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Geburtsschäden: So ist finanzielle Entschädigung möglich
Ratgeber Arzthaftungsrecht Behandlungsfehler Geburtsschäden
Stand 15.06.2020
Lesezeit 15 min

Geburtsschäden: So ist finanzielle Entschädigung möglich

Werden Mutter oder Kind vor oder während der Entbindung durch einen Behandlungsfehler geschädigt, spricht man von Geburtsschäden. Die Folgen begleiten viele Opfer ein Leben lang. In Gerichtsprozessen erhalten sie regelmäßig sechsstellige Entschädigungszahlungen. Diese sollen die Zukunft der Betroffenen finanziell absichern.

Beitrag von Dustin Pawlitzek
7.028 Aufrufe
Das Wichtigste in Kürze:
  • Werden Mutter oder Kind vor oder während der Entbindung durch einen Behandlungsfehler geschädigt, liegt ein Geburtsschaden vor.
  • Opfer von Geburtsschäden haben einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz.
  • Als gesetzliche Vertreter sind Eltern berechtigt, Ansprüche ihres Kindes geltend zu machen.
  • Die betroffene Familie ist in der Beweispflicht: Sie muss belegen, dass ein Geburtsschaden vorliegt.
  • Unter bestimmten Umständen kann sich die Beweislast umkehren (s. Kapitel 3).
  • Für die Entschädigung bei Geburtsschäden kommt die Haftpflichtversicherung des Arztes bzw. Krankenhauses auf.
  • Die Versicherung könnte versuchen, Forderungen zu reduzieren.
Inhaltsverzeichnis
  1. Was ist ein Geburtsschaden?
  2. Das können betroffene Familien jetzt beachten
  3. Wann besteht Anspruch auf Entschädigung?
  4. Welche Entschädigung steht betroffenen Familien zu?
  5. Wie lässt sich eine Entschädigung für Geburtsschäden durchsetzen?
  6. Welche Kosten können dabei entstehen?
  7. Wer muss die Kosten tragen?
  8. Wie kann ein Anwalt helfen?
  9. FAQ: das Wichtigste in Kürze

1. Was ist ein Geburtsschaden?

Werden Mutter oder Kind vor oder während der Entbindung durch einen Behandlungsfehler gesundheitlich geschädigt, spricht man von einem Geburtsschaden. Der Schaden kann körperlich oder psychisch sein.

Ursache eines Geburtsschadens ist ein Diagnosefehler oder eine falsche Therapie des medizinischen Personals.

Ein Geburtsschaden liegt beispielsweise vor, wenn

  • der Arzt eine Missbildung oder eindeutige Erkrankung des Babys in den Voruntersuchungen nicht erkennt.
  • eine medikamentöse Fehlbehandlung der Mutter Schäden beim Kind verursacht.
  • das Baby während der Geburt eine Sauerstoffunterversorgung erleidet.
  • das medizinische Personal nicht oder nur unzureichend auf Infektionen und Thrombosen reagiert.
  • ein Not-Kaiserschnitt zu spät oder falsch ausgeführt wird.
  • das Baby durch ein schlecht ausgeführtes Geburtsmanöver verletzt wird.
  • Mutter oder Kind Schaden durch den Einsatz einer Geburtszange oder Saugglocke nehmen.

Die Folgen von Geburtsschäden können u. a. geistige und körperliche Behinderungen, Lähmungen, Hirnschädigungen durch Sauerstoffmangel oder der Tod sein. Sind die Schädigungen zweifelsfrei auf Fehler des medizinischen Personals zurückzuführen, liegt ein Anspruch auf Entschädigungszahlungen vor.

2. Das müssen betroffene Familien jetzt beachten

Wenn Sie den Verdacht haben, dass Kind oder Mutter durch unsachgemäße ärztliche Behandlung zu Schaden gekommen sind, kann es ratsam sein, Beweise zu sammeln und die Lage frühzeitig durch einen Anwalt für Medizinrecht bewerten zu lassen.

Anführungszeichen

Meist zeigt sich das ganze Ausmaß des Schadens erst in der weiteren Entwicklung. Daher ist es wichtig, möglichst frühzeitig alle Ansprüche geltend zu machen, auch wenn sie noch gar nicht eingetreten sind.

Matthias Klein
Anwalt für Arzthaftungsrecht

Andersherum gibt es auch Dinge, die Familien unterlassen könnten, um mögliche Schadensersatzansprüche nicht zu gefährden oder zu schmälern.

Patientenakte sichern

Das Zusammentragen von medizinischen Informationen ist aus 2 Gründen wichtig:

  1. Um zu klären, ob tatsächlich ein Behandlungsfehler des medizinischen Personals zu dem Geburtsschaden geführt hat.
  2. Um Beweise für eine mögliche rechtliche Auseinandersetzung zu sichern.

Jeder Patient hat das Recht, seine Patientenakte einzusehen und kann eine Abschrift verlangen (§ 630g Bürgerliches Gesetzbuch).

Relevante Dokumente sind:

  • das Geburtsprotokoll mit Angaben zum pH-Wert des Nabelschnurblutes und des Apgar-Wertes
  • die Aufzeichnungen des Wehenschreibers (CTG)
  • die Berichte zu den Kontrolluntersuchungen
  • der Aufnahme- und der Entlassungsbericht des Krankenhauses
  • der Mutterpass
  • die Unterlagen vom Kinderarzt

Eltern können möglichst zeitnah auch ein präzises Erinnerungsprotokoll erstellen – je präziser sie die Informationen darin festhalten, desto besser.

Rechtsberatung einholen

Die Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche bei Geburtsschäden liegen teilweise im sechsstelligen Bereich – und zählen damit zu den höchsten Entschädigungen im deutschen Recht.

Denn die Auswirkungen begleiten Mutter oder Kind häufig ein Leben lang und gehen mit enormen finanziellen Belastungen einher: Pflegekosten, Medikamente und Therapien, der behindertengerechte Umbau von Haus und Auto, Verdienstausfall.

Der Haftpflichtversicherer des Arztes oder Krankenhauses muss die Entschädigung zahlen. Er könnte versuchen, die Schadenshöhe zu minimieren oder eine Auszahlung ganz zu vermeiden. Juristische Expertise kann für betroffene Familien daher besonders wichtig sein. Ein Anwalt für Arzthaftungsrecht hat die nötigen Detailkenntnisse – sowohl auf medizinischem als auch dem juristischen Gebiet.

Er kann rechtssicher einschätzen, ob ein Behandlungsfehler vorliegt und in welcher Höhe Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz bestehen. Darüber hinaus kümmert er sich um alle notwendigen Schritte, um Ansprüche in einer angemessenen Höhe gerichtlich oder außergerichtlich durchzusetzen.

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Keine Strafanzeige stellen

Wer eine Strafanzeige stellt, löst ein Strafverfahren aus. Das kann bei Verdacht auf Geburtsschäden nicht sinnvoll sein. Denn ein Strafverfahren zielt lediglich darauf ab, den Arzt zu bestrafen. Viel wichtiger wäre es aber, die Zukunft des Kindes oder der Mutter finanziell abzusichern.

Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz werden ausschließlich in einem sogenannten zivilrechtlichen Verfahren durchgesetzt. Prozesse zum selben Rechtsfall können nicht parallel, sondern immer nur nacheinander stattfinden. Wer ein Strafverfahren einleitet, blockiert dadurch das Zivilverfahren und damit eine zeitnahe Entschädigung.

Abfindungsangebote ablehnen

Die Haftpflichtversicherung der verantwortlichen Ärzte oder des Krankenhauses muss das Schmerzensgeld und den Schadensersatz zahlen. Der Versicherer könnte versuchen, sich mit einer freiwilligen Einmalzahlung herauszukaufen.

Diese Abfindungsangebote sind in der Regel deutlich niedriger als das, was den Betroffenen tatsächlich zusteht. Wer annimmt, verliert alle weiteren Ansprüche. Das Angebot kann also keinesfalls angenommen und immer von einem Anwalt geprüft werden.

3. Wann besteht Anspruch auf Entschädigung?

Liegt ein Geburtsschaden vor, steht dem Betroffenen Schmerzensgeld und ggf. Schadensersatz zu. Wird das Kind geschädigt, sind die Eltern als gesetzliche Vertreter berechtigt, die Ansprüche vor Gericht geltend zu machen.

2 Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit betroffene Familien Anspruch auf die Entschädigungszahlungen haben:

  • Arztverschulden ist nachweisbar: Die Eltern sind in der Beweispflicht. Sie müssen nachweisen, dass ein grober Diagnose- oder Behandlungsfehler die Ursache des Gesundheitsschadens ist.
  • Verjährungsfrist wird eingehalten: Die 3-Jahres-Frist ist noch nicht abgelaufen.

Wie lässt sich ein Geburtsschaden beweisen?

Die Eltern sind in der Beweispflicht: Sie müssen nachweisen, dass der Geburtsschaden durch einen schweren Diagnose- oder Behandlungsfehler des medizinischen Personals verursacht wurde.

Ein Anwalt für Medizinrecht kann einschätzen, ob die Patientenakte zur Beweisführung ausreicht oder ob weitere Maßnahmen, wie ein medizinisches Gutachten, notwendig sind.

Die Beweislast kann sich unter bestimmten Umständen auch umkehren. Dann müssen nicht die Eltern, sondern der behandelnde Arzt bzw. das Krankenhaus nachweisen, dass sie den Geburtsschaden nicht verschuldet haben.

Die Beweislastumkehr tritt ein, wenn

  • die Patientenakte unvollständig ist oder die Behandlungsdokumentation komplett fehlt.
  • ein Kunstfehler vorliegt, also ein eindeutiger Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse.
  • die Mutter von nicht ausreichend qualifiziertem Personal behandelt wird.
  • der Arzt oder das Personal nicht angemessen auf eindeutige Symptome reagieren.

Welche Verjährungsfrist gilt?

Der Anspruch auf Schmerzensgeld und/oder Schadensersatz bei Geburtsschäden verjährt nach 3 Jahren. Diese Frist beginnt stets mit dem Ende des Jahres, in dem

  • der Schaden entstanden ist und
  • der Geschädigte vom Schaden und dem Verursacher Kenntnis erlangte
Hinweis
Beispiel:

Im Juli 2017 wird eine Frau mit starken Wehen ins Krankenhaus eingeliefert. Die Geburt soll auf natürlichem Weg stattfinden. Die Situation entwickelt sich aber so, dass das Baby per Notkaiserschnitt auf die Welt geholt werden muss.

Im März 2018 stellt ein Arzt bei der Untersuchung des Kindes eine Hirnschädigung aufgrund von Sauerstoffmangel durch einen zu spät eingeleiteten Notkaiserschnitt fest. Die Verjährungsfrist des Geburtsschadens beginnt somit erst am 31.12.2018 und endet am 31.12.2021.

Ein sogenannter Feststellungsantrag verhindert, dass der Anspruch auf Schadensersatz für Schäden verjährt, die sich erst in der Zukunft zeigen. Die Verjährungsfrist nach Feststellungsantrag beträgt 30 Jahre. Der Antrag wird bei Gericht gestellt.

4. Welche Entschä­digung steht betroffenen Familien zu?

Bei Geburtsschäden, die zweifelsfrei auf eine Fehldiagnose oder einen Behandlungsfehler zurückzuführen sind, stehen den Betroffenen Entschädigungszahlungen zu:

  • Schmerzensgeld als finanzielle Genugtuung, um den immateriellen Schaden auszugleichen
  • Schadensersatz, um materielle Schäden, wie Pflegeaufwand, Medikamente, Therapien und Erwerbsschäden abzudecken
Hinweis
Verjährung beachten:

Der Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz verjährt bei Geburtsschäden nach 3 Jahren. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Schaden entstanden ist und der Geschädigte vom Schaden und dem Verursacher Kenntnis erlangte.

Wegen der immensen finanziellen Belastungen, die langfristig durch einen Geburtsschaden entstehen können, liegen die Entschädigungszahlungen häufig im sechsstelligen Bereich. Sie gehören damit zu den höchsten im deutschen Schadensersatzrecht.

Schmerzensgeld

Verschiedene Faktoren haben Einfluss auf die Höhe des Schmerzensgeldanspruchs:

  • der Umfang der körperlichen oder geistigen Schäden
  • die Behandlungsdauer & Aufenthalte in Krankenhäusern oder Reha-Einrichtungen
  • die Beeinträchtigungen in Alltag & Beruf
  • dauerhafte oder langanhaltende Schmerzen
  • Folgeschäden & körperliche Entstellungen

Als grobe Orientierung für die Höhe des Schmerzensgelds dienen sogenannte Schmerzensgeldtabellen. Es handelt sich dabei um eine Sammlung von Gerichtsurteilen zu Geburtsschäden und den vom Gericht festgesetzten Entschädigungszahlungen.

Die Tabellen dienen allerdings nur als Richtwert. Die konkrete Summe wird anhand des konkreten Einzelfalls und dessen individueller Umstände bestimmt.

Sachverhalt

Schmerzensgeld

Urteil

Lähmung des rechten Armes, lebenslange Behinderung am rechten Arm aufgrund Behandlungsfehlers bei Geburt

50.000 Euro

LG Rottweil, 2003

Erhebliche körperliche und geistige Behinderung eines Kindes aufgrund ärztlichen Behandlungsfehlers bei der Geburt

250.000 Euro

LG Freiburg, 2007

Gravierende körperliche und geistige Behinderung eines Kindes aufgrund Sauerstoffmangels durch zu spät eingeleiteten Notkaiserschnitt

300.000 Euro

OLG Hamm, 2015

Hirnschädigung mit Folge eines Entwicklungsrückstandes und schwerer geistiger und körperlicher Behinderung eines Kindes aufgrund zu spät eingeleiteten Kaiserschnitts

350.000 Euro

OLG Koblenz, 2009

Schwere Hirnschädigung eines Kindes durch verzögerte Geburt und fehlerhaften Umgang des Gynäkologen mit einem pathologischen CTG

400.000 Euro

OLG Hamm, 2018

Schwere Gehirnschädigung, Blindheit und Taubheit eines fünfjährigen Kindes aufgrund des zu früh und bedenklich angewandten Kristeller-Handgriffs durch die Ärztin bei der Geburt

500.000 Euro

OLG Hamm, 2003

Schwerstbehindertes Baby nach zu spät eingeleitetem Kaiserschnitt

600.000 Euro

OLG Jena, 2009

Geistige und körperliche Behinderung (100 %) eines Neugeborenen nach zu spät eingeleiteter Geburt

700.000 Euro

OLG Frankfurt, 2014

Schadensersatz

Entstehen durch einen Geburtsschaden finanzielle Belastungen, besteht außerdem Anspruch auf Schadensersatz.

  • Gesundheitsschäden: Durch Behandlung und Medikation entstandene Kosten werden übernommen oder erstattet.
  • Mehrbedarfsschäden: Umbaukosten für ein behindertengerechtes Haus, Ausgaben für die Pflege des Geschädigten und Hilfe zur Unterstützung im Haushalt können durch eine Schadensersatzzahlung finanziert werden.
  • Erwerbsschäden: Ist durch den Geburtsschaden eine geminderte Erwerbsfähigkeit eingetreten, so kann das fehlende Einkommen durch Schadensersatz ausgeglichen werden.
  • Haushaltsführungsschäden: Kann der Geschädigte durch den erlittenen Geburtsschaden seinen eigenen Haushalt nicht mehr führen, kann für die unentgeltliche Unterstützung durch seine Angehörigen eine finanzielle Unterstützung in Form von Schadensersatz gefordert werden.
Hinweis
Folgeschäden absichern:

Um zu verhindern, dass nicht absehbare Folgen von Geburtsschäden verjähren, sollte ein sogenannter Feststellungsantrag bei Gericht gestellt werden. Durch diesen verjährt der Anspruch auf Schadensersatz dann erst nach 30 Jahren.

5. Wie lässt sich eine Entschädigung für Geburtsschäden durchsetzen?

Es gibt 2 Wege, auf denen der Anwalt einen Anspruch auf Entschädigung geltend machen kann:

  • außergerichtliche Einigung durch einen Vergleich
  • gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche

Außergerichtliche Einigung

Zunächst wird der Anwalt versuchen, die Entschädigungsansprüche außergerichtlich in Verhandlungen mit der Haftpflichtversicherung des Arztes durchzusetzen. Der Vorteil einer außergerichtlichen Einigung mit der Gegenseite: Sie ist üblicherweise deutlich schneller abgeschlossen als ein Gerichtsverfahren.

Der Anwalt verhandelt über Schmerzensgeld, Schadensersatz und auch eine verjährungssichere Anerkenntniserklärung. Diese deckt auch Schäden ab, die erst in Zukunft entstehen oder ersichtlich werden, beispielsweise einen Pflegeschaden, Erwerbsschaden oder Behandlungskosten.

Ist die Haftpflichtversicherung nicht zur Einigung bereit oder verweigert, in angemessener Höhe für den Schaden aufzukommen, kann ein Gerichtsprozess notwendig werden.

Gerichtliche Durchsetzung

Ist eine außergerichtliche Einigung über eine Entschädigung für Geburtsschäden mit der Gegenseite nicht möglich, kann der Anwalt Klage einreichen, um den Entschädigungsanspruch vor Gericht durchzusetzen.

Von der Einreichung der Klage bis zur Auszahlung der Entschädigung sind es 6 Schritte.

  1. Klage einreichen: Der Anwalt erstellt die Klageschrift und reicht sie beim zuständigen Gericht ein.
  2. Gerichtskostenvorschuss: Das Gericht erhebt Gebühren und beginnt erst mit der Arbeit, wenn diese als Vorschuss beglichen sind. Die Höhe bemisst sich am Streitwert (s. Kapitel 6).
  3. Prozessbeginn: Die Klageschrift wird der Gegenseite zugestellt. Sie muss eine schriftliche Stellungnahme verfassen.
  4. Gerichtsverhandlung: Während der Gerichtsverhandlung werden Sachverständige angehört sowie alle Beweise gesammelt, untersucht und ausgewertet.
  5. Urteil: Das Gericht entscheidet, ob ein Geburtsschaden vorliegt und legt die Entschädigungssumme fest.
  6. Auszahlung der Entschädigung: Das Gericht setzt eine Frist fest, binnen derer der Haftpflichtversicherer der Gegenseite die Entschädigung auszahlen muss.

6. Welche Kosten können dabei entstehen?

Welche Kosten entstehen, wenn man den Entschädigungsanspruch durchsetzt, hängt von 2 Faktoren ab:

  • Gelingt eine außergerichtliche Einigung?
  • Wie hoch ist der Streitwert?

Außergerichtliche Einigung

Erzielt der Anwalt eine außergerichtliche Einigung durch Vergleich, fällt lediglich das Anwaltshonorar an. Die Höhe bemisst sich am Streitwert, also der Höhe der Entschädigungszahlungen, die die Haftpflichtversicherung zahlt.

Das Anwaltshonorar ist in der Gebührentabelle des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) geregelt. Die folgende Tabelle zeigt exemplarisch die Anwaltskosten bei außergerichtlicher Einigung inkl. Mehrwertsteuer für unterschiedliche Streitwerte:

Streitwert in Euro

Anwaltshonorar in Euro

5.000

1.033,40

10.000

1.883,06

50.000

3.898,92

100.000

5.031,80

200.000

6.731,12

500.000

10.729,52

Kosten
Der Verlierer zahlt:

Wer den Prozess verliert, muss alle Kosten tragen. Liegt ein Geburtsschaden vor, haben Sie einen rechtmäßigen Anspruch auf Entschädigung. Die Gegenseite muss Ihre Auslagen für Anwalt und Gericht erstatten.

Gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche

Lässt sich keine außergerichtliche Einigung erzielen, kann der Entschädigungsanspruch vor Gericht durchgesetzt werden. In diesem Fall entstehen Kosten für das Gericht und für den Anwalt.

Wie hoch die Kosten ausfallen, hängt vom Streitwert ab. Das Anwaltshonorar ist in der Gebührentabelle des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) festgelegt. Die Gerichtskosten sind im Gerichtskostengesetz (GKG) geregelt.

Die folgende Tabelle zeigt exemplarische Kosten für Gericht und Anwalt inkl. Mehrwertsteuer anhand unterschiedlicher Streitwerte. Das Beispielszenario: Die außergerichtliche Einigung scheitert, der Anwalt gewinnt den Gerichtsprozess in der ersten Instanz durch Urteilsspruch.

Streitwert in Euro

Gerichtskosten in Euro

Anwaltshonorar in Euro

5.000

146

1.282,55

10.000

241

2.321,87

50.000

546

4.787,69

95.000

906

5.827,02

200.000

1.746

8.252,08

500.000

3.536

13.142,98

7. Wer muss die Kosten tragen?

Setzen Sie einen rechtmäßigen Anspruch auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz bei Geburtsschäden erfolgreich durch, muss die Gegenseite alle Kosten tragen: die volle Gerichtsgebühr, Ihre Anwaltskosten und auch alle Auslagen für Zeugen und Sachverständigengutachten. Verlieren Sie den Prozess, müssen Sie die vollen Kosten tragen.

Auch wenn die Chancen des Klägers, das Verfahren zu gewinnen, gut stehen: Die Anwalts- und die Gerichtskosten muss er normalerweise zunächst auslegen. Es gibt aber Alternativen: In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, Prozessfinanzierung über einen Dienstleister in Anspruch zu nehmen. Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, kann die Kosten deckeln. Einkommensschwache Haushalte können einen Antrag auf Prozesskostenhilfe durch den Staat stellen.

Prozessfinanzierung

Bestehen gute Erfolgsaussichten, den Gerichtsprozess zu gewinnen und wird ein gewisser Mindeststreitwert überschritten, gibt es die Möglichkeit der Prozessfinanzierung. Ein Dienstleister übernimmt bei positiver Einschätzung sämtliche Kosten des Klägers: Anwaltshonorar, Gerichtskosten und Auslagen für Sachverständige.

Im Gegenzug erhält der Prozessfinanzierer einen Teil der erzielten Entschädigungssumme, wenn der Kläger das Verfahren gewinnt.

Rechtsschutzversicherung

In vielen Fällen übernimmt die Rechtsschutzversicherung bis auf einen Selbstbehalt einen Großteil der Kosten – bei einer Niederlage auch die Kosten der Gegenseite.

Die Versicherung zahlt aber nur, wenn Sie vorab eine sogenannte Deckungszusage gegeben hat. Dazu muss eine Deckungsanfrage beim Anbieter gestellt werden. Die Versicherung prüft daraufhin, ob Schadenersatzprozess durch die Police abgedeckt ist und ob überhaupt Erfolgsaussichten für das Verfahren bestehen.

Kosten
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Prozesskostenhilfe

Wer finanziell nicht in der Lage ist, den Anwalt und das Gericht zu bezahlen, kann Prozesskostenhilfe beantragen. Der Kläger muss dazu seine Finanzen offenlegen. Ein Richter prüft, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind und ob die Klage Aussicht auf Erfolg hat.

Wird der Antrag bewilligt, übernimmt die Gerichtskasse alle anfallenden Gerichtsgebühren und die eigenen Anwaltskosten – je nach finanziellen Verhältnissen entweder als Vollzuschuss oder als Darlehen, das in Raten zurückzuzahlen ist.

Die Prozesskostenhilfe muss nicht zurückzahlen, wer vom Sozialhilfesatz lebt und nicht mehr als 3.000 Euro Ersparnisse hat. Nicht angerechnet wird eine selbst genutzte Immobilie.

8. Wie kann ein Anwalt helfen?

Im Geburtsschadensrecht geht es häufig um sehr hohe Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen. Denn die Auswirkungen begleiten Mutter oder Kind häufig ein Leben lang und gehen mit enormen finanziellen Belastungen einher: Pflegekosten, Medikamente und Therapien, der behindertengerechte Umbau von Haus und Auto, Verdienstausfall.

Liegt der Streitwert – also die Entschädigungsforderungen – über 5.000 Euro, ist es für den Kläger Pflicht, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen. Bei einem Streitwert bis 5.000 Euro können Betroffene theoretisch eigenständig Klage einreichen und sich selbst vor Gericht vertreten. Dennoch kann es helfen, einen Anwalt hinzuzuziehen.

Ein erfahrener Anwalt für Arzthaftungsrecht

  • ist sowohl auf medizinischem als auch auf juristischem Gebiet bewandert.
  • kann rechtssicher einordnen, ob ein Geburtsschaden vorliegt und ein Prozess überhaupt Erfolgschancen hat.
  • kann eine angemessene Entschädigungshöhe einschätzen.
  • erstellt eine ausführliche Dokumentation und eine stichhaltige Beweisführung.
  • stellt sicher, dass alle Formalien und Fristen eingehalten werden.
  • entwickelt eine passende juristische Strategie, um die Ansprüche schnellstmöglich durchzusetzen.
  • hilft, sich gegen einen zahlungsunwilligen Haftpflichtversicherer behaupten.

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9. FAQ: das Wichtigste in Kürze

Was sind Geburtsschäden?

Unterläuft medizinischem Personal vor oder während der Entbindung ein Behandlungsfehler, der zu gesundheitlichen Schäden bei Mutter oder Kind führt, liegt ein Geburtsschaden vor.

Welche Entschädigungsansprüche haben Patienten bei Geburtsschäden?

Lassen sich Geburtsschäden auf einen Behandlungsfehler des medizinischen Personals zurückführen, haben betroffene Patienten Anspruch auf eine Entschädigung. Ihnen steht Schmerzensgeld als finanzieller Ausgleich für immaterielle Schäden und Schadensersatz als Kompensation materieller Schäden zu.

Wer steht in der Beweispflicht?

Die Eltern müssen nachweisen, dass der Geburtsschaden durch einen Behandlungsfehler des medizinischen Personals verursacht wurde. Diese Beweislast kann sich auch umkehren. Ist beispielsweise die Patientenakte unvollständig oder wurde die Behandlung von nicht ausreichend qualifiziertem Personal behandelt, müssen der behandelnde Arzt oder das Krankenhaus nachweisen, dass sie die Geburtsschäden nicht verursacht haben.

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Dustin Pawlitzek
Über den Autor
Dustin Pawlitzek

Nach einem Journalismus-Studium und fünf Jahren in der Unternehmenskommunikation eines Technologiekonzerns schreibt Dustin Pawlitzek als Teil der juristischen Redaktion von advocado zu den Gebieten Arbeits- und Zivilrecht. Ziel ist, komplexe juristische Themen verständlich aufzubereiten, damit Leser passende Lösungen erhalten.

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