2. Wer darf/muss den Nachlasswert ermitteln?
Der Erbe ist laut § 2027 BGB verpflichtet, den Bestand der Erbschaft mittels eines Nachlassverzeichnisses schriftlich aufzunehmen und nach Aufforderung Auskunft darüber zu geben. Außerdem können Miterben eine solche Aufstellung verlangen, wenn sie ihren Erbanteil anzweifeln und befürchten, dass Nachlassgegenstände unterschlagen wurden. Zudem fordert das Nachlassgericht ohnehin diese Auflistung ein, wenn ein Erbschein beantragt wird.
Den Nachlasswert ermitteln und berechnen Erben und das Nachlassgericht dabei gemeinsam. Zuerst listet der Erbe sämtliche Vermögensgegenstände des Erblassers auf, woraufhin das Nachlassgericht auf Grundlage dieser Angaben den genauen Wert berechnet.
Mithilfe eines Nachlassverzeichnisses kann außerdem festgestellt werden, ob die negativen Vermögenswerte die positiven überwiegen – besteht der Nachlass z. B. weitgehend aus Schulden, können Erben auch über eine Erbausschlagung nachdenken, weil sie für die Verbindlichkeiten des Erblassers haften.
3. Wann muss ich den Nachlasswert ermitteln?
Der Nachlasswert wird grundsätzlich nach dem Erbfall ermittelt – wofür er nötig ist, wird im folgenden Kapitel erklärt.
Erbschein
Der Erbschein muss von Erben beantragt werden, damit sie ihre Erbenstellung nachweisen können – vor allem für Banken, Versicherungen und Behörden ist dieser nötig. Die Beantragung verursacht zweierlei Kosten: Erstens für die eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit der Angaben und zweitens für die Erteilung des Erbscheins. Die Höhe der Gebühren ist dabei abhängig von der Höhe des Nachlasses – also vom Nachlasswert. Erben und das Nachlassgericht müssen also zuerst den Nachlasswert berechnen, damit anschließend die Kosten für den Erbscheinantrag festgelegt werden können.
Wie Sie einen Erbschein beantragen können, was dabei beachtet werden muss und wie hoch die Gebühren sein können, erfahren Sie in unserem Beitrag „Erbschein beantragen“.
Erbaufteilung
Gibt es mehr als einen Erben, entsteht automatisch eine Erbengemeinschaft und der gesamte Nachlass muss aufgeteilt werden. Damit jeder Erbe den ihm zustehenden Anteil erhält, müssen Erben den genauen Nachlasswert ermitteln & berechnen – dieser beziffert schließlich das Vermögen, welches unter den Erben aufgeteilt werden kann. Gibt es z. B. drei Erben, die alle zu gleichen Teilen erben sollen, erhält jeder ein Drittel vom Nachlasswert.
Wer Anspruch auf Anteile vom Nachlass hat, wer wie viel erbt und wer an welcher Stelle der Erbfolge steht, erfahren Sie in unserem Beitrag „Gesetzliche Erbfolge“.
Erbschaftssteuer
Der Nachlasswert ist – neben dem Steuersatz und dem Steuerfreibetrag – eine wichtige Größe für die Berechnung der Erbschaftssteuer. Der Wert ist ausschlaggebend für die Höhe der Erbschaftssteuer, weil dieser Betrag tatsächlich auf die Erben übergeht und versteuert werden muss. Die Erbschaftsteuer ist dabei umso höher, je höher der Nachlasswert ist. Demnach müssen Sie zuerst den Nachlasswert berechnen, damit Sie die Höhe der Erbschaftssteuer erfahren können.
Ausführlichere Informationen zur Erbschaftssteuer und wie sie berechnet oder umgangen werden kann, erfahren Sie in unserem Beitrag „Erbschaftssteuer berechnen & minimieren“.
Pflichtteilsansprüche
Laut § 2311 BGB wird der Pflichtteil auf der Grundlage des Nachlasswerts berechnet. Demnach wird auch hier in einem ersten Schritt das Nachlassgericht den Nachlasswert ermitteln & berechnen, bevor Pflichtteilsberechtigte ihren Anteil erhalten. Die Höhe des Pflichtteils bemisst sich dann nach der Höhe des Nachlasswertes.
Wie Sie den Pflichtteil berechnen können, was für die Einforderung des Pflichtteils getan werden muss und wie dieser umgangen werden kann, erfahren Sie in unserem Beitrag zum Pflichtteil am Erbe.
4. Ermittlung: Wie kann ich den Nachlasswert ermitteln?
Wenn Sie den Nachlasswert ermitteln & berechnen wollen, haben Sie nur eine Aufgabe: Alle Vermögenswerte des Erblassers müssen aufgelistet und bewertet werden. Für die Bewertung der einzelnen Nachlassgegenstände gilt der Todestag des Erblassers als Stichtag – das bedeutet, dass der Wert der Gegenstände an diesem Tag anzusetzen ist. In welcher Form die Auflistung erstellt werden kann, wird in Kapitel 5.2 – Formular/Wertermittlungsbogen für den Nachlasswert erklärt.
Die Wertermittlung der Vermögenswerte kann mühsam und aufwendig sein. Erben können sich jedoch an den Steuerberater, Banken oder Versicherungen des Erblassers wenden. Dort erfahren Sie, wie hoch das Vermögen in Form von Wertpapieren, Fonds, Bankguthaben o. ä. ist. Bei persönlichen Gegenständen wie Schmuck oder Münzsammlungen können Sachverständige hinzugezogen werden, die den Nachlasswert ermitteln & berechnen – bei wertigen Nachlässen kann es sinnvoll sein, ein Gutachter zu bestellen, falls ein Erbe den Wert nicht selbst ermitteln kann.
Abschließend wird die Auflistung der Vermögenswerte im zuständigen Nachlassgericht eingereicht – auf Grundlage dieser Angaben wird das Nachlassgericht dann den genauen Nachlasswert ermitteln & berechnen.
Welche Vermögenswerte zum Nachlasswert gehören und welche nicht, wird im folgenden Kapitel erklärt.