Kündigungsarten und Gründe im Arbeitsrecht
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Lesezeit 9 min

Kündigungsarten und Gründe im Arbeitsrecht

In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige zum Thema Kündigungsarten im Arbeitsrecht. Sie erfahren, welche Kündigungsarten es gibt,  welche Voraussetzungen und Kündigungsgründe bestehen und unter welchen Bedingungen Arbeitnehmer fristlos kündigen können.

Kerstin Brouwer
Beitrag von Kerstin Brouwer
Redakteurin für Rechtsthemen
Aktualisiert am
Infografik: Kündigungsarten & Gründe im Überblick

1. Die ordentliche Kündigung

Eine fristgerechte oder ordentliche Kündigung ist die häufigste Form. Sie hält sich an die im Tarifvertrag oder gesetzliche Kündigungsfrist von i. d. R. ein bis drei Monaten. Dabei muss der Arbeitgeber bei Personen, die nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterliegen, keinen Kündigungsgrund angeben. Wer allerdings mehr als sechs Monate in einem mindestens zehn Mitarbeiter großen Betrieb tätig war, ist vom KSchG geschützt und kann nicht ohne Weiteres entlassen werden. Hier muss der Chef triftige Gründe angeben, die entweder betriebs-, verhaltens- oder personenbedingt sind.

Die betriebsbedingte Kündigung

Bei der betriebsbedingten Kündigung sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens entscheidend. Nur, wenn alle vier untenstehenden Kriterien erfüllt sind, kann der Arbeitgeber eine wirksame betriebsbedingte Kündigung aussprechen:

  • das Vorliegen betrieblicher Erfordernisse wie beispielsweise die Schließung einer Abteilung/Filiale oder die zeitliche Optimierung von Arbeitsabläufen, die einen geringeren Personalbedarf begründet;
  • es besteht keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung durch Umschulung oder Versetzung (sog. Dringlichkeit);
  • das Arbeitgeber-Interesse an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegt das Arbeitnehmer-Interesse an einer Fortsetzung (sog. Interessen-Abwägung);
  • bei der Auswahl des entlassenen Arbeitsnehmers wurden soziale Gesichtspunkte berücksichtigt (sog. Sozialauswahl).

Folgende Punkte sind charakterisierend für eine betriebsbedingte Kündigung:

  • Der AN hat kein Fehlverhalten gezeigt;
  • die Arbeitsstelle wird schlichtweg gestrichen;
  • eine Umschuldung/ Versetzung ist nicht möglich;
  • fehlende wirtschaftliche Rentabilität o. ä. überwiegt die Interessen des AN;
  • sozial gerechtfertigt.

Die verhaltensbedingte Kündigung

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung hingegen liegen die Ursachen im steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers. Sie ist die Sanktion für einen Mitarbeiter, der einen Vertragsbruch verschuldet. Voraussetzungen:

  • Pflichtverletzung (z. B. Alkoholmissbrauch, Arbeitsverweigerung, Diebstahl oder Mobbing);
  • negative Zukunftsprognose (trotz Abmahnung ist keine Änderung des beanstandeten Verhaltens erfolgt);
  • es müssen mildere Mittel (z. B. Abmahnungen*, Versetzungen oder die Anpassung der Arbeitsbedingungen) versucht worden sein und
  • Interessenabwägung (s. o.) stattgefunden haben.

* Eine Abmahnung ist nicht notwendig, wenn der Arbeitnehmer nicht vom KSchG geschützt wird (s. o. Betriebszugehörigkeit, Betriebsgröße) oder sie sich ohnehin nicht zu Problemlösung eignen würde und dem AN das Risiko des Arbeitsplatzverlustes bekannt sein musste.

Folgende Punkte sind charakterisierend für eine verhaltensbedingte Kündigung:

  • Der AN hat eine Pflicht aus seinem Arbeitsvertrag verletzt;
  • es besteht keine Hoffnung auf Verbesserung;
  • Abmahnung in den meisten Fällen nötig;
  • Versetzung wurde in Erwägung gezogen;
  • AN ist für den AG untragbar;
  • (Betriebsrat wurde gehört).

Ausführlichere Informationen finden Sie in unserem Beitrag zur verhaltensbedingten Kündigung.

Die personenbedingte Kündigung

Bei einer personenbedingten Kündigung sind nicht direkt kontrollierbare Eigenschaften und Merkmale des Mitarbeiters der Kündigungsgrund. Führen sogenannte objektive Leistungsmängel (z. B. Verlust der Arbeitserlaubnis/des Führerscheins oder Haft) oder subjektive Leistungsmängel (z. B. Minderleistung – unangemessene Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit) zu einer verminderten Arbeitsleistung und beeinflusst dies das Unternehmen negativ, darf der Arbeitgeber personenbedingt kündigen.

Voraussetzungen:

  • erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen (vgl. oben „Pflichtverletzung“): Es drohen wirtschaftliche Belastungen (z. B. Umsatzeinbußen) oder massiven Störungen im Betriebsablauf (z. B. Fehlzeiten);
  • negative Prognose;
  • mildestes Mittel (Abmahnungen sind bei der personenbedingten Kündigung weniger wichtig als die Interessenabwägung);
  • Interessenabwägung.

Folgende Punkte sind charakterisierend für eine personenbedingte Kündigung:

  • objektiver oder subjektiver Leistungsmangel;
  • erhebliche Beeinträchtigung des Betriebsablaufs;
  • keine Aussicht auf Verbesserung;
  • keine Möglichkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses (Versetzung etc.);
  • AN ist für den AG untragbar;
  • keine Abmahnung nötig.

Ausführlichere Informationen finden Sie in unserem Beitrag zur personenbedingten Kündigung.

Rechtsberatung
Verdachtslkündigung:

Hat der Arbeitgeber den dringenden Verdacht auf eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, ist dieser womöglich als Person für das Unternehmen untragbar. Solange noch keine Beweise für das Fehlverhalten vorliegen, kann der Arbeitgeber auf Verdacht kündigen. An welche Bedingungen diese Form der personenbedingten Kündigung gebunden ist, erfahren Sie in unserem Beitrag zur Verdachtskündigung.

2. Die außerordentliche Kündigung

Bei einer außerordentlichen Kündigung muss sich der Arbeitgeber nicht an die vertraglich oder gesetzlich festgelegte Kündigungsfrist halten. Daher spricht man auch von einer fristlosen Kündigung. Nach Erhalt des Schreibens muss der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz noch am selben Tag räumen. Auf freiwilliger Basis kann der AG aber eine sogenannte „soziale Auslauffrist“ gewähren, die der gewöhnlichen Kündigungsfrist entspricht.

Bedingungen der fristlosen Kündigung

Für eine außerordentliche Kündigung muss die Einhaltung der normalerweise geltenden Kündigungsfrist wegen schwerwiegender Gründe unzumutbar sein (§ 626 BGB). Darüber hinaus muss der Arbeitgeber das Kündigungsschreiben innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes aushändigen. Die Notwendigkeit von Abmahnungen ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. Grundsätzlich sind zunächst mildere Mittel wie eine Versetzung zu erwägen. Sollten diese ebenfalls keine Abhilfe verschaffen, kann der AG fristlos kündigen.

Schwerwiegende Gründe sind beispielsweise:

  • Störungen im Vertrauensbereich (Betrug bei der Arbeitszeitendokumentation, gefälschte Krankmeldung, Beleidigungen);
  • Störungen im Leistungsbereich (beharrliche Arbeitsverweigerung, unentschuldigtes Fehlen);
  • Störung in der betrieblichen Verbundenheit (Verstöße gegen die Betriebsordnung, Behinderung des Betriebsablaufs, tätliche Angriffe).

Zwar rechtfertigen diese Tatbestände eine außerordentliche Kündigung, doch sind sie nicht das einzige Kriterium, das erfüllt sein muss. Trotz Fehlverhaltens kann die Kündigung unwirksam sein:

Ihre Entlassung ist unwirksam, wenn

 

 

Für Arbeitnehmer mit gesetzlichem Kündigungsschutz

- sie nicht sozial gerechtfertigt ist (Sozialauswahl, z. B. alleinerziehende Mutter)

- die zwei Wochen-Frist nicht eingehalten wurde (nach Bekanntwerden des Grundes)

- der Betriebsrat nicht angehört wurde

- keine in den meisten Fällen erforderliche Abmahnung erfolgte

 

 

 

Das gilt unabhängig vom KSchG für jeden Arbeitnehmer

 

- Formvorschriften nicht eingehalten wurden

- gegen das Maßregelungsverbot verstoßen wurde

- die Kündigung sittenwidrig ist

Wenn der Arbeitnehmer fristlos kündigen will

Andere, aber ebenso strenge Voraussetzungen gelten, wenn nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer fristlos kündigen möchte. Diese sind zum Beispiel erfüllt bei sexueller Belästigung, groben Beleidigungen oder wenn der AG Arbeitsschutzvorschriften ignoriert und dadurch die Gesundheit des Arbeitnehmers gefährdet. Auch ausbleibende oder regelmäßig verspätete Lohnzahlungen können – sofern sie erheblich sind – eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Diesen wichtigen Kündigungsgründen muss allerdings stets eine Abmahnung vorausgegangen sein. Unzufriedenheit mit seinem Gehalt oder ein anderes Stellenangebot sind hingegen nicht ausreichend.

Folgende Punkte sind charakterisierend für eine außerordentliche Kündigung:

  • schwerwiegender Grund: Störung im Vertrauensbereich oder Störung im Leistungsbereich oder Störung in der betrieblichen Verbundenheit;
  • Zwei-Wochen-Frist eingehalten;
  • mildere Mittel in Erwägung gezogen;
  • Abmahnung ist erfolgt;
  • keine besondere Schutzwürdigkeit durch bspw. Schwangerschaft.

Ausführlichere Informationen finden Sie in unserem Beitrag Fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer.

3. Die Notwendigkeit eines Grundes

Wenn Sie unter Kündigungsschutz stehen:

à Ordentliche Kündigung MIT erheblichem Grund

à Außerordentliche Kündigung MIT schwerwiegendem Grund

Wenn Sie weniger als 6 Monate im Betrieb sind/ der Betrieb kleiner als 10 Personen ist, gilt der Kündigungsschutzgesetz nicht

à Ordentliche Kündigung OHNE Angabe von Gründen

à Außerordentliche Kündigung MIT schwerwiegendem Grund

4. Tipp: kostenlose Ersteinschätzung von einem Rechtsanwalt

An eine wirksame Kündigung sind viele Voraussetzungen geknüpft. Die Nennung eines Grundes gehört nicht immer dazu.

Hier haben Sie die Möglichkeit, die Kündigung als Arbeitnehmer oder als Arbeitgeber mit einem Anwalt für Arbeitsrecht zu besprechen.

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