Wann liegt kein Härtefall vor?
Die folgenden Gründe führen nicht zur Härtefallscheidung:
- Nachlässige Haushaltsführung
- Unbegründete Eifersuchtsszenen
- Liebloses Verhalten dem Ehepartner gegenüber
- Heftige verbale Auseinandersetzungen
- Einmaliger, im Affekt begangener körperlicher Angriff auf Ehepartner
- Einmaliger Seitensprung
Nicht immer ist das Vorliegen eines Härtefalls leicht zu beurteilen. Besonders bei außerehelichen Beziehungen (auch gleichgeschlechtlichen) liegt häufig kein Härtefall vor. Gleiches gilt für eine Härtefallscheidung wegen eines sogenannten Kuckuckskindes. Es liegt es im Ermessen des jeweiligen Gerichts, ob es einer Blitzscheidung wegen Fremdgehens zustimmt.
3. Blitzscheidung Urteile
Ob eine Ehe aufgrund eines Härtefalls mit sofortiger Wirkung geschieden werden kann, entscheidet das Familiengericht anhand des Einzelfalls. Die folgenden Urteile können daher lediglich eine erste Orientierung bieten.
In welchen Fällen stimmen Gerichte einer Härtefallscheidung zu?
In diesen Fällen bestätigten die Gerichte den Härtefall:
- Jahrelange psychische und physische Gewalt, durch die die Ehefrau einen Krisenanfall erlitt und mit dem Krankenwagen abgeholt werden musste, bedingt Scheidung ohne Trennungsjahr 5 Monate nach Trennung (OLG Oldenburg, Az. 4 UF 44/18).
- Morddrohungen gegen Ehefrau gegenüber Dritten und Veröffentlichung erotischer Kurzgeschichten ohne Einverständnis durch den Ehemann rechtfertigen Blitzscheidung (OLG Brandenburg, Beschluss, Az. 9 UF 166/00).
- Neue Beziehung der Ex-Partnerin in der ehelichen Wohnung stellt einen Härtefall dar, wenn der ehemalige Ehepartner diese tagtäglich mit ansehen muss (OLG Köln, Az. 25 WF 162/98).
- Heirat nur für Erhalt einer Aufenthaltsgenehmigung rechtfertigt Härtefallscheidung und sofortige Scheidung (AG Offenbach 311 F 731/92).
In welchen Fällen stimmen Gerichte keiner Härtefallscheidung zu?
In diesen Fällen verneinten die Gerichte einen Härtefall:
- Außereheliche Beziehungen bedingen trotz Schwangerschaft keine Härtefallscheidung – auch nicht dann, wenn die Ehefrau den neuen Partner noch vor der Geburt heiraten möchte (OLG Sachsen-Anhalt, Az. 14 WF 211/04).
- Homosexuelle Neigungen sind kein Härtegrund für eine schnelle Scheidung (OLG Nürnberg, Az. 10 WF 1526/06).
- Langjähriger Alkoholmissbrauch bedingt keinen Härtefall, wenn der antragstellende Partner die Situation über viele Jahre hinweg hingenommen hat (OLG Düsseldorf, Az. 2 WF 112/77).
- Fehlverhalten aufgrund psychischer Krankheit eines Ehegatten rechtfertigt keine sofortige Scheidung aufgrund unzumutbarer Härte (OLG Brandenburg, Az. 9 WF 124/94).
Urteile zu Härtefällen sind immer Einzelfallentscheidungen der Familiengerichte. Sie können daher keine anwaltliche Beratung ersetzen. Ein Anwalt für Familienrecht kann anhand der aktuellen Rechtsprechung einschätzen, ob Ihr individueller Fall Aussicht auf Erfolg vor dem Familiengericht hat.
4. Wie läuft eine Härtefallscheidung ab?
Hinsichtlich des Ablaufs unterscheidet sich eine Härtefallscheidung nicht von einer normalen Scheidung. Sie überspringt lediglich das Trennungsjahr.
Wie beantrage ich eine Blitzscheidung?
Wer sich mit sofortiger Wirkung scheiden lassen möchte, muss zunächst wie bei einer normalen Scheidung einen Scheidungsantrag stellen. Für eine Scheidung ohne Trennungsjahr müssen Sie die Härtegründe im Antrag darlegen.
Da vor dem Familiengericht Anwaltszwang herrscht, müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen. Ihr Anwalt kann den Scheidungsantrag formulieren und bei Gericht einreichen. Das Gericht setzt anschließend einen Termin zur mündlichen Verhandlung fest, in der es den Härtefall prüft. Anschließend ergeht der Scheidungsbeschluss.
Muss der Härtefall bewiesen werden?
Ja, wer eine Scheidung einreichen möchte, ohne das Trennungsjahr abzuwarten, muss die Gründe für die Härtefallscheidung nicht nur darlegen, sondern auch beweisen.
Das ist z. B. möglich durch:
- Urkunden
- Zeugenaussagen
- Arztberichte und ärztliche Atteste (bei Gewalttaten)
- Anzeige bei der Polizei
Bestreitet der andere Ehepartner sein Fehlverhalten, muss das Gericht eine Beweisaufnahme durchführen, indem es u. a. Zeugen anhört. Lassen sich die Vorwürfe nicht hinreichend belegen, weist das Gericht den Antrag zurück.
Besteht ein solches Risiko, kann es für den Antragsteller sinnvoll sein, die Trennungszeit abzuwarten, da er oder sie so nicht den Härtefall nachweisen müssen.
Wie lange dauert eine Blitzscheidung wirklich?
Auch wenn Härtefallgründe für eine schnelle Scheidung ohne Trennungsjahr sprechen, ist eine Härtefallscheidung kein Eilverfahren. Das Familiengericht entscheidet über Härtefälle nicht schneller als über andere Scheidungsverfahren.
Durch die Beweisaufnahme während des Verfahrens kann sich der Scheidungsprozess zudem so sehr in die Länge ziehen, dass er nicht kürzer ist als eine Scheidung mit einjähriger Trennungszeit.
Wie kann ich meine Scheidung beschleunigen?
Der Teil, der bei einer Scheidung – auch bei einer Härtefallscheidung – am längsten dauert, ist der Versorgungsausgleich – d. h. der Ausgleich der Rentenanwartschaften. Auch bei einer Blitzscheidung ohne Trennungsjahr müssen die Rententräger das gesamte Rentenkonto klären.
Um diese Klärung zu beschleunigen, können Sie Folgendes tun:
- Antrag auf Kontenklärung beim Rententräger stellen.
- Alte Schulzeugnisse und Ausbildungsnachweise sammeln
- Formulare beider Partner für den Versorgungsausgleich direkt mit dem Scheidungsantrag einreichen.
Auf den Versorgungsausgleich lässt sich auch verzichten. Dies kann sinnvoll sein, wenn Sie als Antragsteller selbst die höheren Rentenanwartschaften erworben haben oder sich diese ausgleichen, weil Sie und Ihr Partner während der Ehe ein etwa gleich hohes Einkommen erzielt haben.