Wann verjährt ein Behandlungsfehler?
Um eine Entschädigung zu erhalten, muss der geschädigte Patient binnen 3 Jahren den Behandlungsfehler nachweisen – nach Fristablauf sind sämtliche Ansprüche auf eine Entschädigung gegenüber dem Behandelnden verjährt.
Beispiel zur Verjährungsfrist von Behandlungsfehlern:
Eine Frau wird 2020 mit starken Wehen ins Krankenhaus eingeliefert. Ihr Baby kommt mit einem Notkaiserschnitt zur Welt. Bei einer Untersuchung im März 2021 stellt der Kinderarzt einen Hirnschaden fest. Ursache ist der zu spät eingeleitete Kaiserschnitt. Die Verjährungsfrist beginnt demnach am 31.12.2021 und endet am 31.12.2024.
Tipp: Häufig sind die Auswirkungen eines Behandlungsfehlers nicht vollständig abzusehen. Es kann deshalb ratsam sei, beim zuständigen Gericht einen Feststellungsantrag zu stellen. Denn damit verlängert sich die Verjährungsfrist auch für zukünftige Schäden auf 30 Jahre.
4. Welche Entschädigung steht Patienten zu?
Ein Behandlungsfehler kann neben Gesundheitsschäden auch dramatische finanzielle Auswirkungen auf das Leben des geschädigten Patienten haben, weil den Betroffenen neben psychischen Belastungen auch zusätzliche Kosten für Pflege, Hilfsmittel, Therapien und Medikamente entstehen. Um negative Konsequenzen zu kompensieren, besteht ein Anspruch auf
- Schmerzensgeld zum Ausgleich immaterieller Schäden (physische Verletzungen & psychisches Leiden).
- Schadensersatz zur Kompensation materieller Schäden (Kosten für Medikamente, Therapien & Umbaumaßnahmen).
Schmerzensgeld
Die Höhe Ihres Schmerzensgeldes nach einem Behandlungsfehler ist abhängig von den folgenden Faktoren:
- Umfang physischer & psychischer Schäden
- Behandlungsdauer & Auswirkungen
- Anzahl der Reha-Maßnahmen & Krankenhausaufenthalte
- Chronische & lang anhaltende Schmerzen
- Folgeschäden & körperliche Entstellung
Bei der Bestimmung einer angemessenen Schmerzensgeldhöhe hilft die sog. Schmerzensgeldtabelle für Behandlungsfehler. Sie listet Gerichtsurteile und die zugesprochenen Entschädigungen auf.
Die folgende Übersicht dient nur als erste Orientierung, denn die angemessene Entschädigung bemisst sich stets anhand individueller Umstände:
Behandlungsfehler
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Schmerzensgeld
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Urteil
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Medikament trotz bekannter Allergie verabreicht (= Therapiefehler)
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250 €
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AG Neubrandenburg 2011
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Nicht entfernter Operationsfaden
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5.000 €
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OLG Frankfurt a. M. 2002
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Druckgeschwür durch Wundliegen eines Bettlägrigen
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7.500 €
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OLG Frankfurt a. M. 2015
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Narkosefehler verursacht mehrtägiges Koma und führt zum Tod des Patienten
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20.000 €
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LG Bochum 2010
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Erblindung nach zu später Überweisung an Spezialisten
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90.000 €
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OLG Karlsruhe 2007
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Entfernung der Vagina bei intersexueller Patientin
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100.000 €
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LG Köln 2009
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Gehirnblutung durch verkanntes Aneurysma
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200.000 €
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OLG Hamm 2012
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Patient wird zum Pflegefall nach der Fehldiagnose „Kopfschmerzen“
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200.000 €
+ 45.000 € Schadensersatz
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OLG Hamm 2012
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Schwerste HWS-Distorsion: Wachkoma, künstliche Ernährung und Pflegebedürftigkeit, Arzt war alkoholisiert
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500.000 €
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OLG Oldenburg 2014
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Völlige Behinderung eines Neugeborenen wegen zu spät eingeleiteter Geburt
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700.000 €
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OLG Oldenburg 2014
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Schmerzensgeld für Angehörige möglich?
Verstirbt ein Patient infolge eines Behandlungsfehler, steht den Hinterbliebenen ein Schmerzensgeld wegen Körperverletzung zu.
Haben die Angehörigen selbst Psychosen, Neurosen, schwere Depressionen oder Angstzustände erlitten, steht ihnen ein Schmerzensgeld aufgrund von Schockschäden zu. Dafür müssen Betroffene den Zusammenhang zwischen ihren psychischen Beeinträchtigungen und dem Behandlungsfehler nachweisen.
Ein Behandlungsfehler mit Todesfolge führt nicht zur Zahlung einer Entschädigung, wenn der Tod sofort eintrat oder der Patient empfindungslos war.
Schadensersatz
Betroffene Patienten haben auch einen Schadensersatzanspruch für folgende Schäden nach einem Behandlungsfehler:
- Gesundheitsschäden: Erstattung von Medikamenten- & Behandlungskosten
- Mehrbedarfsschäden: Kostenübernahme von Pflegepersonal, Haushaltshilfen oder behindertengerechtem Haus- bzw. Wohnungsumbau
- Erwerbsschäden: Ausgleich des Einkommensverlusts
- Haushaltsführungsschäden: Finanzielle Unterstützung für unentgeltliche Hilfe von Angehörigen oder Bekannten