Was sind die Nachteile ehebedingter Zuwendungen bei Scheidung?
Lässt sich ein Ehepaar scheiden, besteht in den meisten Fällen kein Anspruch auf Rückgewähr der ehebezogenen Zuwendung. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass diese im Güterrecht auszugleichen sind. Für die meisten Ehen besteht der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
Im Falle einer Scheidung bedeutet das:
- Während der Ehe behält jeder Ehegatte sein Vermögen für sich.
- Bei Scheidung erfolgt der Zugewinnausgleich: Der finanziell schlechter aufgestellte Partner hat Anspruch auf Ausgleichszahlung vom besser verdienenden Gatten.
- Um den Zugewinn zu berechnen, zieht das Gericht das Endvermögen jedes Ehegatten vom Anfangsvermögen ab – der verbleibende Betrag ist der Zugewinn.
- Ist die Zuwendung bei Scheidung noch vorhanden, erhöht sie das Endvermögen des begünstigten Ehegatten.
- Hat dieser dadurch einen höheren Zugewinn als der andere, fließt ein Teil der Zuwendung damit wieder zurück.
Der Nachteil einer ehebezogenen Zuwendung bei Scheidung ist also, dass sie allenfalls zur Hälfte ausgeglichen wird. Zurückfordern kann der Ehegatte sie jedoch nur in extremen Ausnahmefällen.
Wann habe ich Anspruch auf Rückabwicklung?
Ein Anspruch auf Rückabwicklung einer ehelichen Schenkung besteht nur in besonderen Ausnahmefällen. Dazu zählen z. B. folgende Fälle:
- Sie haben Ihrem Gatten einen Anteil an der Immobilie zugewandt, die vorrangig Ihre Altersversorgung sichert.
- Sie haben das Haus oder die Wohnung für sich selbst behindertengerecht ausgebaut.
- Im Haus befindet sich Ihr Büro oder Ihre Werkstatt, womit Sie sich Ihren Lebensunterhalt erwirtschaften.
In einem solchen Ausnahmefall haben Sie zwar nicht zwangsläufig das Recht, die Schenkung zurückzufordern – Sie können aber eine angemessene Ausgleichszahlung von Ihrem Ehegatten verlangen.
Wie kann ich eine ehebedingte Zuwendung zurückfordern?
Wenn Sie eine ehebezogene Zuwendung rückabwickeln möchten, geschieht dies meist auf dem gerichtlichen Weg. Um das Problem des fehlenden Nachweises zu umgehen, können Sie Folgendes tun:
- Halten Sie – gerade bei größeren Vermögenswerten – die ehebezogene Schenkung schriftlich fest.
- Zusätzliche Bestimmungen können Sie im Rahmen eines Ehevertrages oder einer modifizierten Zugewinngemeinschaft vereinbaren.
Es ist auch möglich, ehebedingte Zuwendungen ab einem bestimmten Wert bei Scheidung dem ehemaligen Besitzer zuzusprechen. Auch in diesem Fall ist es notwendig, in einem Übertragungsvertrag festzuhalten, was unbestimmte Zuwendungen sind und welche Güter als gemeinsame Anschaffung unter den Zugewinn fallen.
4. Was bedeutet die Zuwendung für den Pflichtteilsergänzungsanspruch?
Grundsätzlich sichert der Pflichtteil Erben einen gesetzlichen Anteil am Nachlass eines verstorbenen nahen Verwandten (Erblasser) zu. Verschenkt der Erblasser aber schon zu Lebzeiten sein Vermögen, steht den Erben im Erbfall unter Umständen ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu:
- Liegt eine pflichtteilsergänzungspflichtige Schenkung vor, wird der Wert der Schenkung ganz oder zum Teil dem Nachlass hinzugerechnet.
- Ehebezogene Zuwendungen fallen fast immer in voller Höhe – und nicht nur zum Teil – in den Pflichtteilsergänzungsanspruch.
- Dadurch lässt sich weder die Erbschaftssteuer umgehen, noch können einzelne Erben benachteiligt werden.
Berechnungsbeispiel
Das Pflichtteilsrecht ist komplex. Das folgende Beispiel soll den Einfluss von ehebedingten Zuwendungen auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch verdeutlichen:
Herr K. besitzt ein Vermögen in Höhe von 200.000 Euro. Er übergibt seiner Ehefrau im Rahmen einer ehebedingten Schenkung 100.000 Euro davon. Als er stirbt, hinterlässt er Frau K. und seinen zwei Kindern ein Vermögen in Höhe von 100.000 Euro. Doch da er die beiden Kinder per Testament enterbt hat, steht diesen lediglich ihr Pflichtteil von 1/8 des Gesamtvermögens zu:
- Bei 100.000 Euro erhalten beide Kinder grundsätzlich einen Nachlass in Höhe von 12.500 Euro.
- Da die ehebedingte Schenkung jedoch in vollem Umfang ergänzungspflichtig ist, berechnet sich der Pflichtteil aus 200.000 Euro.
- Daher hat jedes Kind einen Anspruch auf 25.000 Euro.
- Frau K. bleibt ein Nachlass in Höhe von 50.000 Euro.
5. Wie wirkt sich die Zuwendung auf die Steuer aus
Da eine ehebezogene Zuwendung der Erhaltung der Ehe dient, unterliegt sie nicht der Schenkungssteuer.
Schenkungssteuer fällt nur an, wenn der Ehefortbestand nachweislich nicht der Grund für die Zuwendung ist. Die Höhe der Steuer ist dann abhängig vom Verwandtschaftsgrad und dem jeweiligen Freibetrag:
- Ehepartner: 500.000 Euro
- Kinder: 400.000 Euro
- Eltern: 200.000 Euro
- Freunde & entfernte Verwandte: 20.000 Euro
6. Wie kann ich für den Scheidungsfall vorsorgen?
Möchten Sie sich für den Fall der Fälle vorbereiten, können Sie einen Ehevertrag aufsetzen lassen. Mit klaren Regelungen kann sich eine Scheidung am schnellsten – und am kostengünstigsten – abwickeln lassen.
Alternativ zum Ehevertrag können Sie die Rahmenbedingungen der Scheidung in einer Scheidungsfolgenvereinbarung festlegen. Mithilfe dieser lässt sich im Vorfeld bestimmen, was mit bestimmten Gütern, Schenkungen oder Zuwendungen im Scheidungsfall passiert.
Auch der Güterstand einer modifizierten Zugewinngemeinschaft kann infrage kommen, um mögliche Nachteile bei der Rückforderung einer ehebedingten Zuwendung zu umgehen. Den Güterstand können Sie nachträglich noch ändern.
Wo finde ich Hilfe?
Haben Sie Fragen zu ehebedingten Zuwendungen, deren Einfluss auf die Berechnung des Zugewinnausgleich oder wollen wissen, was mit dem Haus als ehebezogene Zuwendung bei einer Scheidung geschieht, können Sie sich an einen Anwalt wenden.
Ein Anwalt für Familienrecht
- kann Sie zum Güterrecht und den für Sie und Ihren Partner passenden Güterstand (z. B. Zugewinngemeinschaft, Gütergemeinschaft, Gütertrennung) beraten.
- verzichtet auf Musterverträge für eine eheliche Schenkung, sondern schneidet diese auf Ihre individuellen Bedürfnisse zu.
- kann Sie im Fall einer Scheidung vor Gericht vertreten.
- kann prüfen, welche Möglichkeiten es zur Rückforderung einer ehebezogenen Schenkung gibt.
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