Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig und stellt keinen Insolvenzantrag, begeht die Geschäftsführung Insolvenzverschleppung und somit eine Straftat. Die Folgen: Freiheits- oder Geldstrafen. Dabei ist Insolvenzverschleppung vermeidbar und im Falle eines Strafverfahrens müssen nicht immer hohe Strafen drohen.
Durch die Corona-Krise drohte zahlreichen Unternehmen die Insolvenz. Bis zum 30.04.2021 brauchten deswegen zahlungsunfähige oder überschuldete Unternehmen keinen Insolvenzantrag stellen – auch Fremdanträge (also Insolvenzanträge von Gläubigern) waren in dieser Zeit nicht möglich.
Seit 01.05.2021 gilt diese Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nicht mehr. Unternehmen müssen bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nun wieder innerhalb von 3 bzw. 6 Wochen einen Insolvenzantrag stellen.
Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig, überschuldet oder droht die Zahlungsunfähigkeit, ist es insolvenzreif. In diesem Fall ist die Geschäftsführung gesetzlich verpflichtet, Insolvenz anzumelden.
Meldet das Unternehmen seine Insolvenz nicht, falsch oder zu spät an, kommt es zur Insolvenzverschleppung und damit zu einer Straftat. Allein 2018 wurden laut Statista bei 19.302 Firmeninsolvenzen mehr als 12.700 Ermittlungsverfahren wegen Insolvenzverschleppung eingeleitet. Das sind etwa 66 %.
Beim Verdacht auf Insolvenzverschleppung leitet die Staatsanwaltschaft immer ein Ermittlungsverfahren ein. Das Verfahren kann zur Einstellung, einem Strafbefehl oder einer Gerichtsverhandlung führen.
Im Falle einer Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung müssen Beschuldigte mit hohen Geldstrafen oder einem Freiheitsentzug von bis zu 3 Jahren rechnen. Weiterhin erfolgen Einträge in die einschlägigen Register mit der Folge, dass man möglicherweise nicht mehr Geschäftsführer einer GmbH sein kann, einem die Ausübung des Gewerbes untersagt wird usw.
Insolvenz müssen Unternehmen anmelden, wenn einer der folgenden Insolvenzgründe vorliegt:
Seit der „Lehmann-Pleite” von 2008 wird der Überschuldungstatbestand etwas weicher ausgelegt: Wenn eine positive Fortführungsprognose für das Unternehmen besteht, liegt zwar eine Überschuldung im Wortsinn vor, dieser führt jedoch nicht dazu, dass eine Überschuldung im Sinne des Gesetzes angenommen wird. Allerdings ist die positive Fortführungsprognose von demjenigen zu beweisen, der sich darauf beruft.
![]()
Geschäftsführer, Inhaber von Firmen oder Einzelunternehmer sollten sich an die Rechtsberatung wenden, sobald der Steuerberater mitteilt, dass eine Überschuldung vorliegt bzw. wenn bei Wegfall einer Summe Schwierigkeiten auftreten. Hier kann man noch agieren und zum Beispiel Aufschübe erwirken.
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das weitere Vorgehen.
Natürliche Personen – also Privatpersonen, Verbraucher oder auch Selbstständige und Einzelunternehmer – müssen beim Tatbestand der Insolvenzverschleppung nicht mit einer Strafe rechnen.
Nur juristische Personen machen sich bei einer Insolvenzverschleppung strafbar, sie haften jedoch nur für die Schäden, die nach der Ansicht des Gesetzgebers ab Eintritt der Insolvenzverschleppung bestehen.
Dazu gehören:
Die Antragspflicht trifft immer die Geschäftsführung eines Unternehmens.
Antragspflichtig sind demnach folgende Personen:
Gläubiger eines Unternehmens können einen Gläubiger-Insolvenzantrag stellen, wenn sie die Zahlungsunfähigkeit und den Insolvenzgrund glaubhaft darlegen können. Die Anforderungen an einen solchen Insolvenzantrag sind außerordentlich hoch, um missbräuchliche Antragstellung zu vermeiden.
Haben Gläubiger konkrete Anhaltspunkte oder Beweise für eine Insolvenzverschleppung, können sie zudem die Geschäftsführung anzeigen. Bestätigt sich allerdings der Verdacht des Gläubigers nicht, kann gegen diesen ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung (§ 164 StGB) eingeleitet werden, das mit Geld- oder 5 Jahren Freiheitsstrafe enden kann.
Wer antragspflichtig ist, den trifft die Insolvenzverschleppungshaftung. Werden nach der Insolvenzreife noch Zahlungen oder Geschäfte getätigt, haftet z. B. der Geschäftsführer für diese immer persönlich und muss seine Gläubiger dann aus seinem Privatvermögen entschädigen.
Liegen die genannten Eröffnungsgründe für eine Insolvenz vor, ist die Geschäftsführung verpflichtet zu handeln: Spätestens innerhalb von 3 Wochen ist bei Zahlungsunfähigkeit ohne schuldhaftes Zögern – also unverzüglich bzw. sofort – ein Insolvenzantrag beim zuständigen Gericht zu stellen. Bei Überschuldung ist der Antrag innerhalb von 6 Wochen einzureichen.
Die Geschäftsführung darf diese Frist nur ausschöpfen, wenn
Nimmt die Geschäftsführung keine dieser Optionen wahr, muss sie unverzüglich handeln: Mit Eintreten der Insolvenzreife hat die verantwortliche Person den Antrag auf Insolvenz zu stellen.
Beim Tatbestand der Insolvenzverschleppung verjähren Schadensersatzpflichten nach 3 und die Straftat selbst nach 5 Jahren.
Das Strafmaß bei Insolvenzverschleppung orientiert sich immer am konkreten Einzelfall, da es keine juristischen Schemata oder Formeln gibt. Für den Beschuldigten kann das Fluch oder Segen sein:
Bei der Strafzumessung orientiert sich das zuständige Gericht an den Vorgaben des Gesetzgebers und an Entscheidungen in ähnlichen Fällen. Der Gesetzgeber unterscheidet bei der Strafzumessung grundsätzlich danach, ob vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt wurde:
Neben dieser grundlegenden Unterscheidung berücksichtigt das Gericht auch immer die äußeren Umstände der Tat und des Falles. Dabei ist das Gericht zur Gesamtabwägung der Umstände angehalten, um dem Einzelfall gerecht zu werden.
Folgende Faktoren dienen hierbei als Orientierung:
Neben der Insolvenzverschleppung werden Betroffene meistens zusätzlich wegen weiterer zivilrechtlicher Straftaten angezeigt, die in Verbindung mit der Insolvenzverschleppung stehen.
Diesbezüglich spricht man von Insolvenzstraftaten:
Gerade die Beitragsvorenthaltung wird von der Staatsanwaltschaft sehr häufig angeklagt. Dieser Tatbestand liegt vor, wenn das Unternehmen die Arbeitnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen nicht rechtzeitig, nicht vollständig oder gar nicht abführt.
Die Insolvenzverschleppung hat nicht nur die insolvenzstrafrechtliche Verfolgung der Geschäftsführung zur Folge, sondern auch ernste Konsequenzen für die berufliche und persönliche Zukunft der Verantwortlichen:
Das Insolvenzrecht ist ein komplexes Rechtsgebiet: So ist es nicht als Teil des Strafgesetzbuches geregelt, sondern in der eigenständigen Insolvenzordnung (InsO).
Selbst für erfahrene Geschäftsführer ist die Arbeit mit dem Insolvenzrecht eine anspruchsvolle Aufgabe, bei der zahlreiche begriffliche und juristische Schwierigkeiten bestehen. Das zeigt sich bereits daran, dass es 2018 laut Statista zu 19.302 Unternehmensinsolvenzen kam, wovon 66 % strafrechtliche Ermittlungsverfahren nach sich gezogen haben, weil die Geschäftsführung falsch gehandelt hat.
Unwissenheit mag Sie vor Strafe nicht schützen, ein spezialisierter Anwalt aber schon: Sobald Sie einen Anwalt für Insolvenzrecht engagieren, übernimmt er das Risiko und die Haftung für das weitere Vorgehen.
Mit ihm können Sie zunächst die Verantwortung und die Last der Anklage teilen, da Sie jeden Schritt, jede Frage und jeden Zweifel vertraulich und jederzeit besprechen können. Ihr Anwalt entwickelt mit Ihnen eine zielführende Verteidigungsstrategie und stellt Ihre erfolgreiche Verteidigung sicher. Außerdem erspart er Ihnen die zermürbende Kontaktaufnahme und Kommunikation mit den jeweiligen Behörden.
Bei drohender Insolvenz kann Ihnen Ihr Anwalt helfen und diskret und vertraulich Ihre wirtschaftliche Situation besprechen. Gemeinsam können Sie Sanierungs- und Rettungsmöglichkeiten prüfen und Wege aus der Krise finden.
Ihr Anwalt klärt Sie über Ihre Rechte und Pflichten auf und verringert das Risiko einer Insolvenzverschleppung und einer Verurteilung.
Was Ihr Anwalt konkret für Sie tut:
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das weitere Vorgehen.
Insolvenzverschleppung ist vermeidbar, aber nur unter wenigen und konkreten Bedingungen. Welche das sind und was Sie zum Erfolg tun können, erfahren Sie hier:
Die Stellung eines Insolvenzantrages beim zuständigen Insolvenzgericht ist für die Geschäftsführung eine anspruchsvolle Angelegenheit, da bei falscher Antragstellung gravierende Konsequenzen drohen. Deswegen sollten Sie einen Insolvenzantrag mit einem spezialisierten Anwalt abstimmen oder diesen anwaltlich prüfen lassen.
Folgende Voraussetzungen muss Ihr Antrag grundlegend erfüllen:
Wenn gegen Sie Ermittlungen wegen Insolvenzverschleppung eröffnet wurden, sollten Sie unbedingt bedacht handeln. Wir empfehlen Ihnen deswegen folgendes Vorgehen:
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das weitere Vorgehen.
Stellen Unternehmen nicht spätestens innerhalb von 3 Wochen bei Zahlungsunfähigkeit bzw. 6 Wochen bei Überschuldung einen Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht, liegt eine Insolvenzverschleppung vor. Diese liegt ebenfalls vor, wenn der Antrag fehlerhaft gestellt wird.
Das Strafmaß ist davon abhängig, ob die Insolvenzverschleppung fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt wurde. Bei Fahrlässigkeit kann für Unternehmer eine Freiheitsstrafe von bis zu 1 Jahr oder eine Geldstrafe und eine Sperre als Geschäftsführer für 5 Jahre die Folge sein. Vorsatz kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bedeuten. Darüber hinaus sind auch zivilrechtliche Konsequenzen wegen Betrugs, Kreditbetrugs, Untreue und strafbaren Bankrotts möglich.
Die Geschäftsführung eines Unternehmens kann eine Insolvenzverschleppung vermeiden, indem sie den Insolvenzantrag fristgerecht und formal korrekt stellt, alle vor dem Antrag ausgelösten Rechnungen begleicht, Arbeitnehmerbeiträge und Sozialversicherungsbeiträge fristgerecht bezahlt und die Unternehmensbilanz firstgerecht beim Finanzamt einreicht.
Als Teil der juristischen Redaktion von advocado arbeitet Franz Gerstenberger täglich dafür, dass jeder Leser auf seine individuelle Rechtsfrage eine verständliche Antwort erhält. Für Ratsuchende findet er dank linguistischer Fachkompetenz nachhaltige Lösungen im Zivil- und Internetrecht.