Akteneinsicht im Verwaltungs­verfahren: So setzen Sie Ihr Recht durch
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Akteneinsicht im Verwaltungs­verfahren: So setzen Sie Ihr Recht durch

Jedem Bürger steht ein faires Verfahren zu. Deswegen gibt es das Recht auf Akteneinsicht – das gilt auch in Verwaltungsverfahren. Dadurch hat jeder Bürger die Chance, sein Anliegen gegenüber einer Behörde zu verteidigen. Mit einem formlosen Antrag können Sie Ihr Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen und sich gegen eine Behördenentscheidung – z. B. ein Bauverbot oder Steuerbescheid – wehren.

Franz Gerstenberger
Beitrag von Franz Gerstenberger
Redakteur für Rechtsthemen
Aktualisiert am
Das Wichtigste in Kürze:
  • Ein Verwaltungsverfahren eröffnet z. B. das Finanz- oder Ordnungsamt, um einen Steuerbescheid zu erstellen oder einen Bußgeldbescheid zu prüfen.
  • Jeder Bürger hat das Recht auf Akteneinsicht – auch im Verwaltungsverfahren.
  • Sind Sie mit Ihrem Steuerbescheid nicht einverstanden oder legen gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch ein, können Sie sich verteidigen.
  • Um sich erfolgreich zu verteidigen, können Sie Ihr Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen.
  • Sie können Unterlagen und Dokumente der Behörde einsehen.
  • Eine Akteneinsicht ermöglicht ein faires Verfahren und stellt Chancengleichheit sicher.
  • Wenn die Akteneinsicht die Behördenarbeit behindert, Nachteile für den Staat entstehen oder den Datenschutz Dritter verletzt, darf die Behörde diese verweigern.
  • Verweigert Ihnen die Behörde Akteneinsicht, können Sie Widerspruch einlegen.

1. Was ist das Recht auf Akteneinsicht?

Gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) hat jeder Mensch das Recht auf ein faires Verfahren und rechtliches Gehör. In Deutschland ist das Recht auf Akteneinsicht verfassungsrechtlich festgeschrieben.

Dieses Recht können Sie in nahezu jeder Rechtsstreitigkeit wahrnehmen: Sie können beispielsweise Ihr Recht auf Akteneinsicht im Strafverfahren wahrnehmen – sowie in Verwaltungsverfahren.

In einem Verwaltungsverfahren verteidigen Sie Ihr Anliegen gegenüber einer Verwaltungsbehörde.

Die Liste der deutschen Behörden ist lang. Dazu gehören beispielsweise:

  • Bußgeldstellen (Landesebene)
  • Ordnungsamt (Kommunalebene)
  • Finanzamt (örtliche Behörde)
  • Bauaufsichtsbehörde

Was ist ein Verwaltungsverfahren?

Wenn z. B. das Finanzamt einen Steuerbescheid erlässt, das Jobcenter Bewilligungsbescheide erstellt, das Bauamt Baugenehmigungen prüft oder die Gemeinde ein KFZ-Zeichen erteilt, handelt es sich um Verwaltungsverfahren.

Verwaltungsverfahren sind die Tätigkeit einer Behörde zur

  • Prüfung
  • Vorbereitung
  • Erlassung

eines sogenannten Verwaltungsaktes. Typische Verwaltungsakte sind Aufenthaltsgenehmigungen, Steuer-, Gebühren- , Bußgeld- oder Rentenbescheide, Fischerei- oder Jagdscheine sowie Genehmigungsbescheide. In einem Verwaltungsverfahren wird immer ein Verwaltungsakt bearbeitet.

Die Ergebnisse eines Verwaltungsaktes sind – vereinfacht gesagt – Gebote und Verbote.

Beispiele für Gebote und Verbote:

  • Die Baugenehmigung hebt ein Bauverbot auf.
  • Das Jobcenter lehnt einen Hartz-4-Antrag ab.
  • Die Bußgeldbehörde setzt mittels Bußgeldbescheid ein Fahrverbot durch.

Von Geboten und Verboten sind Bürger betroffen. Sind diese mit der Entscheidung einer Behörde nicht einverstanden, können sie Einspruch einlegen. Wer Einspruch gegen einen Behörden-Bescheid einlegen möchte, muss diesen detailliert begründen.

Aus diesem Grund ist die Akteneinsicht so wichtig – sie bietet die Möglichkeit, sich über die Entscheidungsfindung der Behörde und den gesamten Vorgang zu informieren.

Der günstigste Zeitpunkt, Akteneinsicht zu beantragen, ist abhängig vom Verfahren. Bei Ordnungswidrigkeiten oder Steuerbescheiden kann es sinnvoll sein, noch vor dem Einspruch oder parallel dazu die Akten einzusehen, um schnell bestmöglich reagieren zu können.

Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren: Warum ist es wichtig?

Im Verfahren gilt: Wissen ist Macht – die Behörde weiß zunächst mehr als der Bürger, da sie im Voraus zahlreiche Daten und Informationen gesammelt hat. Dadurch ist die Behörde in einer deutlich besseren Verhandlungsposition als der Bürger.

Da Sie als Bürger ein Recht auf einen fairen Prozess haben, steht Ihnen die Akteneinsicht zu. Sie stellt Chancengleichheit sicher und ermöglicht die Verteidigung gegen eine Behördenentscheidung

Auf folgende Fragen liefert die Akteneinsicht Antworten:

  • Was sind die Vorwürfe bzw. worum geht es?
  • Was weiß die Behörde?
  • Welche Unterlagen und Dokumente hat sie gesammelt?
  • Welche Beweise liegen vor?
  • Welche Zeugen gibt es?
  • Welche Aussagen haben die Zeugen gemacht?

Für die Beantwortung dieser Fragen können Sie alle Unterlagen, Beweise und Dokumente sichten, die die Behörde gesammelt hat. Auf dieser Grundlage können Sie der Behördenentscheidung widersprechen und die Behörde zu einer Korrektur verpflichten.

2. So beantragen Sie die Einsicht der Akten

Möchten Sie Ihr Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen, müssen Sie dazu einen Antrag bei der Behörde stellen. Diesen Antrag können alle am Verfahren beteiligten Personen stellen. Wann und in welcher Form Sie Einsicht in die Akten nehmen können, entscheidet die Behörde.

Wer hat das Recht auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren?

Nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz sind alle am Verwaltungsverfahren beteiligten Personen berechtigt, Einsicht in die Akten zu nehmen.

Beteiligte Personen sind:

  • der Antragsteller – der Bürger
  • der Antragsgegner – die Behörde
  • der Adressat eines Verwaltungsaktes – z. B. ein Verkehrssünder oder Bauherr
  • Vertragspartner eines öffentlich-rechtlichen Vertrags – z. B. ein Parkplatzbesitzer, der einer Stadt Stellplätze überlässt

Sofern Sie sich von einem Anwalt vertreten lassen, können Sie Ihr Recht auf Akteneinsicht nicht mehr persönlich wahrnehmen. In diesem Fall erhält nur der Anwalt direkte Einsicht in die Akten. Verwaltungsverfahren können schwer zu durchblicken sein. Es kann deshalb sinnvoll sein, einen Anwalt mit der Akteneinsicht zu beauftragen – und das Recht auf Einsicht abzutreten.

Sie möchten Ihr Recht auf Akteneinsicht in einem Verwaltungsverfahren an einen Anwalt mit Schwerpunkt Akteneinsicht abgeben? Ein advocado Partner-Anwalt meldet sich innerhalb von 2 Stunden für eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Handlungsoptionen und Erfolgsaussichten.

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Wo & wie können Sie Einsicht in die Akten nehmen?

Wer Einsicht in seine Akten nehmen möchte, muss sich dafür zur Behörde begeben: Die Behörde händigt die Akten aus, sodass Sie vor Ort Einsicht nehmen können.

Dazu müssen Sie jedoch vorher einen formlosen Antrag zur Akteneinsicht einreichen. Im Verwaltungsverfahren besteht keine Frist zur Akteneinsicht.

Häufig versendet die Behörde die Akten postalisch. Ein Recht auf den Versand Ihrer Akten besteht jedoch nicht. Über die Art und Weise der Akteneinsicht bestimmt allein die Behörde – im Einzelfall.

Achtung
Vorsicht vor Muster-Vorlagen!

Im Internet finden Sie zahlreiche Muster für einen Antrag auf Akteneinsicht. Entsprechende Muster können meist mehr Risiko als Hilfestellung darstellen, da Vorlagen Ihrem individuellen Fall kaum Rechnung tragen können. Jedes Verwaltungsverfahren verläuft verschieden und ist individuell, das kann ein Muster nur schwer leisten.

3. Darf die Behörde Akteneinsicht verweigern?

Nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz ist die Behörde dazu verpflichtet, dem Antragsteller Einsicht in die Akten zu gewähren. Es liegt nicht im Ermessen der Behörde, ob sie Akteneinsicht gewährt oder nicht.

Es gibt jedoch besondere Umstände, unter denen eine Akteneinsicht ausgeschlossen ist.

In diesen Fällen ist die Akteneinsicht nicht möglich:

  • Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung: Die Behörde kann aufgrund der Akteneinsicht ihre Aufgaben – wie Beweissammlung oder Ermittlungsarbeiten – nicht erfüllen.
  • Nachteile für den Staat: Die Akten enthalten Informationen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen.
  • Datenschutz – Geheimhaltungsinteresse Dritter: Die Akten enthalten Informationen zum Gesundheitszustand, den Vermögensverhältnissen oder Geschäftsgeheimnissen von Dritten und würden das Geheimhaltungsinteresse verletzen.

Die Behörde darf Ihnen Ihr Recht auf Akteneinsicht nur aus diesen drei genannten Gründen verweigern – in allen anderen Fällen muss die Behörde Ihrem Antrag stattgeben. Die Entscheidung muss sie begründen.

Lehnt die Behörde Ihren Antrag auf Akteneinsicht ab, können Sie in jedem Fall dagegen Widerspruch einlegen. Kann die Behörde die Antragsablehnung nicht begründen, hat sie einen Verfahrensfehler begangen, gegen den Sie eine Rechtsbeschwerde einlegen können.

Möchten Sie Widerspruch einlegen, kann Ihnen ein Rechtsanwalt helfen: Dieser kann zuverlässig prüfen, ob Ihnen die Behörde Akteneinsicht verweigern darf und ob deren Begründung stichhaltig ist.

4. Kosten

Für die Akteneinsicht fallen Gebühren und Auslagen an: Wer Akteneinsicht beantragt, muss mit einer Auslagenpauschale sowie Kosten für die Begutachtung in Papier- oder Digital-Form sowie für Kopien und den Versand rechnen.

  • Auslagenpauschale – max. 20 €
  • Begutachtung in Digital-Form – 5 €
  • Begutachtung in Papierform – 12 €
  • Kopierkosten – 50 Cent je Seite für die ersten 50 Seiten, danach 15 Cent für jede weitere Seite
  • Versand – 3,50 € pro Schriftwechsel

Wenn Sie einen Anwalt beauftragen, um schnell und unkompliziert Einsicht in die Akten zu nehmen, fallen Anwaltskosten an – Kopierkosten entfallen dann allerdings.

Die Anwaltskosten basieren auf dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und sind abhängig von den konkreten Leistungen Ihres Anwalts.

Kosten
Kostenlose Deckungsanfrage:

Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, kann ein advocado Partner-Anwalt gerne eine kostenlose Deckungsanfrage für Sie stellen und prüfen, ob Ihre Versicherung die Anwaltskosten für die Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren übernimmt. In einer kostenlosen Ersteinschätzung informiert er Sie zudem über die möglichen Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten. Jetzt Ersteinschätzung erhalten.

5. Benötige ich einen Anwalt?

Grundsätzlich benötigen Sie für die Akteneinsicht keinen Anwalt, Sie können die Akten auch selbst sichten. Es kann aber hilfreich sein, die Akten nicht auf eigene Faust einzusehen und mit einem Anwalt Einspruch einzulegen.

Im Verwaltungsverfahren stehen Sie einer Behörde gegenüber – z. B. dem Finanz- oder Arbeitsamt – und müssen Ihren Antrag oder Einspruch verteidigen. Um auf Augenhöhe mit der Behörde zu agieren, können Sie sich von einem Anwalt unterstützen lassen.

Ein Anwalt übernimmt für Sie die Beantragung der Akteneinsicht, wertet die gewonnenen Informationen aus und kann auf dieser Grundlage z. B. einen Bußgeldbescheid abwehren oder eine Baugenehmigung durchsetzen.

  • Ihr Anwalt beantragt Akteneinsicht für Sie: Er kann die Behörde kontaktieren, den Schriftwechsel übernehmen, einen zeitnahen Termin zur Einsichtnahme abstimmen und die Akten prüfen. Dabei weiß ein Anwalt am besten, wonach er suchen muss und welche Informationen essentiell für Ihren Fall sind.
  • Ihr Anwalt wertet die Akten aus: Die Einordnung und Bewertung der Akten ist für Laien eine Herausforderung, da sie mit der Behördensprache und den Abläufen meist nicht vertraut sind. Für einen Anwalt ist dies hingegen Routine. Ihr Anwalt kann deswegen feststellen, worauf die Behörde ihre Entscheidung stützt und welche Handlungsoptionen oder Alternativen für Sie bestehen.
  • Ein Anwalt gibt Sicherheit: Ihr Anwalt kann Sie beraten, wie Sie Ihr Ziel am besten erreichen: Sollten Sie die Sache auf sich beruhen lassen oder lohnt sich z. B. ein Einspruch? Ihr Anwalt kann die Erfolgsaussichten Ihrer Handlungsoptionen prüfen und sicherstellen, dass Sie die richtige Entscheidung treffen.

Ihr Recht auf Akteneinsicht sollten Sie im Verwaltungsverfahren immer wahrnehmen. Es sichert Ihnen wichtige Informationen und stellt Chancengleichheit zwischen Ihnen und der Verwaltungsbehörde her.

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