Ein grundlegender Nachteil des Gerichtsvollziehers ist die Notwendigkeit eines Titels: Sie müssen erst ein gerichtliches Mahnverfahren oder einen Gerichtsprozess anstrengen, bevor er vollstrecken darf. Besonders bei strittigen Forderungen kostet Sie das wertvolle Zeit, bevor Sie einen Gerichtsvollzieher überhaupt beauftragen können.
5. Forderungsverkauf an einen Factor
Factoring ist ein Anglizismus – „factura“ ist Latein und bedeutet „Rechnung“.
Im Rahmen des Factorings verkaufen Sie alle offenen Forderungen – auch zukünftige – an einen Factor. Das ist der größte Unterschied zu einem Inkasso-Unternehmen, das in der Regel erst beauftragt wird, wenn bereits bestehende Forderungen einzutreiben sind.
Beim Factoring erhalten Sie binnen zwei Tagen zwischen 80 und 90 % der Außenstände zurück. Das Risiko eines Zahlungsausfalls trägt nun der Factor.
Lassen sich die Schulden erfolgreich eintreiben, erhalten Sie nachträglich den noch ausstehenden Betrag vom Factor abzüglich seiner Gebühren zurück.
Trotz schneller Liquidität und entfallendem Forderungsmanagement hat Factoring einige Nachteile:
- Um Geld einzutreiben, kann der Factor – genau wie Sie – ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten oder ein Inkassobüro beauftragen. Dafür berechnet er Ihnen hohe Gebühren.
- Ihre Kunden könnten den Forderungsverkauf an einen professionellen Geldeintreiber als negatives Signal und als unseriös auffassen. So könnten Sie treue Stammkunden verprellen.
- Verwendet der Factor bei der Eintreibung der Forderung unlautere Methoden oder setzt den Schuldner unter Druck, verschreckt das Kunden und gefährdet unter Umständen ebenfalls eine langjährige Kundenbindung.
- Bei fehlender Kreditwürdigkeit des Schuldners kann ein Factor den Forderungskauf ablehnen, um sich vor Zahlungsausfällen zu schützen.
Die Kosten des Factorings lassen sich nicht genau beziffern: Neben Höhe der Forderung, Bonität der Kunden und Branche Ihres Unternehmens wirken sich auch nicht abschätzbare Risiken auf die Höhe der Gebühren aus. Denn sobald der Factor ein höheres Risiko von Zahlungsausfällen trägt, steigen auch die Kosten.
6. Unstrittige Forderung vom Inkasso eintreiben lassen
Offene Forderungen können Gläubiger auch an ein Inkassobüro verkaufen und erhalten dafür garantiert rund 30 % der Außenstände zurück.
Obwohl viele Gläubiger auf Inkasso zurückgreifen, hat diese Variante der Eintreibung viele Nachteile:
- Ein Inkassobüro hat zur Schuldeneintreibung dieselben Möglichkeiten wie Sie. Dafür verlangt es aber besonders hohe Gebühren.
- Im Gegensatz zu einem spezialisierten Anwalt erhalten Sie nur einen Bruchteil der Außenstände zurück. So erhalten Sie bei einer offenen Forderung in Höhe von 4.000 € von einem Inkassobüro nur 1.200 €.
- Viele Inkassobüros sind unseriös. Dies erkennen Sie an überhöhten Gebühren, unrealistischen Zahlungsfristen und Gewaltandrohung. Es kann ruf- und geschäftsschädigend sein, den Schuldner unter Druck zu setzen.
- Wenn Sie z. B. Geld “auf russische Art eintreiben” lassen, können Sie z. B. für Bedrohung, Beleidigung oder Stalking strafrechtlich belangt werden, weil Sie die illegale Vorgehensweise des Dienstleisters in Kauf genommen haben.
- Das Inkassobüro darf keine gerichtliche Vertretung für Sie übernehmen.
7. Handlungsempfehlungen: Seriös Geld eintreiben
Einer Ihrer Kunden befindet sich mit einer Rechnung in Zahlungsverzug? Dann haben Sie viele Möglichkeiten, um die Schulden einzutreiben.
Bevor Sie sich Hilfe holen, um Ihr Geld eintreiben zu lassen, stellen Sie sicher, dass Sie alles getan haben, was Sie ohne die Hilfe eines Anwalts oder Inkassobüros tun können:
1. Haben Sie alles getan, was Sie ohne die Hilfe eines Anwalts oder Inkassobüros tun können?
- Zahlungserinnerung versenden.
- Mängel beheben.
- Ratenzahlung anbieten.
- Zahlungsaufschub gewähren.
Versuchen Sie zunächst, ohne Anwalt Geld einzutreiben, um unnötige Kosten zu vermeiden. Verweigert Ihr Kunde trotzdem die Zahlung, können Sie durch persönlichen Kontakt mit dem Kunden etwaige Ursachen für die Zahlungsverweigerung abstellen – und haben einen stichhaltigen Beweis für Ihre außergerichtlichen Bemühungen.
2. Haben Sie den Kunden gemahnt und ihn damit in Zahlungsverzug gesetzt?
Oder haben Sie trotz Mahnung und Fristverlängerung keine Zahlung erhalten?
Notieren Sie die wesentlichen Fakten und suchen Sie alle Dokumente zusammen, die Ihren Anspruch sowie die Zahlungsverweigerung Ihres Kunden belegen:
- Kaufvertrag, Mietvertrag, Rechnung
- Nachweise über Telefonate, Mails, Briefverkehr
- Ratenzahlungsvereinbarungen, Fristverlängerungen
- Zeugenaussagen