation aufgefordert werden. Wichtig dabei ist, dass Sie Ihre Sicht der Dinge genügend belegen können.
Bei einer unrechtmäßigen oder ungültigen Abmahnung laut Arbeitsrecht kann auch ein Anwalt für Arbeitsrecht helfen. Er prüft die Abmahnung, weist nach, dass sie unrechtmäßig ist und berät Sie zu den nächsten juristischen Schritten, um der Abmahnung im Arbeitsrecht erfolgreich zu widersprechen. Lässt sich Ihr Arbeitgeber nicht von einer Rücknahme und Löschung aus der Personalakte überzeugen, kann er Ihren Anspruch vor Gericht durchsetzen.
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