1. Was ist das Recht auf Akteneinsicht?
Gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) hat jeder Mensch das Recht auf ein faires Verfahren und rechtliches Gehör. In Deutschland ist das Recht auf Akteneinsicht verfassungsrechtlich festgeschrieben.
Dieses Recht können Sie in nahezu jeder Rechtsstreitigkeit wahrnehmen: Sie können beispielsweise Ihr Recht auf Akteneinsicht im Strafverfahren wahrnehmen – sowie in Verwaltungsverfahren.
In einem Verwaltungsverfahren verteidigen Sie Ihr Anliegen gegenüber einer Verwaltungsbehörde.
Die Liste der deutschen Behörden ist lang. Dazu gehören beispielsweise:
- Bußgeldstellen (Landesebene)
- Ordnungsamt (Kommunalebene)
- Finanzamt (örtliche Behörde)
- Bauaufsichtsbehörde
Was ist ein Verwaltungsverfahren?
Wenn z. B. das Finanzamt einen Steuerbescheid erlässt, das Jobcenter Bewilligungsbescheide erstellt, das Bauamt Baugenehmigungen prüft oder die Gemeinde ein KFZ-Zeichen erteilt, handelt es sich um Verwaltungsverfahren.
Verwaltungsverfahren sind die Tätigkeit einer Behörde zur
- Prüfung
- Vorbereitung
- Erlassung
eines sogenannten Verwaltungsaktes. Typische Verwaltungsakte sind Aufenthaltsgenehmigungen, Steuer-, Gebühren- , Bußgeld- oder Rentenbescheide, Fischerei- oder Jagdscheine sowie Genehmigungsbescheide. In einem Verwaltungsverfahren wird immer ein Verwaltungsakt bearbeitet.
Die Ergebnisse eines Verwaltungsaktes sind – vereinfacht gesagt – Gebote und Verbote.
Beispiele für Gebote und Verbote:
- Die Baugenehmigung hebt ein Bauverbot auf.
- Das Jobcenter lehnt einen Hartz-4-Antrag ab.
- Die Bußgeldbehörde setzt mittels Bußgeldbescheid ein Fahrverbot durch.
Von Geboten und Verboten sind Bürger betroffen. Sind diese mit der Entscheidung einer Behörde nicht einverstanden, können sie Einspruch einlegen. Wer Einspruch gegen einen Behörden-Bescheid einlegen möchte, muss diesen detailliert begründen.
Aus diesem Grund ist die Akteneinsicht so wichtig – sie bietet die Möglichkeit, sich über die Entscheidungsfindung der Behörde und den gesamten Vorgang zu informieren.
Der günstigste Zeitpunkt, Akteneinsicht zu beantragen, ist abhängig vom Verfahren. Bei Ordnungswidrigkeiten oder Steuerbescheiden kann es sinnvoll sein, noch vor dem Einspruch oder parallel dazu die Akten einzusehen, um schnell bestmöglich reagieren zu können.
Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren: Warum ist es wichtig?
Im Verfahren gilt: Wissen ist Macht – die Behörde weiß zunächst mehr als der Bürger, da sie im Voraus zahlreiche Daten und Informationen gesammelt hat. Dadurch ist die Behörde in einer deutlich besseren Verhandlungsposition als der Bürger.
Da Sie als Bürger ein Recht auf einen fairen Prozess haben, steht Ihnen die Akteneinsicht zu. Sie stellt Chancengleichheit sicher und ermöglicht die Verteidigung gegen eine Behördenentscheidung
Auf folgende Fragen liefert die Akteneinsicht Antworten:
- Was sind die Vorwürfe bzw. worum geht es?
- Was weiß die Behörde?
- Welche Unterlagen und Dokumente hat sie gesammelt?
- Welche Beweise liegen vor?
- Welche Zeugen gibt es?
- Welche Aussagen haben die Zeugen gemacht?
Für die Beantwortung dieser Fragen können Sie alle Unterlagen, Beweise und Dokumente sichten, die die Behörde gesammelt hat. Auf dieser Grundlage können Sie der Behördenentscheidung widersprechen und die Behörde zu einer Korrektur verpflichten.
2. So beantragen Sie die Einsicht der Akten
Möchten Sie Ihr Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen, müssen Sie dazu einen Antrag bei der Behörde stellen. Diesen Antrag können alle am Verfahren beteiligten Personen stellen. Wann und in welcher Form Sie Einsicht in die Akten nehmen können, entscheidet die Behörde.
Wer hat das Recht auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren?
Nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz sind alle am Verwaltungsverfahren beteiligten Personen berechtigt, Einsicht in die Akten zu nehmen.
Beteiligte Personen sind:
- der Antragsteller – der Bürger
- der Antragsgegner – die Behörde
- der Adressat eines Verwaltungsaktes – z. B. ein Verkehrssünder oder Bauherr
- Vertragspartner eines öffentlich-rechtlichen Vertrags – z. B. ein Parkplatzbesitzer, der einer Stadt Stellplätze überlässt
Sofern Sie sich von einem Anwalt vertreten lassen, können Sie Ihr Recht auf Akteneinsicht nicht mehr persönlich wahrnehmen. In diesem Fall erhält nur der Anwalt direkte Einsicht in die Akten. Verwaltungsverfahren können schwer zu durchblicken sein. Es kann deshalb sinnvoll sein, einen Anwalt mit der Akteneinsicht zu beauftragen – und das Recht auf Einsicht abzutreten.
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