Eine Erbausschlagung hat normalerweise zur Folge, dass der Erbe den Pflichtteilsanspruch verliert. Da es sich bei der Vorerbschaft aber um ein beschwertes Erbe handelt, kann der Vorerbe zwischen
- der Annahme der Erbschaft sowie
- der Erbausschlagung und dem Pflichtteil wählen.
Wenn Sie Ihr Erbe aufgrund Ihrer Einsetzung als befreiter Vorerbe ausschlagen wollen und Ihnen die Auszahlung Ihres Pflichtteils verweigert wird, kann die Konsultation eines Anwalts hilfreich sein. Dieser kann mit den übrigen Erben in Dialog treten und Sie – wenn nötig – bei einer Pflichtteilsklage unterstützen. Gerne können Sie sich von einem Partner-Anwalt für Erbrecht im Rahmen einer kostenlosen Ersteinschätzung über Ihre juristischen Möglichkeiten beraten lassen.
4. Die Pflichten eines befreiten Vorerben
Obwohl ein befreiter Vorerbe von vielen Handlungsfreiheiten profitiert, ist auch er mit einer Reihe von Pflichten belegt. Für den befreiten Vorerben gilt – wie auch für den beschränkten Vorerben –, dass die Vorerbschaft getrennt vom Privatvermögen als Sondervermögen behandelt werden muss.
Welchen Pflichten der befreite Vorerbe außerdem nachkommen muss, erläutern wir Ihnen in diesem Kapitel.
Inventarisierungspflicht
Gemäß § 2121 BGB ist ein befreiter Vorerbe zur Auflistung des Erbes in einem Nachlassverzeichnis verpflichtet – falls der Nacherbe dies verlangt. Ein solches Nachlassverzeichnis beinhaltet sämtliche Vermögenswerte und Schulden des Erblassers. Der Vorerbe muss das Verzeichnis mit dem Datum und seiner Unterschrift versehen.
Das Nachlassverzeichnis kann auf Verlangen des Nacherben auch durch einen Beamten oder einen Notar aufgenommen und beglaubigt werden. Die Kosten kann der Vorerbe aus den Mitteln der Erbschaft begleichen.
Schenkungsverbot
Außerdem darf ein befreiter Vorerbe nach § 2113 BGB weder Nachlassgegenstände noch Grundstücke, Immobilien oder Schiffe aus der Vorerbschaft verschenken. Eine Ausnahme bilden Schenkungen, die aufgrund einer sittlichen Pflicht oder anstandshalber getätigt wurden – beispielsweise Hochzeitsgeschenke.
Schadensersatzpflicht
Ein befreiter Vorerbe ist laut § 2138 Absatz 2 BGB zu Schadensersatzzahlungen gegenüber dem Nacherben verpflichtet, wenn er Nachlassgegenstände aus der Vorerbschaft verschenkt oder den Nacherben bewusst durch die Schmälerung des Erbes benachteiligt.
Mögliche Schadensersatzansprüche muss der Nacherbe aktiv geltend machen und kann sie – wenn nötig – mithilfe einer Zivilklage gelten machen.
Pflicht zur Feststellung des Zustands der Erbschaft
Auf Wunsch des Nacherben muss ein befreiter Vorerbe laut § 2122 BGB den Zustand der Erbschaft einmalig durch einen Sachverständigen feststellen lassen. Das heißt, dass sämtliche Nachlassgegenstände protokolliert werden und ihre derzeitige Beschaffenheit festgestellt wird. Dabei wird nicht – wie im Rahmen des Nachlassverzeichnisses – auf den bloßen Wert der Nachlassgegenstände abgestellt.
Gehört zum Nachlass beispielsweise ein Haus, prüft der Sachverständige, inwieweit dieses renoviert und instandgehalten worden ist. Wurde dies festgehalten, kann der Nacherbe verlangen, dass das Haus vom Vorerben in eben diesem Zustand gehalten wird.
Haftung für Nachlassverbindlichkeiten
Laut § 2145 BGB haftet der Vorerbe, ob befreit oder beschränkt, für die Nachlassverbindlichkeiten – wie Schulden oder Bestattungskosten – aus der Vorerbschaft. Die Verbindlichkeiten können aus dem Nachlass getilgt werden.
Erbschaftssteuer für befreite Vorerben
Steuerlich werden Vor- und Nacherbschaft als zwei Erbfälle betrachtet. Daher fällt die Erbschaftssteuer zweimal an: Wenn der Nachlass an den Vorerben weitergeben wird und ein zweites Mal, wenn der Nachlass vom Vorerben auf den Nacherben übergeht. Der Vorerbe kann die Erbschaftssteuer aus den Geldmitteln der Vorerbschaft entrichten.