Formalia
Die Berufung kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll beim Amtsgericht eingereicht werden. Da eine Begründung wie gesagt nicht unbedingt notwendig ist, sind nur das Amtsgericht, dessen Urteil angefochten werden soll, sowie das zugehörige Aktenzeichen zu benennen.
Wie ein Berufungsverfahren konkret abläuft, nachdem fristgerecht und formal korrekt Berufung eingelegt wurde, erläutern wir Ihnen im folgenden Kapitel.
3. Ablauf des Berufungsverfahrens
Wird in Zivilprozessen Berufung eingelegt, hat das nächsthöhere Gericht sich an den Tatsachen und Beschlüssen des ersten Verfahrens zu orientieren. Dem entgegen hat die Berufung in Strafprozessen ein völlig neues, zweites Verfahren zur Folge. Im Folgenden erläutern wir Ihnen, wie die verschiedenen Berufungsverfahren ablaufen.
Zivilrechtliches Berufungsverfahren
- Prüfung der Berufungsbegründung: Das Gericht prüft die Begründung des Klägers, der Berufung eingelegt hat, anhand der Vorgaben des § 522 ZPO. Sind die Voraussetzungen für die Berufung erfüllt, wird das Berufungsverfahren eingeleitet.
- Überprüfung des Urteils: Das Urteil wird nur bezüglich der in der Berufung beanstandeten Mängel überprüft. Das Berufungsgericht muss der Urteilsprüfung dabei die Entscheidungen und Tatsachen der ersten Verhandlung zugrunde legen, soweit diese zulässig sind.
- Keine erneute Beweisaufnahme: Neue Beweise werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie beleuchten nachweislich einen Aspekt, der ungerechtfertigterweise im ersten Verfahren nicht behandelt wurde. Deshalb kann die Berufung auch nur damit begründet werden, dass das Urteil geltendes Recht verletzt oder bislang unbekannte Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
- Entscheidung des Gerichts: Liegt für die Berufung kein relevanter Grund vor, weshalb das erste Urteil offensichtlich fehlerhaft ist, wird die Berufung zurückgewiesen. Ist die Berufung begründet, wird das ursprüngliche Urteil aufgehoben und ein neues Urteil gesprochen. Der Verurteilte darf durch das neue Urteil jedoch nicht schlechter gestellt werden.
- Revision möglich: Ist das Berufungsgericht der Auffassung, das bestehende Urteil sei rechtens, ist die Revision das letzte Mittel, um das Urteil anzufechten und durch die erneute rechtliche Überprüfung ein milderes Urteil zu erreichen.
Strafrechtliches Berufungsverfahren
- Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung: Nachdem die Fallakten an das Berufungsgericht übermittelt wurden, entscheidet das Gericht auf deren Grundlage über die Annahme oder Zurückweisung der Berufung.
- Beweisaufnahme & Zeugenvernehmung: Da das Berufungsgericht ein vom ersten Urteil unabhängiges Strafverfahren einleitet, werden alle Beweise aus der ersten Verhandlung erneut vorgebracht und geprüft. Alle bereits vernommenen Zeugen werden noch einmal zur Sache befragt.
- Neue Beweise & Zeugen zulässig: Das Urteil wird nur insoweit überprüft, wie der Kläger es beantragt hat. Falls deshalb notwendig, kann das Gericht eine zweite Beweisaufnahme anordnen, um die Strafsache in vollem Umfang beurteilen zu können. Es können auch Beweise vorgebracht werden, die zuvor bereits bekannt waren, jedoch nicht behandelt wurden.
- Entscheidung des Gerichts: Das Landesgericht kann nach Abschluss der Urteilsprüfung zu einer vollkommen anderen Entscheidung kommen als das Amtsgericht. Das neue Urteil darf den Verurteilten jedoch nicht in höherem Maße bestrafen. Sollte die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt haben, kann das Urteil den Verurteilten allerdings schlechter stellen.
- Revision möglich: Fühlt sich der Kläger auch durch das zweite Urteil benachteiligt, kann er dagegen Revision einlegen. Im Rahmen eines solchen Verfahrens wird das Urteil jedoch nur hinsichtlich der korrekten Anwendung von geltendem Recht noch einmal überprüft.
In beiden Fällen gilt: Kommt das Berufungsgericht zu dem Schluss, dass gegen das erste Urteil zu Recht Berufung eingelegt wurde, kann der Kläger für den Justizirrtum eine Entschädigung beim Justizministerium beantragen. Welche Entschädigungen genau infrage kommen, erläutern wir Ihnen im nächsten Kapitel.
4. Nach erfolgreicher Berufung Entschädigung erhalten
Wurde ein Angeklagter in erster Instanz zu einer Haftstrafe verurteilt und kann gegen dieses Urteil erfolgreich Berufung einlegen, kann er im Falle seines Freispruchs von der Justiz eine Entschädigung für die unrechtmäßige Verurteilung fordern. Diese Haftentschädigung gleicht der Zahlung von Schadensersatz für z. B. aufgrund der Haft erlittene Vermögensschäden durch den Verlust des Arbeitsplatzes oder dadurch, dass Mietzahlungen fällig waren, ohne dass die Mieträume genutzt werden konnten. Zudem kann der Benachteiligte den Ersatz seiner Aufwendungen zur Suche einer neuen Wohnung nach Ende der Haftzeit verlangen.
Die Haftentschädigung soll auch als Schmerzensgeld für z. B. erlittene Gesundheitsschäden infolge der Haftzeit dienen. Die Höhe der Entschädigung ist im Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) festgelegt.
Die Entschädigungszahlung ist ausgeschlossen, wenn der vom Justizirrtum Betroffene seine Haftstrafe vorsätzlich oder grob fahrlässig selbst verursacht hat – wenn er also z. B. eine Falschaussage vor Gericht gemacht hat oder nicht zu einem Gerichtstermin erschienen ist.
Wenn Sie mithilfe eines Anwalts Berufung einlegen, kann dieser Sie dabei unterstützen, die Haftentschädigung nach Prozessende durchzusetzen. Was er vorab für eine erfolgreiche Berufung tun kann, erläutern wir Ihnen im nächsten Kapitel.
5. Berufung einlegen: Wie kann ein Anwalt helfen?
Wenn das Gericht zum Nachteil eines Prozessbeteiligten entschieden hat, kann dieser Berufung einlegen. Dann muss umfassend und einwandfrei bewiesen werden, dass das erste Urteil fehlerhaft und eine Überprüfung zur Wahrung des geltenden Rechts notwendig ist. Ohne eine Begründung ist die Berufung in Zivilverfahren nicht zulässig – ist diese nicht aussagekräftig und stichhaltig genug, riskiert der Kläger, dass das für ihn nachteilige Urteil letztendlich doch Rechtskraft erlangt. Auch für die Berufung im Strafverfahren kann es für deren Erfolg entscheidend sein, gewichtige Beweise vorzulegen, die Verfahrensfehler der ersten Instanz aufzeigen.
Ein Anwalt für Verfahrensrecht kann in diesem Zusammenhang gewährleisten, dass die Fehler, die das Gericht erster Instanz im Laufe des Verfahrens ggf. gemacht hat, auf Grundlage geltenden Rechts nachgewiesen werden. Zudem kann er die Berufung rechtssicher begründen und mit seiner Unterschrift sicherstellen, dass das Berufungsverfahren zugelassen wird. Darüber hinaus kann seine Argumentation erfolgreich darauf hinwirken, dass neue Tatsachen bei der Urteilsüberprüfung berücksichtigt werden. In einem Strafverfahren kann ein Anwalt außerdem erreichen, dass neue Zeugen und Beweise die Sachlage zugunsten des Klägers verändern.
In diesem Zusammenhang kann er u. a. folgende Aufgaben übernehmen:
- umfassende Prüfung der Sach- und Rechtslage,
- Sicherstellung, dass der Berufungsantrag alle Mängel des Urteils umfasst,
- Entwicklung einer zielführenden juristischen Strategie zur Durchsetzung eines milderen Urteils,
- umfassende Begründung der Berufung,
- Erwirkung der Berücksichtigung neuer Tatsachen im Zivilprozess,
- Erwirkung neuer Zeugen und Beweise im Strafprozess,
- Beweis des fehlerhaften Urteils durch zweifelsfreie Argumentation vor Gericht,
- Entkräftung der Argumente der Gegenseite für die Beibehaltung des Urteils sowie
- Unterstützung bei der Durchsetzung einer Entschädigung nach erfolgreicher Berufung.