2. Schmerzensgeld nach Wegeunfall
Hat ein Arbeitnehmer einen Unfall auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit nach Hause, spricht man von einem Wegeunfall. Dieser ist dem Arbeitgeber unverzüglich zu melden. Dieser übernimmt dann die Meldung bei der zuständigen Berufsgenossenschaft.
Ein Anspruch auf Schmerzensgeld entsteht, wenn
- die erheblichen, längerfristigen physischen und psychischen Folgen zweifelsfrei auf den Unfall zurückzuführen sind,
- der Schädiger den Unfall vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat und
- noch keine Verjährung – nach drei Jahren ab dem Wegeunfall und Kenntnis über Schäden und Schädiger – eingetreten ist.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, besteht bei den verschiedenen Arten von Wegeunfällen ein Anspruch auf Schmerzensgeld, das vom Verursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu zahlen ist. Wie hoch das Schmerzensgeld dabei ausfallen kann und welche juristischen Optionen es zu dessen Durchsetzung gibt, erläutern wir Ihnen in folgenden Beiträgen:
3. Schmerzensgeld nach Arbeitsunfall
Nach §104 SGB VII entsteht ein Anspruch auf Schmerzensgeld nach einem Arbeitsunfall nur, wenn dem Arbeitgeber, Vorgesetzten oder einem Kollegen Vorsatz nachgewiesen werden kann – es muss also einen eindeutigen Schuldigen geben. Wurde der Arbeitsunfall absichtlich oder vorsätzlich durch z. B. den Arbeitgeber herbeigeführt, haftet dieser bzw. dessen Unfallversicherung und muss für den Personenschaden aufkommen.
Da in der Rechtsprechung davon ausgegangen wird, dass kein Unternehmen sich einen Arbeitsunfall wünscht und in der Regel alles dafür getan wird, Unfälle zu vermeiden, ist der Nachweis von Vorsätzlichkeit sehr schwierig. Besteht dennoch ein Anspruch, haftet der vorsätzlich Schuldige.
Wann liegt Vorsatz vor & wann nicht?
Ein Verstoß gegen betriebliche Vorschriften der Unfallverhütung oder kleinere Sicherheitsmängel reichen für einen Nachweis von Vorsätzlichkeit nicht aus. Kommt hingegen ein Vorgesetzter seiner Aufsichtspflicht gegenüber Auszubildenden nicht nach und diesen unterläuft ein Fehler, der zu gesundheitlichen Schäden führt, wird Vorsatz unterstellt. Damit ist ein Anspruch auf Schmerzensgeld nach einem Arbeitsunfall begründet. In diesem Zusammenhang kann die Hinzuziehung eines Anwalts hilfreich sein, damit der Nachweis von Vorsatz rechtssicher und zweifelsfrei gelingt.
Wie viel Schmerzensgeld nach Arbeitsunfall?
Konnte nachgewiesen werden, dass ein Arbeitsunfall auf Vorsatz beruht, besteht ein Anspruch auf Schmerzensgeld. Dessen konkrete Höhe ist dabei u. a. von folgenden Faktoren abhängig:
- psychische & physische Folgen,
- Auswirkungen der Verletzungen auf Beruf & Alltag,
- Folgeschäden.
Allgemeine Aussagen zum Schmerzensgeld nach einem Arbeitsunfall lassen sich allerdings nicht treffen, da dieses stets vom individuellen Einzelfall abhängig ist. Als erste Orientierung bei der Berechnung von Schmerzensgeld können sogenannte Schmerzensgeldtabellen herangezogen werden, die aber nicht verbindlich sind.
Verletzung
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Schmerzensgeld
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Urteil
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Sturz bei Zimmermannsarbeiten – kein Vorsatz nachweisbar
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0 €
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BAG, 2009
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Sturz bei Lagerarbeiten – kein Vorsatz nachweisbar
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0 €
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LAG Hessen, 2009
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Unfall auf einer Baustelle – Vorsatz nachweisbar
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255 €
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OLG Frankfurt, 2000
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Auszubildender erleidet Hornhautverletzung und Oberlidrandverletzung am linken Auge aufgrund eines Treffers mit von Kollegen geworfenem Wuchtgewicht – Vorsatz nachweisbar
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25.000 €
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LG Hessen, 2013
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Elektromeister stürzt während Reparaturarbeit in Aufzugsschacht und erleidet Schädel-Hirn-Trauma 3. Grades, Schienbeinkopftrümmerbruch und Wadenbeinbruch, organische Wesensveränderung mit ausgeprägten Schwächen des Wortgedächtnisses und der Wortflüssigkeit, Lähmung des 3. und 4. Hirnnervs und operativ behandelte Fehlstellung der Augen, Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk, unsicheres Gehen, Sensibilitätsstörung des rechten Unterschenkels sowie am rechten Fußrücken, fortgeschrittene Verschleißerscheinungen im rechten Kniegelenk
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45.000 €
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OLG Frankfurt, 2008
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In Ausbildung befindliche Krankenschwester infiziert sich bei Blutabnahme mit Hepatitis C – schweres Verschulden des ausbildenden Arztes nachweisbar
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150.000 €
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LAG Nürnberg, 2017
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4. Geltendmachung von Schmerzensgeld nach Arbeitsunfall
Meldung des Arbeitsunfalls bei der Berufsgenossenschaft
Bevor bei begründetem Anspruch – also Vorsatz – nach einem Arbeitsunfall Schmerzensgeld eingefordert wird, kann zunächst die zuständige Berufsgenossenschaft durch den Arbeitgeber informiert werden. Dabei ist eine rechtzeitige und ordentliche Meldung von grundlegender Bedeutung, damit die Berufsgenossenschaft Zahlungen nicht ablehnt. Der Arbeitsunfall kann auch gemeldet werden, wenn Verletzungen nicht festgestellt werden können oder diese nur gering erscheinen.
Verunfallte Arbeitnehmer können in diesem Zusammenhang darauf achten, dass der Arbeitgeber seiner Meldepflicht nachkommt – durch regelmäßige Nachfragen kann hier Druck auf den Arbeitgeber aufgebaut werden.
Durchsetzung von Schmerzensgeld nach einem Arbeitsunfall
Bei begründetem Anspruch ist nach einem Arbeitsunfall Schmerzensgeld zunächst außergerichtlich durchzusetzen. Mit einer schriftlichen Schmerzensgeldforderung an den Verursacher des Arbeitsunfalls bzw. dessen Haftpflichtversicherung kann eine außergerichtliche Einigung über ein Schmerzensgeld nach einem Arbeitsunfall angestrebt werden. Ist dies nicht möglich, kann Schmerzensgeld vor Gericht eingeklagt werden.
Ein Anwalt für Schmerzensgeld kann sicherstellen, dass Vorsatz und die mit dem Arbeitsunfall verbundenen Schäden zweifelsfrei nachgewiesen werden können. Zudem kann er auf Grundlage einer passenden juristischen Strategie für die Verhandlungen mit der Gegenseite oder vor Gericht das Schmerzensgeld nach einem Arbeitsunfall schnell und unkompliziert durchsetzen.
Hinweis: Wird ein rechtmäßiger Anspruch auf Schmerzensgeld nach einem Arbeitsunfall erfolgreich durchgesetzt, übernimmt die Gegenseite sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten.
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