Vertrag widerrufen und Rückzahlung erhalten – so kann es gelingen
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Vertrag widerrufen und Rückzahlung erhalten – so kann es gelingen

Das gesetzliche Widerrufsrecht gilt nur für Privatpersonen und bestimmte Vertragsarten. Ein fristgerechter Widerruf führt zur Rückabwicklung: Der Verbraucher erhält sein Geld zurück. Der Unternehmer hat unter Umständen Anspruch auf eine Entschädigung, wenn ihm ein Wertverlust entstanden ist.

Dustin Pawlitzek
Beitrag von Dustin Pawlitzek
Redakteur für Rechtsthemen
Aktualisiert am
Das Wichtigste in Kürze:
  • Einen einmal unterzeichneten Vertrag zu widerrufen, ist nicht grundsätzlich möglich.
  • Das gesetzliche Widerrufsrecht gilt nur für Privatpersonen und für bestimmte Vertragsarten.
  • Die Widerrufsfrist beträgt in der Regel 14 Tage.
  • Die Frist kann sich verlängern, wenn ein Unternehmer nicht oder falsch über das Widerrufsrecht von Verträgen informiert.
  • Der Verbraucher muss den Unternehmer fristgerecht über den Widerruf des Vertrags in Kenntnis setzen.
  • Ein erfolgreicher Widerruf führt zur Rückabwicklung: Der Verbraucher gibt die Ware zurück und erhält die Zahlungen erstattet.
  • Unter Umständen kann der Unternehmer einen Wertersatz vom Verbraucher fordern.

1. Wann lässt sich ein Vertrag widerrufen?

Grundsätzlich gilt: Ein einmal geschlossener Vertrag ist für beide Seiten verbindlich.

Nur unter bestimmten Umständen räumt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ein Widerrufsrecht bei Verträgen ein.

Um einen Vertrag widerrufen zu können, müssen 3 Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Der Vertragsnehmer ist eine Privatperson – Unternehmer haben kein Widerrufsrecht.
  2. Die Widerrufsfrist ist noch nicht abgelaufen (Details in Kapitel 2).
  3. Es handelt sich um eine Vertragsart, für die das BGB den Widerruf erlaubt (siehe nachfolgende Liste).

Für welche Verträge ist ein Widerruf möglich?

Gemäß BGB können Verbraucher die folgenden Arten von Verträgen widerrufen:

  • Fernabsatzverträge: Verträge, die im Internet, am Telefon, per Brief oder Fax abgeschlossen wurden – beispielsweise eine Bestellung im Onlineshop, Teleshop oder im Versandhaus.
  • Haustürgeschäfte: Verträge, die persönlich, aber außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden – z. B. an der Haustür, auf der Straße oder während einer Kaffeefahrt
  • Kreditkäufe: Kaufverträge, bei denen gleichzeitig auch eine Finanzierung abgeschlossen wird, wie z. B. eine Ratenzahlung im Elektronikmarkt oder im Möbelhaus
  • Kreditverträge: Kreditverträge, die Verbraucher für rein private Zwecke abschließen, beispielsweise Immobiliendarlehen und Autokredite
  • Ratenlieferungsverträge: Verträge über Waren, die in regelmäßigen Abständen geliefert werden, z. B. ein Zeitungsabo oder der Kauf einer mehrteiligen Buchreihe
  • Bauverträge: Seit 2018 gilt das Widerrufsrecht auch für Verbraucherbauverträge über den Neubau eines Gebäudes und auch Umbaumaßnahmen
  • Versicherungsverträge: Beispielsweise eine Unfall- oder eine Rentenversicherung. Bei Lebensversicherungen gilt immer die gesetzliche Widerrufsfrist von 30 Tagen.
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Wann ist kein Widerruf möglich?

Ein Widerrufsrecht bei Verträgen gilt laut BGB nur, wenn der Abschluss per Fernabsatz- oder Haustürgeschäft stattgefunden hat bzw. eine Form der Finanzierung beinhaltet.

Ein Widerruf ist in der Regel nicht bei in Verkaufs- oder Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen möglich.

So lässt sich beispielsweise ein Fitnessstudio-Vertrag widerrufen, wenn er telefonisch oder online abgeschlossen wurde – nicht aber, wenn der Abschluss im Fitnessstudio stattfand.

Bei bestimmten Produkten und Dienstleistungen schließt das BGB den Widerruf des Vertrags unabhängig vom Ort des Vertragsschlusses aus.

Dies gilt beispielsweise für

  • Individuell angefertigte Waren, z. B. einen Maßanzug
  • Schnell verderbliche Waren wie Lebensmittel
  • Digitale Inhalte, die per Download oder Streaming vertrieben werden, z. B. Musik oder Filme
  • Versiegelte Produkte, deren Siegel gebrochen wurde – beispielsweise Cremes, aber auch Filme und Software auf physischen Datenträgern
  • Dienstleistungen, die bereits vollständig erbracht wurden, wie Übersetzungen oder eine Beratung
  • Dienstleistungen, die zu einem konkreten Zeitpunkt erbracht werden – z. B. Zugtickets, Pauschalreisen oder Konzertkarten
  • Finanzprodukte, deren Kaufpreis Schwankungen unterliegt, z. B. Aktien und Anleihen

2. Wie lange ist der Widerruf möglich?

Die gesetzliche Widerrufsfrist laut BGB beträgt in der Regel 14 Tage. Eine Ausnahme gilt für Renten- und Lebensversicherungen: Hier haben Verbraucher 30 Tage Zeit, um den Vertrag zu widerrufen.

Die Frist beginnt frühestens zu laufen, wenn dem Verbraucher eine gültige Widerrufsbelehrung vorliegt – keinesfalls vorher: Reicht der Unternehmer die Widerrufsbelehrung nach, beginnt die Frist auch erst ab diesem Zeitpunkt.

Stellt der Unternehmer keine Widerrufsbelehrung zu oder entspricht sie nicht den gesetzlichen Anforderungen, verlängert sich der Zeitraum, in dem Verbraucher den Vertrag widerrufen können – und zwar um bis zu ein Jahr auf maximal 12 Monate und 14 Tage.

Hinweis
Ewiges Widerrufsrecht nutzen:

Ist eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft, haben Verbraucher bei bestimmten Verträgen sogar ein ewiges Widerrufsrecht und können diese unbefristet zu äußerst lukrativen Konditionen rückabwickeln.

Der sogenannte Widerrufsjoker gilt für

Gemäß der neuesten EU-Rechtsprechung (EuGH C-66/19) ist eine Widerrufserklärung auch fehlerhaft, wenn sie den sogenannten Kaskadenverweis enthält. Damit widerspricht der EuGH dem Bundesgerichtshof. Ob sich die Meinung des EuGH oder die des BGH durchsetzt, zeigt sich erst durch künftige Gerichtsurteile.

Bei Fernabsatzgeschäften – also z. B. beim Onlineshopping – beginnt die Frist erst mit der Zustellung der Ware.

Ist mehr als eine Lieferung notwendig, entscheidet die Art der Ware über den Fristbeginn:

  • gleichartige Ware (z. B. ein Zeitungsabo):
    Die Widerrufsfrist beginnt mit der ersten Zustellung.
  • unterschiedliche Ware (z. B. Lieferung einer Küche in mehreren Teilen):
    Die Widerrufsfrist beginnt mit der letzten Teillieferung.

Für einen ordnungsgemäßen Widerruf reicht es aus, wenn der Verbraucher das Unternehmen fristgerecht darüber informiert, dass er den Vertrag widerruft.

Es ist nicht notwendig, dass er die Ware innerhalb der Frist absendet oder sie bereits beim Verkäufer eingeht.

Wochenenden und Feiertage fließen in die Berechnung der Widerrufsfrist ein. Sie kann aber nicht an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen enden und verschiebt sich in diesem Fall auf den folgenden Werktag (Montag bis Freitag).

Hinweis
Widerruf nach Fristablauf möglich:

Ist die Widerrufsfrist bereits abgelaufen? Verbraucher können bis zu 24 Monate von einem Kaufvertrag zurücktreten, wenn der Verkäufer die Leistung nicht oder nicht wie vertraglich vereinbart erbringt und den Fehler nicht in einer angemessenen Zeit behebt.

3. Was bringt ein Vertragswiderruf?

Grundsätzlich ist nach deutschem Recht ein einmal geschlossener Vertrag für beide Seiten verbindlich. Durch das Widerrufsrecht für Verträge schützt der Gesetzgeber den Verbraucher.

Das Recht, einen Vertrag widerrufen zu können, bringt Vorteile: So haben Verbraucher Gelegenheit, online bestellte Produkte in Ruhe zuhause zu testen und spontane Vertragsabschlüsse in der Fußgängerzone oder an der Haustür noch einmal in Ruhe zu überdenken.

Die Folgen eines erfolgreichen Widerrufs: Der Vertrag ist niemals wirksam zustande gekommen und wird rückabgewickelt.

Die Vertragsparteien müssen dazu alle erbrachten Leistungen zurückgeben, um finanziell und rechtlich möglichst den Zustand wiederherzustellen, der vor Vertragsabschluss herrschte.

Wie funktioniert die Rückabwicklung eines Vertrags?

Um den Vertrag nach dem erfolgreichen Widerruf rückabzuwickeln, haben beide Parteien gesetzlich vorgeschriebene Rechte und Pflichten.

Der Verbraucher muss

  • binnen 14 Tagen nach Widerruf die Ware zurücksenden – es besteht dabei keine Pflicht, die Originalverpackung zu verwenden.
  • im Regelfall die Kosten des Rückversands tragen.

Der Unternehmer muss

  • große, nicht paketversandfähige Produkte wie Möbel oder große Elektrogeräte auf eigene Kosten abholen.
  • den Kaufpreis erstatten, sobald die Rücksendung per Einlieferungsbeleg nachgewiesen oder die Rücksendung eingetroffen ist.
  • die Versandkosten erstatten, sofern beim Hinversand für den Verbraucher angefallen – den Rückversand muss im Regelfall immer der Verbraucher zahlen.
  • zur Erstattung die beim Kauf vom Kunden genutzte Zahlungsmethode nutzen (z. B. Rücküberweisung auf das Girokonto) – Gutscheine sind nicht zulässig.
Vertrag widerrufen: Folgen für Käufer und Verkäufer.

Wann kann der Unternehmer Wertersatz verlangen?

Verbraucher haben das Recht, Waren auszupacken und in kleinerem Umfang zu nutzen, um die Eigenschaften eines Produkts und seine ordnungsgemäße Funktion zu überprüfen.

Geht die Nutzung über das dafür notwendige Maß hinaus, haben Unternehmer unter Umständen Anspruch auf einen sogenannten Wertersatz – auch Nutzungsentschädigung genannt.

Dabei handelt es sich um eine finanzielle Entschädigung für den Wertverlust einer Ware, der durch den Gebrauch entstanden ist. Wie hoch die Entschädigung ausfällt, hängt individuell vom Kaufpreis und dem Schadensausmaß ab.

Ein Wertersatz ist rechtens, wenn

  • die Ware beschädigt ist oder auf andere Weise an Wert verloren hat.
  • eine physische Rückgabe der Ware nicht möglich ist – etwa bei Werkverträgen oder Dienstleistungen.
  • der Käufer die Ware verbraucht, umgestaltet oder verarbeitet hat – z. B. Laminat zugeschnitten und verlegt.

Damit ein Unternehmer Wertersatz für Waren oder Dienstleistungen fordern kann, muss er den Verbraucher vorab ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht vom Vertrag informiert haben.

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4. Vertrag widerrufen: Anleitung & Musterschreiben

Wer von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht für Verträge Gebrauch macht, muss keinen Grund angeben. Ein bloßes Zurücksenden der Ware reicht allerdings nicht aus.

Verbraucher müssen den Unternehmer nachweislich darüber informieren, dass sie den Vertrag widerrufen.

In vielen Fällen stellt der Unternehmer Verbrauchern dafür ein Widerrufsformular zur Verfügung.

Auch mit unserem kostenlosen Musterschreiben können Sie den Unternehmer wirksam darüber informieren, dass Sie den Vertrag widerrufen:

Musterschreiben für den Vertragswiderruf

Der Verbraucher muss nachweisen, dass er die Frist zum Widerruf eingehalten hat – egal ob er eine Vorlage oder ein mitgeliefertes Widerrufsformular nutzt.

Für einen rechtssicheren Nachweis können Sie

  • ein Einschreiben oder
  • ein Fax mit Sendebestätigung schicken.

5. Was, wenn der Unternehmer den Widerruf nicht akzeptiert?

Wahrscheinlich wird der Unternehmer anstandslos akzeptieren, dass ein Verbraucher einen Vertrag ordnungsgemäß widerruft.

Diskussionen können darüber entstehen, ob sich die Zeit für den Widerruf des Vertrags verlängert, weil die Widerrufsbelehrung den Verbraucher falsch oder zu spät erreicht hat.

In anderen Fällen ist strittig, ob dem Unternehmer eine Entschädigung wegen Wertverlust zusteht oder nicht.

Ist keine Einigung möglich, kann es sinnvoll sein, sich professionelle anwaltliche Unterstützung zu nehmen.

Ein erfahrener Anwalt kann Ihren individuellen Fall rechtssicher bewerten. Schon ein offizielles Anwaltsschreiben kann ausreichen, um den Widerruf bei Ihrem Vertragspartner durchzusetzen.

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  • ob Sie den Vertrag widerrufen können und
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Kosten
Kostenübernahme:

Der Verlierer zahlt: Setzen Sie Ihr Widerrufsrecht für den Vertrag mithilfe eines Rechtsanwalts außergerichtlich oder in einem Gerichtsprozess durch, muss die Gegenseite Ihnen alle entstandenen Kosten ersetzen.

Kostenübernahme durch die Rechtsschutz­versicherung

Viele Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten für juristische Anliegen im Vertragsrecht. Gerne kann ein advocado Partner-Anwalt kostenlos eine Deckungszusage bei Ihrem Anbieter für Sie einholen.

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Dustin Pawlitzek
Dustin Pawlitzek
Redakteur für Rechtsthemen
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Nach einem Journalismus-Studium und fünf Jahren in der Unternehmenskommunikation eines Technologiekonzerns schreibt Dustin Pawlitzek als Teil der juristischen Redaktion von advocado zu den Gebieten Arbeits- und Zivilrecht. Ziel ist, komplexe juristische Themen verständlich aufzubereiten, damit Leser passende Lösungen erhalten.

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