
Steuerhinterziehung: So können Sie Strafen vermeiden
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Je nach Schwere kann sie mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren geahndet werden. Zudem sind Steuerschulden samt Hinterziehungszinsen von 6 % pro Jahr zurückzuzahlen.
- Steuerpflichtige Personen müssen in Deutschland ihrer Abgabepflicht nachkommen und Steuern zahlen.
- Sie hinterziehen Steuern, wenn Sie Einkünfte verschweigen, falsche Angaben in der Steuererklärung machen oder schwarz arbeiten.
- Bei Steuerhinterziehung drohen Geldstrafen oder Haft von 5 bis 10 Jahren.
- Zudem sind die Steuerschulden mit Hinterziehungszinsen zu begleichen.
- Eine Selbstanzeige kann unter bestimmten Umständen zur Straffreiheit führen.
1. Wann ist es Steuerhinterziehung?
Der Begriff der Steuerhinterziehung wird in § 370 Abgabenordnung (AO) definiert. Sie hinterziehen Steuern, wenn Sie vorsätzlich – also ganz bewusst – unrichtige, unvollständige oder gar keine Angaben zu steuerlich wichtigen Sachverhalten machen.
Solche Sachverhalte können sein:
- Falsche Gewinnermittlung (z. B. Abrechnung von privaten Hotelübernachtungen als Geschäftsreise)
- Scheingeschäfte (z. B. wenn der Ehemann seiner Frau das Haushaltsgeld als Lohn auszahlt)
- Schummeln bei Quittungen (z. B. Tankbelege an Bekannte weiterreichen, die sie dann steuerlich absetzen)
- Angabe zu hoher Werbekosten (z. B. Angabe zu vieler Kilometer bei der Pendlerpauschale)
- Verheimlichung von Schwarzarbeit
- Verschweigen von Zinseinnahmen
- Verschweigen einer Erbschaft

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Wann beginnt Steuerhinterziehung?
Steuerhinterziehung beginnt ab dem 1. Euro, den Sie dem Finanzamt unterschlagen. Die Höhe des unterschlagenen Betrags spielt keine Rolle.
Auch der Versuch oder Beihilfe, falsche Angaben zu machen oder Einnahmen zu verschweigen, gelten als Steuerstraftat.
Ändern sich steuerlich relevante Lebensumstände und kommen steuerpflichtige Personen ihrer unverzüglichen Berichtigungspflicht gemäß § 153 AO nicht nach, kann dies ebenfalls als Steuerhinterziehung ausgelegt werden. Solche relevanten Lebensumstände sind z. B.:
- Heirat
- Scheidung
- Wegfall des Kinderfreibetrags
- Erbschaft, die über den Erbschaftssteuer-Freibetrag hinausgeht
Zudem kann sich der Steuerhinterziehung strafbar machen, wer keine Steuererklärung abgibt, wenn er zur Einkommenssteuer veranlagt wurde.
2. Das passiert bei Steuerhinterziehung
Hat ein Finanzamt den Verdacht, dass eine steuerpflichtige Person Steuern hinterzieht, leitet es ein Ermittlungsverfahren ein. Am Anfang steht dabei häufig die Durchsuchung von Privat- und Geschäftsräumen. Diese erfolgt unangemeldet.
Die sichergestellten Unterlagen werden durch die Finanzbehörde gesichtet und ausgewertet. Bestätigt sich der Verdacht auf Steuerhinterziehung, wird Anzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft erstattet, die ein Steuerstrafverfahren einleitet.
Folgende Handlungen können als Anfangsverdacht für die Einleitung eines solchen Steuerstrafverfahrens ausreichen:
- Anzeige von Dritten, anonym oder durch Selbstanzeige
- Ergebnisse einer Betriebsprüfung
- Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung
- Kapitalanlagen im Ausland
- Geringe und unregelmäßige Privatentnahmen
- Nicht nachvollziehbare niedrige Rohgewinne
- Unplausible Bareinlagen
- Kassendifferenzen
- Fragwürdige Darlehen von z. B. Verwandten oder aus dem Ausland
- Spielbankgewinne
Wer haftet bei Steuerhinterziehung?
Nach § 69 AO und § 71 AO haftet, wer Täter oder Teilnehmer, Anstifter oder Gehilfe einer Steuerhinterziehung (z. B. ein Steuerberater) ist.
Die Haftung erfolgt für die hinterzogenen Steuern, zu Unrecht gewährte Steuervorteile sowie die Hinterziehungszinsen.
Wie lange dauert ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung?
Ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung kann wenige Monate oder viele Jahre dauern. Eine konkrete Aussage zur Dauer ist nicht möglich, da diese von verschiedenen Faktoren abhängig ist:
- Auslastung der Behörden
- Schwere der Tat
- Verhalten des Beschuldigten und seines Vertreters wie Steuerberater oder Anwalt
- Komplexität des Falls
3. So wird Steuerhinterziehung geahndet | Strafen
Wer Steuern hinterzieht, begeht laut § 370 AO eine Steuerstraftat. Wie hoch die Strafe bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung im Einzelfall ausfällt, hängt von der Höhe der hinterzogenen Geldsumme und individuellen Faktoren ab.
Folgende Tabelle gibt eine erste Orientierung zu möglichen Strafen:
Hinterzogene Steuern |
Strafen |
Bis 1.000 € |
Einstellung des Steuerstrafverfahrens gegen Auflagen |
Bis 50.000 € |
Geldstrafe |
Bis 100.000 € |
Geldstrafe oder Freiheitsstrafe; Bewährung möglich |
Bis 1.000.0000 € |
Freiheitsstrafe, ggf. zusätzliche Geldstrafe; Bewährung möglich |
Über 1.000.000 € |
Freiheitsstrafe, ggf. zusätzliche Geldstrafe; Bewährung ausgeschlossen |
Das kostet eine Steuerhinterziehung | Geldstrafe
Eine Geldstrafe wird in Form von Tagessätzen verhängt. Anzahl und Höhe der Tagessätze sind abhängig von:
- Wohnort (je nach Bundesland unterschiedlich)
- Schwere der Steuerhinterziehung
- Gibt es strafmildernde oder strafverschärfende Faktoren?
Die Tagessätze liegen zwischen mindestens 1 € und maximal 5.000 €. Es können mindestens 5 und maximal 360 Tagessätze verhängt werden.
Nachfolgende Tabelle zeigt Ihnen anhand ausgewählter Städte die mögliche Anzahl an Tagessätzen gemessen am Steuerschaden:
Schaden in Euro |
Berlin |
Düsseldorf |
Frankfurt |
Erfurt |
Hamburg |
Karlsruhe |
München |
1000 |
8–12 |
5-20 |
6–8 |
5–20 |
16–20 |
5–10 |
5–90 |
2500 |
20–30 |
20 |
15–20 |
20 |
40–80 |
10 |
5–90 |
5000 |
40–60 |
40 |
30–40 |
40 |
80–100 |
30 |
5–90 |
10.000 |
120 |
80 |
80 |
80 |
140 |
60 |
5–90 |
25.000 |
300 |
200 |
200 |
140 |
250 |
120 |
180 |
50.000 |
360 |
360 |
360 |
240 |
360 |
180 |
360 |
100.000 |
360 |
360 |
360 |
340 |
360 |
360 |
360 |
Zusätzlich sind die hinterzogenen Steuern nachzuzahlen. Können diese Steuerschulden nicht bezahlt werden, bestehen folgende Optionen:
- Stundung der Steuerschuld
- Ratenzahlung der Steuerschuld
- Aussetzung der Vollziehung beantragen
Hierfür ist das zuständige Finanzamt zu kontaktieren.
Diese Faktoren beeinflussen das Strafmaß
Laut § 46 StGB beeinflussen u. a. folgende Faktoren das Strafmaß:
- Beweggründe & Ziele des Täters
- Art der Ausführung der Tat
- Auswirkungen der Tat
- Vorleben des Täters
- Persönliche & wirtschaftliche Verhältnisse des Täters
- Verhalten nach der Tat wie Bemühung um Wiedergutmachung
Folgende Faktoren wirken strafmildernd:
- Hohes Alter
- Krankheit
- Geringer Bildungsstand
- Steuerliche Unerfahrenheit
- Umfang der Steuerhinterziehung im Vergleich zur gezahlten Steuer
Strafverschärfend sind folgende Faktoren:
- Gewerbsmäßige Steuerhinterziehung
- Persönliche Bereicherung
- Verschleierung der Tat wie z. B. Gewinnverlagerung ins Ausland
4. Das können Sie bei Steuerhinterziehung tun
Um Steuerhinterziehung und Strafen dafür zu vermeiden, bestehen folgende Handlungsoptionen:
Fehler in der Steuererklärung korrigieren
Eine Selbstanzeige bei versehentlichen Fehlern ist nicht notwendig – es reicht, wenn Sie Ihrer unverzüglichen Berichtigungspflicht laut § 153 AO nachkommen und diese nachträglich korrigieren, die Steuern nachzahlen und in Zukunft gewissenhafter sind.
Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung
Handelt es sich nicht um versehentliche Fehler in der Steuererklärung, sondern um Sachverhalte, die von Finanzbehörden als eine Hinterziehung von Steuern gewertet werden könnten, können Sie laut § 371 AO mit einer Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung mögliche Strafen vermeiden oder reduzieren.
Für eine strafbefreiende Selbstanzeige müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Ihre Straftat ist dem Finanzamt noch nicht bekannt.
- Die Verjährung ist noch nicht eingetreten.
- Die hinterzogenen Steuern sind nicht höher als 25.000 €.
- Falsche Angaben wurden korrigiert, unvollständige Angaben ergänzt oder verschwiegene Sachverhalte nachgemeldet.
- Die hinterzogenen Steuern wurden inklusive Hinterziehungszinsen an das zuständige Finanzamt gezahlt.
Wann verjährt Steuerhinterziehung?
Laut § 78 StGB verjährt Steuerhinterziehung oder die Begünstigung einer solchen Steuerstraftat nach 5 Jahren, besonders schwere Fälle verjähren erst nach 10 Jahren. Diese Frist beginnt, wenn die Tat beendet wurde. Haben Sie beispielsweise in Ihrer Steuererklärung von 2015 falsche Angaben gemacht, beginnt die Frist erst mit Erhalt des Steuerbescheids für das betreffende Jahr.
Steuerhinterziehung: Anzeige erhalten?
Weil jeder einen Dritten anonym wegen Steuerhinterziehung beim zuständigen Finanzamt anzeigen darf, können strittige Arbeitsverhältnisse, gescheiterte Ehen oder schwelende Nachbarschaftskonflikte zu einer Anzeige wegen der Hinterziehung von Steuern führen.
Liegt eine Anzeige vor, hat die angezeigte steuerpflichtige Person laut § 153 AO eine Beweispflicht für alle Angaben in der Steuererklärung – und muss innerhalb einer vom Finanzamt festgelegten Frist Belege und Kontoauszüge vorlegen.
Anwalt konsultieren
Damit Sie sich im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens nicht selbst belasten, können Sie sich anwaltlich zu Ihren Handlungsoptionen beraten lassen. Ein Anwalt für Fragen zur Steuerhinterziehung kann Sie zudem dabei unterstützen, die Vorwürfe zu entkräften und ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung bzw. Strafen dafür zu vermeiden.
Das kann ein Anwalt im Falle eines Steuerstrafverfahrens für Sie tun:
- Kommunikation mit Behörden
- Akteneinsicht beantragen
- Entwicklung einer Verteidigungsstrategie gegen die Vorwürfe
- Ausarbeitung von Stellungnahme oder Selbstanzeige
- Einspruch gegen Strafbefehl
- Verteidigung in einer möglichen Gerichtsverhandlung
- Berufung einlegen
- Revision einlegen
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5. FAQ zur Steuerhinterziehung
Wenn Sie als steuerpflichtige Person vorsätzlich – also ganz bewusst – unrichtige, unvollständige oder gar keine Angaben zu steuerlich wichtigen Sachverhalten machen und so Ihre Steuerlast senken möchten, begehen Sie Steuerhinterziehung.
Beim Tatbestand Steuerhinterziehung drohen Ihnen Geld- oder Freiheitsstrafen von bis zu 10 Jahren. Zudem sind die hinterzogenen Steuern nebst Hinterziehungszinsen nachzuzahlen.

Aktualisiert am
Als Teil der juristischen Redaktion bei advocado legt Sandra Brestrich größten Wert darauf, komplexe Sachverhalte verständlich zu erklären. Das Ziel der studierten Kommunikationswissenschaftlerin ist, die Leser gut zu informieren und ihnen Handlungsoptionen aufzuzeigen.

