2. Wann gibt es trotz Aufhebungsvertrag Arbeitslosengeld ohne Sperrzeit?
Es gibt durchaus Umstände, unter denen Sie trotz Aufhebungsvertrag Arbeitslosengeld erhalten. Zu diesen Umständen und Gründen zählen:
- Eine drohende Kündigung durch den Arbeitgeber: Die betriebliche oder personenbedingte Kündigung wurde bereits in Aussicht gestellt und der Arbeitnehmer kommt dieser sozusagen zuvor. Die Kündigung muss allerdings unverschuldet und darf nicht auf eigenes Fehlverhalten zurückzuführen sein.
- Die Berechtigung zur fristlosen Kündigung: Liegt eine Situation vor, in der Sie als Arbeitnehmer das Recht auf eine fristlose Kündigung hätten, kann keine Sperrzeit erfolgen.
- Erkrankung und Überforderung: Kann medizinisch nachgewiesen werden, dass Sie durch eine psychische oder physische Krankheit der Arbeit nicht mehr nachgehen können, kann ein Aufhebungsvertrag – z. B. bei einem Burnout – eine sinnvolle Alternative darstellen.
- Die Gründung einer Lebensgemeinschaft: Ziehen Sie zu Ihrem Partner in eine andere Stadt und es ist nachweislich die Eheschließung geplant oder kann nur so die Versorgung der Kinder gewährleistet werden, kann eine Sperrzeit unangemessen sein.
- Eine neue Arbeitsstelle: Wer nachweisen kann, dass der den Aufhebungsvertrag in dem Wissen um einen neuen Job unterzeichnet hat, umgeht eine Sperre.
Außerdem ist eine Sperrfrist zu vermeiden, wenn eine Abfindung vereinbart worden ist und diese im Falle einer angedrohten Arbeitgeberkündigung nicht ausgezahlt worden wäre. Durch die Abfindung liegt somit ein ausreichender Grund für einen Aufhebungsvertrag vor. Die Abfindung beläuft sich in der Regel auf ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Beschäftigung.
Info: 2019 hat die neue Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit die Mindestgrenze bei den Abfindungen (im Rahmen der Kriterien, die einen wichtigen Grund definieren) abgeschafft und die personenbezogene Kündigung hinzugefügt.
3. Wann wird das ALG gesperrt?
Die Voraussetzungen für mögliche Sperrzeiten sind in § 159 SGB III geregelt. Nach einem Auflösungsvertrag – der nicht aus wichtigen Gründen, wie sie das Sozialgesetzbuch definiert, geschieht – wird das ALG gesperrt.
Wie lang ist die Sperrzeit des Arbeitslosengeldes nach einem Aufhebungsvertrag?
Die Sperrzeit des Arbeitslosengeldes beträgt 12 Wochen. Eine solche Sperre kann in einigen Fällen allerdings verkürzt oder ganz vermieden werden.
Nicht zu unterschätzen ist, dass sich dadurch der Gesamtanspruch auf Arbeitslosengeld I verringert. Wer also eigentlich Anspruch auf 12 Monate Arbeitslosengeld hat, erhält nach der Sperre nicht einfach wieder die gesamten 12 Monate. Die Sperrdauer wird abgezogen, wodurch nur noch 9 Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld ausstehen.
Zusätzlich ist zu beachten, dass Sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen eines Aufhebungsvertrags stets dem Arbeitsamt mitzuteilen haben. Normalerweise müssen Sie sich 3 Monate vor dem Ende des Arbeitsvertrags arbeitslos melden. Da ein Aufhebungsvertrag in der Regel kurzfristigerer Natur ist, haben Sie nach dem Unterzeichnen des Vertrags 3 Tage für die Mitteilung an das Arbeitsamt Zeit. Wer diese Frist verpasst, muss neben der Sperrung des Arbeitslosengeldes wegen des Aufhebungsvertrags zusätzlich noch eine Sperrzeit von 1 Woche auf sich nehmen.
Lässt sich die Sperrfrist bei einem Aufhebungsvertrag verkürzen?
Auch wenn eine Sperrzeit ansteht, muss diese nicht in jedem Fall 12 Wochen betragen. Trotz Aufhebungsvertrag verkürzt sich die Sperrzeit immer dann, wenn:
- sich wichtige Gründe aus dem Arbeitsverhältnis ergeben wie ausbleibender Lohn über einen längeren Zeitraum, Mobbing, Bossing oder sexuelle Belästigung (Verkürzung auf 6 Wochen Sperrzeit).
- sich wichtige Gründe aus der beruflichen Situation des Arbeitnehmers wie fehlende Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung, religiöse, philosophische oder weltanschauliche Gründe, Pflege des Ehepartners oder Betreuung des Kindes (Verkürzung der Sperrzeit auf 6 Wochen)
- das Arbeitsverhältnis 6 Wochen nach Abschluss des Aufhebungsvertrages geendet hätte (Verkürzung auf 3 Wochen Sperrzeit).
- das Arbeitsverhältnis 12 Wochen nach Abschluss des Aufhebungsvertrages geendet hätte (Verkürzung auf 6 Wochen Sperrzeit).
Betrifft der Aufhebungsvertrag auch das Arbeitslosengeld II?
Können Sie den Lebensunterhalt während der Sperrzeit nicht bestreiten, besteht möglicherweise Anspruch auf Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV. Dabei prüft das Arbeitsamt allerdings eingehend Ihr Vermögen und auch Ihr haftendes Umfeld auf eventuelle Unterstützungsmöglichkeiten (z. B. unterhaltspflichtige Familienmitglieder).
Es ist außerdem zu berücksichtigen, dass das Jobcenter auch das Arbeitslosengeld II aufgrund des Aufhebungsvertrages vom Jobcenter sanktionieren und z. B. temporär um 30 % kürzen kann.
4. Wie lässt sich die Sperre des Arbeitslosengeldes durch das Arbeitsamt umgehen?
Die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld durch das Arbeitsamt können Sie umgehen, wenn Sie einen wichtigen Grund für den Aufhebungsvertrag vorweisen und auch nachweisen können. Bei gesundheitlichen Gründen ist ein solcher Nachweis bspw. ein ärztliches Attest.
Sind Sie sich hinsichtlich einer Sperrzeit unsicher, kann es ratsam sein, den Aufhebungsvertrag von einem Anwalt prüfen zu lassen, bevor Sie ihn unterschreiben. Ein Anwalt kennt die Rechtslage und hilft Ihnen dabei, Argumente für die Notwendigkeit des Aufhebungsvertrags für das Arbeitsamt zusammenzutragen.
Wäre eine Sperrzeit durch den Aufhebungsvertrag unvermeidlich, verhandelt der Anwalt mit Ihrem Arbeitgeber, um für Sie eine Kündigung zu erreichen – und die Sperre zu umgehen.
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5. Aufhebungsvertrag während Elternzeit
Sie dürfen während der Elternzeit jederzeit kündigen. Dabei sind Sie an die in Ihrem Arbeitsvertrag vorgesehenen Kündigungsfristen gebunden. Eine besondere Kündigungsmöglichkeit sieht § 19 BEEG zum Ende der Elternzeit vor: Hier beträgt die Kündigungsfrist grundsätzlich drei Monate zum Ende der Elternzeit. Ihre persönliche Regelung kann jedoch abweichen. Beachten Sie daher die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist in Ihrem Arbeitsvertrag bzw. Tarifvertrag.
Sie dürfen das Arbeitsverhältnis auch mit kürzerer Frist einvernehmlich mit dem Arbeitgeber per Aufhebungsvertrag beenden. Aber Achtung: Mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages endet gleichzeitig der Mutterschutz und somit auch der Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld. Die fristlose Kündigung Ihrerseits bei entsprechenden Gründen ist laut BEEG allerdings auch nicht ausgeschlossen.