Ein Vollstreckungsbescheid kann zu Unrecht ergehen oder inhaltlich falsch sein. Das Gericht überprüft nämlich nicht, ob Ansprüche bestehen oder wie hoch sie sind. Per Einspruch können Sie einen Vollstreckungsbescheid anfechten. Manchmal ist es aber günstiger, ihn zu akzeptieren. Verstreicht die Einspruchsfrist ungenutzt, sind Sie in jedem Fall zur Zahlung verpflichtet – sogar dann, wenn die Forderung ungerechtfertigt ist.
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Der Vollstreckungsbescheid ist die zweite und letzte Stufe eines gerichtlichen Mahnverfahrens. Ein Gläubiger erhält dadurch das Recht, Forderungen per Gerichtsvollzieher einzutreiben. Er kann zum Beispiel das Gehalt, Kontoguthaben oder Sachwerte des Schuldners pfänden lassen.
Bis ein Vollstreckungsbescheid ergeht, ist es normalerweise ein langer Weg. Ausgangspunkt ist eine zwischen Gläubiger und Antragsgegner vereinbarte vertragliche Leistung, die erbracht, aber nicht bezahlt wurde – beispielsweise ein Kauf- oder Dienstleistungsvertrag.
Auf die Rechnung folgen in der Regel eine Zahlungserinnerung, drei Mahnungen, eine Vollstreckungsankündigung, eventuell ein Inkasso- oder Anwaltsschreiben. Bleiben diese Maßnahmen ergebnislos, kann der Gläubiger einen sogenannten Mahnbescheid erwirken. Der Mahnbescheid ist die erste Stufe des gerichtlichen Mahnverfahrens.
Legt der Schuldner nicht binnen zwei Wochen nach Erhalt Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, erlässt das Gericht auf Antrag des Gläubigers den Vollstreckungsbescheid. Ein Vollstreckungsbescheid ist die zweite Stufe im gerichtlichen Mahnverfahren und ohne vorherigen Mahnbescheid nicht möglich.
Prinzipiell gilt: Ein Vollstreckungsbescheid kann zu Unrecht ergehen oder fehlerhaft sein. Denn das Gericht prüft nicht, ob der Gläubiger tatsächlich Ansprüche hat oder wie hoch diese sind, bevor es das Mahnverfahren einleitet. Ein Einspruch gegen den Bescheid kann also sinnvoll sein.
Verstreicht die Einspruchsfrist, ist der Vollstreckungsbescheid in jedem Fall rechtswirksam – auch wenn die Forderung nicht gerechtfertigt ist.
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Damit das Gericht den Vollstreckungsbescheid erlässt, muss nur der Antrag auf Einleitung des Mahnverfahrens formal richtig gestellt werden; die inhaltliche Richtigkeit, also ob und in welcher Höhe Forderungen bestehen, überprüft das Gericht zunächst nicht.
Es gibt zwei Möglichkeiten, auf einen Vollstreckungsbescheid zu reagieren: Akzeptieren oder Einspruch erheben. Welche Option sinnvoller ist, hängt davon ab, ob der Vollstreckungsbescheid gerechtfertigt ist:
I. Der Vollstreckungsbescheid ist gerechtfertigt
Sind die Forderungen gerechtfertigt, empfiehlt es sich, keinen Einspruch einzulegen, sondern den Bescheid zu akzeptieren. Das Gericht wird einen Pfändungsanspruch aus gerechtfertigten Forderungen nicht aufheben.
Darüber hinaus wird es unnötigerweise teurer: Durch das aussichtslose Gerichtsverfahren entstehen zusätzliche Gerichts- und Anwaltskosten, die die unterlegene Partei, in diesem Fall also der Schuldner, zahlen muss.
II. Der Vollstreckungsbescheid ist nicht gerechtfertigt oder fehlerhaft
Sie sollten Einspruch erheben, wenn der Bescheid nicht gerechtfertigt ist oder Fehler enthält. Der Einspruch kann sich auf den gesamten Vollstreckungsbescheid oder nur auf Teile beziehen.
Einspruch einzulegen ist sinnvoll, wenn ...
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Der Einspruch muss bei dem Mahngericht eingelegt werden, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat. Er muss schriftlich erfolgen, bedarf aber keiner besonderen Form.
Das Schreiben muss einige Kriterien erfüllen:
Eine Begründung für den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht notwendig. Wenn Sie dennoch bereits einen Grund angeben möchten, sollte er wohlüberlegt und bestenfalls mit einem Anwalt abgestimmt sein.
Auch wenn Sie der Überzeugung sind, dass der Vollstreckungsbescheid zu Unrecht ergeht, weil Sie die Forderungen pünktlich beglichen haben oder nie ein Vertrag zustande gekommen ist, sollten Sie unbedingt fristgerecht Einspruch erheben.
Verstreicht die Frist, ist der Vollstreckungsbescheid in jedem Fall rechtskräftig und berechtigt den Gläubiger zur Zwangsvollstreckung – auch wenn ihm eigentlich keine Forderung zusteht.
Ein Vollstreckungsbescheid ist vorläufig vollstreckbar. Das bedeutet, dass der Gläubiger bereits pfänden lassen kann, noch bevor das Gericht über den möglichen Einspruch entschieden hat.
Um dies zu verhindern, müssen Sie zusätzlich zum Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid noch einen gesonderten „Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung“ stellen.
Der Antrag muss schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden. Und zwar bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung stattfindet. Gibt das Gericht dem Einspruch später statt und wurde bereits gepfändet, wird die Vollstreckung rückabgewickelt.
Wenn Sie Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einlegen möchten, müssen Sie schnell handeln: Um ihn anzufechten, bleibt Ihnen nur eine sogenannte Notfrist von zwei Wochen.
Verstreicht die Zwei-Wochen-Frist, entfaltet der Vollstreckungsbescheid die gleiche Wirkung wie ein Gerichtsurteil: Der Gläubiger erhält einen vollstreckbaren Titel und kann die Pfändung von Gehalt, Konten oder Sachwerten einleiten – unabhängig davon, ob die Forderung gerechtfertigt ist oder nicht.
Die Einspruchsfrist beginnt mit dem Tag der Zustellung des Vollstreckungsbescheids. Das Zustelldatum ist auf dem Briefumschlag bzw. auf den Zustellungsunterlagen des Gerichtsvollziehers vermerkt.
In besonderen Ausnahmefällen kann das Gericht den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid auch nach Verstreichen der Zwei-Wochen-Frist zulassen.
Der Betroffene muss dafür mit einem sogenannten Wiedereinsetzungsantrag nachweisen, dass er trotz aller ihm zumutbaren Sorgfalt an der rechtzeitigen Einreichung des Einspruchs gehindert wurde. Voraussetzung ist ein fehlendes Verschulden. Grund kann zum Beispiel eine schwere Krankheit sein.
Den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid wird das Mahngericht ungeprüft an ein ziviles Gericht, ein sogenanntes Streitgericht, weiterleiten. Der Einspruch bewirkt also, dass das Mahnverfahren in ein Gerichtsverfahren übergeht.
Das Streitgericht prüft nun zunächst, ob der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid zulässig und ob er pünktlich eingegangen ist oder die Einspruchsfrist versäumt wurde.
Ist der Einspruch unzulässig oder verspätet eingegangen, lehnt ihn das Gericht per Beschluss, also ohne mündliche Verhandlung, ab. Hat das Gericht Zweifel an der Zulässigkeit des Einspruchs, wird es darüber in einer mündlichen Verhandlung entscheiden.
Ist der Einspruch zulässig, fordert das Streitgericht den Schuldner auf, innerhalb von zwei Wochen schriftlich zu begründen, warum er den Anspruch zurückweist. Folgt der Schuldner dieser Aufforderung nicht fristgerecht, wird die Klage automatisch als unzulässig abgewiesen.
Geht die Begründung pünktlich binnen zwei Wochen ein, kommt es zur Gerichtsverhandlung. Hier muss nun der Gläubiger seinen Anspruch rechtlich begründen und gegebenenfalls Beweise vorlegen. Der Streitwert bestimmt, welches Gericht zuständig ist:
Bei einem Streitwert bis 5.000 Euro verhandelt das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner lebt. Hier ist es möglich, aber nicht empfehlenswert, sich ohne Anwalt selbst zu vertreten.
Bei mehr als 5.000 Euro Streitwert findet die Verhandlung vor dem Landgericht statt. Hier besteht Anwaltszwang, sich selbst zu vertreten, ist nicht möglich.
In der mündlichen Gerichtsverhandlung überprüft das Streitgericht, ob und in welcher Höhe Ansprüche bestehen.
Es gibt nun 3 Möglichkeiten, wie der Prozess ausgeht:
1. Der Vollstreckungsbescheid wird aufgehoben
Das Streitgericht hebt den Vollstreckungsbescheid auf, wenn der Gläubiger nicht nachweisen kann, dass seine Forderung begründet ist oder der Schuldner beweist, dass der Anspruch des Gläubigers nicht besteht. Der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid war also erfolgreich. Hat bereits eine Zwangspfändung stattgefunden, wird sie rückabgewickelt.
2. Es kommt zum Vergleich
Der Vergleich ist ein Kompromiss zwischen Schuldner und Gläubiger, der für beide Seiten akzeptabel ist. Die ausstehende Forderung wird bestätigt und häufig eine Ratenzahlung vereinbart. Auch hier profitiert der Antragsgegner vom Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid und kann eine Zwangsvollstreckung häufig abwenden.
3. Der Vollstreckungsbescheid wird rechtskräftig
Kann der Gläubiger nachweisen, dass seine Forderung berechtigt ist, wird das Streitgericht seine Forderung anerkennen. Der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ist damit gescheitert und der Gläubiger hat einen sogenannten vollstreckbaren Titel erwirkt: eine amtliche Urkunde, mit der er seine Geldforderung zwangsweise durchsetzen kann.
Per Gerichtsvollzieher kann der Gläubiger den Schuldner dazu auffordern, eine Vermögensauskunft abzugeben. Er erhält dadurch Überblick über seine Einkommensverhältnisse und das pfändbare Vermögen.
Der Gläubiger kann frei zwischen verschiedenen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wählen und sie auch beliebig miteinander kombinieren:
Wer fristgerecht Einspruch gegen einen zu Unrecht ergangenen Vollstreckungsbescheid einlegt, kann ihn komplett abwenden. Auch ein teilweise fehlerhafter Bescheid ist anfechtbar, z. B. wenn zwar Forderungen bestehen, aber in geringerer Höhe als vom Gläubiger gefordert.
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Ob ein Anwalt freiwillig oder notwendig ist, hängt vom Streitwert ab: Bei über 5.000 Euro findet der Prozess vor dem Landgericht statt. Hier herrscht immer Anwaltszwang, eine selbstständige Vertretung ist nicht möglich.
Bei einem Streitwert bis 5.000 Euro urteilt das zuständige Amtsgericht. Hier können Sie den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid selbst einreichen und sich theoretisch auch ohne anwaltliche Vertretung verteidigen.
Es ist jedoch aus vielen Gründen überlegenswert, die Expertise eines Anwalts trotzdem in Anspruch zu nehmen:
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Mit dem Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid fallen Gebühren für den Anwalt und das Streitgericht an. Die Höhe hängt in beiden Fällen vom Streitwert ab. Neben den Kosten für den Vollstreckungsbescheid muss die unterlegene Partei auch die Kosten für den vorausgegangenen Mahnbescheid übernehmen.
In der folgenden Tabelle sind die Kosten für drei verschiedene Streitwerthöhen exemplarisch dargestellt. Nicht enthalten sind die außergerichtlichen Tätigkeiten der Anwälte (z. B. eine Rechtsberatung), mögliche Verzugsschäden (Zinsen) und natürlich die Ursprungsforderung.
Kostenpunkt/Streitwert |
1.000 € |
5.000 € |
10.000 € |
Gebühren für den Mahnbescheid |
146,24 € |
457,37 € |
808,32 € |
Gebühren für den Vollstreckungsbescheid |
52,36 € |
180,29 € |
332,01 € |
Kosten für das Gerichtsverfahren |
127,00 € |
365,00 € |
602,50 € |
SUMME |
325,60 € |
1002,66 € |
1742,83 € |
Das Gericht erlässt Bescheide nur gegen Vorkasse. Die Kosten für das Mahngericht muss der Gläubiger bei der Antragstellung also auslegen. Alle entstandenen Gerichtskosten sind auf dem jeweiligen Bescheid ersichtlich. Sie werden dort zur Forderungssumme addiert.
Wird der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid zurückgewiesen und gewinnt der Gläubiger das Verfahren, kann er alle Auslagen inklusive seiner Anwaltskosten beim Antragsgegner als Verzugsschaden geltend machen. Sollte der Schuldner aktuell zahlungsunfähig sein, hat der Gläubiger 30 Jahre Zeit, um die Gesamtforderung plus Zinsen durchzusetzen.
Kommt das Gericht in der Verhandlung zu dem Schluss, dass die Forderung und damit auch die Einleitung des Mahnverfahrens unberechtigt war, muss der vermeintliche Gläubiger alle anfallenden Kosten übernehmen.
Nach einem Journalismus-Studium und fünf Jahren in der Unternehmenskommunikation eines Technologiekonzerns schreibt Dustin Pawlitzek als Teil der juristischen Redaktion von advocado zu den Gebieten Arbeits- und Zivilrecht. Ziel ist, komplexe juristische Themen verständlich aufzubereiten, damit Leser passende Lösungen erhalten.