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Ratgeber Arzthaftungsrecht Behandlungsfehler Kunstfehler
Stand 15.06.2020
Lesezeit 16 min

Kunstfehler: So können Patienten eine Entschädigung erhalten

Verursacht eine unsachgemäße medizinische Behandlung Gesundheitsschäden, liegt ein Kunstfehler vor. Für entstandene Schmerzen und die finanziellen Belastungen durch einen erhöhten Pflegebedarf stehen Betroffenen Entschädigungszahlungen zu – häufig sechsstellige Beträge.

Ein Anwalt kann die komplizierte Beweisführung übernehmen und den Entschädigungsanspruch durchsetzen. Im Erfolgsfall muss die Gegenseite sämtliche Gerichts- und Anwaltskosten übernehmen.

Jasmin Leßmöllmann
Beitrag von Jasmin Leßmöllmann
Redakteurin für Rechthemen
Aktualisiert am 15.06.2020

Entschädigung für einen Kunstfehler erhalten

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Kunstfehler: So können Patienten eine Entschädigung erhalten
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Das Wichtigste in Kürze:
  • Erfolgt eine Behandlung nicht nach den allgemein anerkannten medizinischen Standards und verursacht beim Patienten körperliche oder seelische Beschwerden, liegt ein ärztlicher Kunstfehler vor.
  • Geschädigte haben gegenüber dem Behandelnden 3 Jahre lang einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz.
  • Dafür müssen betroffene Patienten den Kunstfehler als Ursache ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen zweifelsfrei nachweisen.
  • Als Beweise bieten sich ärztliche Zweitmeinungen, Zeugenaussagen, Krankenunterlagen oder ein Sachverständigengutachten an.
  • Der Entschädigungsanspruch ist entweder in außergerichtlichen Verhandlungen oder im Kunstfehlerprozess vor Gericht durchsetzbar.
  • Bei Erfolg übernimmt die Gegenseite sämtliche Kosten für Anwälte und Gericht.
Inhaltsverzeichnis
  1. Was ist ein ärztlicher Kunstfehler?
  2. Welche Arten von Kunstfehlern gibt es?
  3. Patientenrechte nach einem Kunstfehler
  4. Wann besteht ein Entschädigungsanspruch?
  5. Wie hoch fällt die Entschädigung aus?
  6. Wie erhalten Geschädigte Schadensersatz & Schmerzensgeld?
  7. Kosten & Kostenübernahme
  8. Wie gehen Sie bei Verdacht auf Kunstfehler vor?
  9. Wie kann ein Anwalt helfen?
  10. FAQ zum Kunstfehler

1. Was ist ein ärztlicher Kunstfehler?

Ärzte, Psychotherapeuten, Hebammen, Krankenschwestern, Heilpraktiker und andere im Gesundheitswesen Tätige müssen ihre Patienten fachgerecht behandeln. Das bedeutet, sie müssen in allen Phasen nach aktuellen medizinischen Standards verfahren:

  • Anamnese: Erforschung der Krankengeschichte
  • Befunderhebung: Untersuchung des Patienten
  • Diagnostik: Bestimmung der Krankheit
  • Therapie: Behandlung der Krankheit
  • Nachsorge: Nachbehandlung des Patienten

Kommt es beispielsweise wegen einer fehlenden Befunderhebung zur Fehldiagnose, stellt dies eine Verletzung der ärztlichen Behandlungspflicht dar. Verschlechtert sich dadurch der Gesundheitszustand des Patienten, handelt es sich um einen Behandlungsfehler. Er wird auch als Kunstfehler bezeichnet, da die Behandlung nicht den „Regeln der ärztlichen Kunst“ entsprach.

2. Welche Arten von Kunstfehlern gibt es?

Ein ärztlicher Kunstfehler kann rein medizinischen Charakters sein, aber auch bei der Verwaltung von Patientenakten oder der Bedienung technischer Geräte unterlaufen.

Daher lassen sich verschiedene Arten von Kunstfehlern unterscheiden:

  • Anamnesefehler: Der Behandelnde befragt den Patienten nicht oder nur ungenau zu Beschwerden, bisherigen Behandlungen und Medikamenten.
  • Befunderhebungsfehler: Ein Arzt klärt eindeutige Befunde – starke Schmerzen im Brustbereich und Atemnot – nicht ab. Infolge seines Befunderhebungsfehlers übersieht er einen Herzinfarkt.
  • Diagnosefehler: Ein Orthopäde stellt eine falsche Diagnose. So führt z. B. der Diagnosefehler „Hexenschuss“ zur Fehlbehandlung einer akuten Hüftgelenksentzündung.
  • Aufklärungsfehler: Klärt ein Chirurg seinen Patienten vor einer Operation nicht über Notwendigkeit, Ablauf, Risiken und Alternativen des Eingriffs auf, liegt ein Aufklärungsfehler vor.
  • Operationsfehler: Amputiert ein Orthopäde beispielsweise das falsche Bein, vergisst Teile des Operationsbestecks im Patienten oder setzt defekte Implantate ein, handelt es sich um einen Operationsfehler.
  • Therapiefehler: Der Verantwortliche verabreicht das falsche Medikament, dosiert es zu niedrig oder wählt eine unangebrachte Therapie aus.
  • Pflegefehler: Ein Pflegebedürftiger wird falsch gebettet. Daher liegt er sich wund oder fällt aus seinem Krankenbett.
  • Hygienefehler: Ein Behandelnder missachtet Hygienevorschriften und verwendet verunreinigtes OP-Besteck oder benutzt kein Desinfektionsmittel.
  • Organisationsfehler: Ein Arzt übersieht bspw. eine schwangere Patientin im Wartesaal. Anschließend findet die Schwester den Schlüssel zum Kreißsaal nicht. Der Organisationsfehler führt zu Geburtsschäden.
  • Dokumentationsfehler: Die ärztliche Behandlung ist nicht ausführlich in der Patientenakte dokumentiert.
  • Bedienungsfehler: Der Warnton des Beatmungsgeräts ist ausgeschaltet. Durch den Bedienungsfehler findet keine fachgerechte Beatmung statt.
  • Überweisungsfehler: Ein Allgemeinmediziner überweist seinen Patienten nicht oder verspätet an einen Spezialisten, sodass Folgeschäden bleiben.
  • Nachsorgefehler: Ein Arzt weist z. B. nicht auf eine notwendige Umstellung der Ernährung oder medikamentenbedingte Fahruntauglichkeit hin.

3. Patientenrechte nach einem Kunstf­ehler

2013 verabschiedete der Bundestag das Patientenrechtegesetz und verankerte es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Neben einer Behandlung nach medizinischem Standard, dürfen Patienten Art und Umfang einer medizinischen Maßnahme selbst bestimmen oder einen Eingriff ganz ablehnen.

Zusätzlich stärkt es die Rechte von Patienten:

Informationsrecht

Die ärztliche Informations- und Aufklärungspflicht stellt sicher, dass Patienten alle Informationen zu Risiken, Chancen und Alternativen einer Behandlung erhalten. Das Aufklärungsgespräch muss verständlich sein und mindestens 24 Stunden vor einem Eingriff erfolgen, damit eine angemessene Zeit zur freien Willensbildung bleibt.

Der behandelnde Arzt ist im Falle eines Arztfehlers außerdem verpflichtet, sein Verschulden zuzugeben und auch auf die Fehler anderer Mediziner hinzuweisen.

Reiseschutzimpfungen, Akupunktur und Osteopathie zählen zu den individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), die die meisten Krankenkassen nicht übernehmen. Ein Patient ist daher vorab über die voraussichtlichen Behandlungskosten zu informieren. Ansonsten darf der Behandelnde die Kosten später nicht einfordern.

Recht auf Akteneinsicht

Die ärztliche Dokumentationspflicht gewährleistet, dass sämtliche Schritte der Behandlung (Befunde, Aufklärung, Eingriffe, Wirkungen, Einwilligung) ausführlich in der Patientenakte notiert sind. Der Patient darf seine Krankenunterlagen jederzeit einsehen und Kopien davon anfertigen.

  • Lehnt ein Arzt die Einsichtnahme ab, muss er seine Entscheidung begründen.
  • Fehlt in der Akte die Dokumentation einer medizinischen Maßnahme, ist zugunsten des Patienten zu vermuten, dass eine entsprechende medizinische Behandlung nicht erfolgte.

Recht auf Beratung

Deutschlandweit stehen Anlaufstellen zur Verfügung, die Patienten bei Verdacht auf einen Kunstfehler, z. B. durch ein Schlichtungsverfahren, unterstützen.

Dazu gehören:

  • Anwälte für Behandlungsfehler
  • Unabhängige Patientenberatung Deutschland
  • Deutscher Patientenbund
  • Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) & MDK
  • Gesetzliche Pflegeversicherung
  • Gutachterkommissionen der Ärztekammern
  • Verbraucherzentralen
  • Schlichtungsstellen der Krankenhäuser
  • Ombudsmann der privaten Kranken- und Pflegeversicherung
Rechtsberatung
Ergebnis der Schlichtung nicht bindend:

Einem Schlichtungsverfahren müssen beide Parteien zustimmen. Es kann bis zu 2 Jahre bei offenem Ausgang dauern. Gleichzeitig ist das Ergebnis des Verfahrens nicht bindend und der Patient behält weiterhin das Recht, Schmerzensgeld einzuklagen.

4. Wann besteht ein Entschädigungs­anspruch?

Infografik: Unter diesen Voraussetzungen haben Sie Anspruch auf Entschädigung nach einem Kunstfehler.

Ein Kunstfehler kann massive Auswirkungen für Betroffene haben: Neben immateriellen Schäden entstehen Kosten für Pflege, Hilfsmittel, Therapien, Medikamentenzuzahlungen sowie Einbußen durch Verdienstausfälle. Um die negativen Konsequenzen abzumildern, besteht gegenüber dem Verursacher ein Anspruch auf Entschädigung:

  • Schmerzensgeld zur Kompensation immaterieller Schäden
    (körperliche Verletzungen und seelisches Leiden)
  • Schadensersatz zum Ausgleich materieller Schäden
    (Kosten für Pflege, Medikamente, Therapien, Hausumbau)

Um Schmerzensgeld oder Schadensersatz zu erhalten, muss der geschädigte Patient den Kunstfehler innerhalb einer 3-Jahres-Frist nachweisen.

Kunstfehler nachweisen

Der Patient trägt die Beweislast: Er muss beweisen, dass ein ärztlicher Kunstfehler die Ursache seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist.

Dabei kann ein Anwalt helfen: Er schätzt ein, ob die Patientenakte als Nachweis ausreicht oder ob zusätzlich ein Sachverständigengutachten notwendig ist.

Unter bestimmten Umständen kehrt sich die Beweislast um. Dann muss der behandelnde Arzt nachweisen, dass die Beschwerden seines Patienten nicht auf einen Kunstfehler zurückzuführen sind.

Eine Umkehr der Beweislast tritt in folgenden Fällen ein:

  • Ein Eingriff erfolgt ohne Aufklärung oder Einverständnis des Patienten.
  • Die Dokumentation der Behandlung ist unvollständig oder fehlt komplett.
  • Eine unqualifizierte Person nimmt den Eingriff vor.
  • Der Behandelnde übersieht eindeutige Symptome.
  • Ein Patient infiziert sich im Krankenhaus mit multiresistenten Keimen.
  • Statt des Standardverfahrens wählt der Arzt eine riskante, noch nicht allgemein eingeführte Behandlung (= Neulandmethode).
  • Ein Patient steckt sich im Krankenhaus bei seinem Zimmernachbarn an.
  • Es kommt zu einem schweren Behandlungs- oder Anfängerfehler, der einem Arzt schlichtweg nicht unterlaufen darf.

Verjährung vermeiden

Der Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch nach einem ärztlichen Kunstfehler verjährt nach 3 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ende des Jahres, in dem der Patient Kenntnis vom Schaden erlangt hat:

  • Ein Patient erfährt im Juli 2019, dass ein ärztlicher Kunstfehler die Ursache seiner gesundheitlichen Beschwerden ist.
  • Die Verjährungsfrist beginnt am 31.12.2019 und endet am 31.12.2022.

Bezüglich der Verjährungsfrist gelten 2 Sonderregelungen:

Während einer Gerichtsverhandlung kommt es nicht zur Verjährung von Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüchen. Die sogenannte Hemmung der Verjährung wirkt noch bis zu 3 Monate nach der Urteilsverkündung.

Sind Ausmaß und Folgen des Kunstfehlers nicht absehbar, empfiehlt es sich, einen Feststellungsantrag zu stellen:

  • Er verhindert, dass der Anspruch auf Schadensersatz für Schäden verjährt, die sich erst zukünftig zeigen.
  • Die Verjährungsfrist nach Feststellungsantrag beträgt 30 Jahre.
  • Der Antrag ist bei Gericht zu stellen.
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Achtung
Kein Anspruch bei Missachtung der ärztlichen Anweisungen:

Es besteht kein Schmerzensgeld- oder Schadensersatzanspruch, wenn ein Patient ärztliche Anweisungen missachtet (z. B. Bettruhe) und sein Gesundheitszustand sich dadurch verschlechtert. Unter Umständen ist der Behandelnde dann nicht mehr haftbar, auch wenn ihm tatsächlich ein ärztlicher Kunstfehler unterlaufen ist.

5. Wie hoch fällt die Entschädigung aus?

Die Höhe der Entschädigung ist abhängig von den konkreten Schäden und den durch sie hervorgerufenen Folgen. Daher liegen die Entschädigungszahlungen für Kunstfehler in der Psychotherapie, Chirurgie und Geburtsmedizin oft im sechsstelligen Bereich.

Diese Faktoren beeinflussen die Entschädigungshöhe:

  • Ausmaß der körperlichen und seelischen Schäden
  • Dauer der Behandlung
  • Aufenthalte in Krankenhäusern
  • Anzahl der Reha-Maßnahmen
  • Auswirkungen auf Alltag & Beruf
  • Lang anhaltende & chronische Schmerzen
  • Folgeschäden & körperliche Entstellung
Anführungszeichen

Es gilt, berechtigte Ansprüche in angemessener Höhe durchzusetzen und auch die Zukunft des Mandanten abzusichern. Denn meist leiden Patienten lebenslang an den Folgen eines Fehlers. Treten weitere Schäden ein, muss der Schädiger diese genauso erstatten wie die bereits sichtbaren Schäden.

Matthias Klein
Anwalt für Arzthaftungsrecht

Schmerzensgeld

Bei der Berechnung eines angemessenen Schmerzensgeldes helfen sogenannte Schmerzensgeldtabellen. Diese listen Gerichtsurteile zu Kunstfehlern und den festgelegten Entschädigungszahlungen auf. Da sich Schmerzensgeld immer anhand individueller Umstände bemisst, dient auch die folgende Tabelle für Kunstfehler lediglich als erste Orientierung:

Sachverhalt

Schmerzensgeld

Urteil

Falsch zusammengewachsener Arm eines 2-Jährigen

6.000 €

LG Karlsruhe 2009

Tod eines Patienten durch Herzversagen

10.000 €

LG Detmold 2007

Erblindung des Patienten nach zu später Überweisung an einen Spezialisten

90.000 €

OLG Karlsruhe 2007

Diverse Operationen, Chemotherapien & Tod des Patienten nach 2-jährigem Leidensweg durch verkannte Darmkrebserkrankung

100.000 €

OLG Braunschweig 2010

Querschnittslähmung durch ärztlichen Kunstfehler bei der Operation

220.000 €

OLG Hamm 2004

Patient wird infolge einer Fehldiagnose zum Pflegefall

200.000 €
+ 45.000 € Schadensersatz

OLG Hamm 2012

Behinderung eines Kindes durch Sauerstoffmangel beim zu spät eingeleiteten Notkaiserschnitt

300.000 €

OLG Hamm 2015

Vollständige geistige & körperliche Behinderung eines Neugeborenen wegen eines Kunstfehlers bei der Geburt

700.000 €

OLG Frankfurt 2014

Schadensersatz

Unter Umständen steht betroffenen Patienten für die folgenden Schäden neben Schmerzensgeld auch Schadensersatz zu:

  • Gesundheitsschäden: Kostenerstattung für Behandlung & Medikamente
  • Mehrbedarfsschäden: Ausgaben für Pflegepersonal und Haushaltshilfe, behindertengerechter Umbau von Haus und Wohnung
  • Erwerbsschäden: Ausgleich des Einkommensverlusts
  • Haushaltsführungsschäden: Finanzielle Unterstützug für die unentgeltliche Hilfe von Angehörigen im Haushalt

Übrigens: Auch die gesetzlichen Krankenkassen dürfen gegenüber dem Behandelnden Schadensersatz geltend machen. Beispielsweise, wenn sie die Kosten für eine durch den Kunstfehler verursachte zusätzliche Behandlung tragen müssen.

6. Wie erhalten Geschädigte Schadensersatz & Schmerzensgeld?

Um eine Entschädigung nach einem Kunstfehler erfolgreich geltend zu machen, kann ein Anwalt für Arzthaftungsrecht helfen: Er kann den Entschädigungsanspruch prüfen.

Besteht ein Anspruch, kann er zunächst versuchen, diesen außergerichtlich durchzusetzen. Verweigert die Haftpflichtversicherung des Verursachers den Schaden zu begleichen, kann der Anwalt den Anspruch vor Gericht durchsetzen.

Außergerichtliche Verhandlungen

Zunächst kann der Anwalt eine schnelle, außergerichtliche Einigung mit der Haftpflichtversicherung des Arztes oder des Krankenhauses anstreben. Dafür kann er alle Beweise zusammentragen, eine ausführliche Dokumentation erstellen und eine individuelle, stichhaltige Beweisführung entwickeln.

Anschließend kann er der Versicherung eine angemessene Zahlungsaufforderung zustellen und eine Frist für die Auszahlung der Entschädigung festlegen.

Der Kunstfehlerprozess

Womöglich ist keine gütliche Einigung mit der Gegenseite möglich, weil die Haftpflichtversicherung auch begründete Forderungen pauschal zurückweist, um Kosten zu sparen. Ein Anwalt kann dann für den Kunstfehler Klage einreichen, um die Entschädigung gerichtlich durchzusetzen.

Der Prozess folgt einem festen Ablauf:

  1. Der Anwalt kann die Klageschrift vorbereiten und beim Amtsgericht einreichen. Übersteigt der Streitwert 5.000 €, ist das Landgericht zuständig. Dort herrscht Anwaltszwang. Patienten müssen sich juristisch vertreten lassen.
  2. Der Kläger legt den Gerichtskostenvorschuss aus.
  3. Nach Zahlung des Gerichtskostenvorschusses erfolgt die Zustellung der Klageschrift an die Gegenseite. Diese ist zur Stellungnahme verpflichtet.
  4. Der Prozess beginnt. Der Richter verhört Zeugen, vernimmt Gutachter und wertet Beweise aus.
  5. Ob ein ärztlicher Kunstfehler vorliegt, entscheidet das richterliche Urteil.
  6. Das Gericht bestimmt eine Frist, binnen der die Entschädigung auszuzahlen ist.
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7. Kosten & Kosten­übernahme

Für die Durchsetzung einer Entschädigung nach einem ärztlichen Kunstfehler entstehen Kosten für Gericht, Zeugen, Gutachter, Post und Telekommunikation.

Die Höhe dieser Kosten bemisst sich am Streitwert, also der Höhe der geforderten Entschädigung. Medizinrecht ist hochkomplex. Um die Erfolgsaussichten in den Verhandlungen mit der Gegenseite zu erhöhen, empfiehlt es sich, einen Anwalt hinzuziehen.

Seine Tätigkeit löst weitere Kosten aus, die sich nicht pauschal beziffern lassen. Aber: Bei erfolgreicher Durchsetzung übernimmt die Gegenseite sämtliche Kosten.

Möglichkeiten zur Kostenübernahme

Es gibt 3 Möglichkeiten, um die gerichtliche Durchsetzung von Schmerzensgeld und Schadensersatz nach einem ärztlichen Kunstfehler zu finanzieren:

  • Wenn Patienten die finanziellen Mittel für einen Kunstfehlerprozess nicht aufbringen können, können sie Prozesskostenhilfe beantragen. Ein Richter prüft die Bedürftigkeit. Wird der Antrag bewilligt, übernimmt die Gerichtskasse alle anfallenden Gerichtsgebühren und die eigenen Anwaltskosten.
  • Bei guten Erfolgschancen einer Schmerzensgeld- oder Schadensersatzklage ist eine Prozesskostenfinanzierung möglich: Ein Dienstleister übernimmt sämtliche Kosten und erhält dafür einen Teil der erzielten Entschädigung.
  • Ob die Rechtsschutzversicherung die Kosten für die gerichtliche Durchsetzung einer Entschädigung nach einem Kunstfehler übernimmt, hängt von der jeweiligen Police ab.
Kosten
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8. Wie gehen Sie bei Verdacht auf einen Kunstfehler vor?

Haben Sie den Verdacht, Opfer eines ärztlichen Kunstfehlers zu sein, können Sie diesen zunächst überprüfen lassen und anschließend die Beweissicherung einleiten.

Mit den folgenden 5 Schritten können Sie Klarheit erhalten und verhindern, dass berechtigte Ansprüche verfallen:

1. Gespräch suchen

Besteht ein begründeter Verdacht auf einen Kunstfehler, kann sich zunächst ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt helfen. Er ist auskunftspflichtig und muss Fehler zugeben. Zur Absicherung bietet es sich an, dass ein Bekannter oder Angehöriger das Gespräch mit dem behandelnden Arzt bezeugt.

2. Zweitmeinung einholen

Lassen Sie einen weiteren Mediziner einschätzen, ob Ihre gesundheitlichen Beschwerden auf einen Kunstfehler zurückzuführen sind. Ein klärendes Gespräch mit dem Arzt des Vertrauens verschafft Klarheit und gibt Sicherheit, bevor Sie einen Anwalt für Arzthaftungsrecht beauftragen.

3. Behandlungen protokollieren

In einem Gedächtnisprotokoll beschreiben Patienten den Ablauf einer zurückliegenden Behandlung so ausführlich wie möglich. Das Dokument ist ein wichtiges Beweisstück in einem möglichen Gerichtsprozess.

Es gibt Aufschluss über:

  • Behandlungstermine und Inhalt der Arztgespräche
  • Namen sowie Anschrift von Ärzten und möglichen Zeugen
  • Beschwerden, Diagnosen, Medikamente, Anwendungen
  • Art und Umfang der Gesundheitsschäden
  • Auswirkungen des Kunstfehlers auf Alltag & Beruf
  • Entstandene Kosten für: Medikamentenzuzahlungen, Verdienstausfälle, Hilfsmittel, Fahrtkosten, behindertengerechten Umbau des Hauses etc.

4. Patientenakte sichern

Ein Patient darf seine Krankenunterlagen jederzeit einsehen und Kopien anfertigen. Verstirbt ein Behandelter infolge eines Kunstfehlers, dürfen seine Angehörigen Akteneinsicht beantragen.

Die Akte gibt Aufschluss über:

  • Operations- und Pflegeberichte
  • Laborwerte, Befunde und Medikamente

Im Falle einer gerichtlichen Klärung dient sie als Beweis. Benötigen Patienten Unterstützung beim Anfordern der Unterlagen – etwa weil ein Arzt die Einsicht verweigert – kann ein Anwalt mit Schwerpunkt Akteneinsicht helfen.

5. Rechtsberatung einholen

Ein Anwalt verfügt dank langjähriger Erfahrung über umfassende Kenntnisse im komplexen Medizin- und Arzthaftungsrecht. Er kann rechtssicher einschätzen, ob ein Kunstfehler vorliegt und welche Entschädigung angemessen ist.

Darüber hinaus kann er die komplizierte Beweissicherung und Durchsetzung Ihres Anspruchs für Sie übernehmen.

9. Wie kann ein Anwalt helfen?

Die Entschädigungszahlungen für ärztliche Kunstfehler in den Bereichen Geburtsmedizin, Psychotherapie, Orthopädie und Chirurgie können sehr hoch sein. Schnell liegt der Streitwert weit über 5.000 Euro und das Landgericht ist für den Fall zuständig. Dort müssen Sie sich durch einen Juristen vertreten lassen.

Bei einem Streitwert bis 5.000 Euro dürfen Sie theoretisch auf anwaltlichen Beistand verzichten und selbstständig Klage einreichen. Das könnte aber zu ihrem Nachteil sein. Denn das Arzthaftungsrecht ist sehr komplex und die Gegenseite lässt sich definitiv durch einen Medizinrechtler vertreten. Unterläuft Ihnen ein Fehler, geht schlimmstenfalls der Entschädigungsanspruch verloren.

Ein Anwalt kann Folgendes für Sie tun:

  • Alle relevanten Dokumente sichern und rechtsverbindlich beurteilen, ob in Ihrem Fall Ärztepfusch vorliegt.
  • Risiken, Erfolgschancen, Kosten & Möglichkeiten der Durchsetzung Ihrer Ansprüche erläutern.
  • Die komplizierte Beweisführung übernehmen und eine angemessene Entschädigungshöhe definieren.
  • Eine Verteidigungsstrategie entwickeln, um Sie vor taktischen Manövern der Versicherung zu schützen und Ihre Entschädigung zeitnah durchzusetzen.
  • Die außergerichtlichen Verhandlungen mit der Haftpflichtversicherung führen.
  • Die Klageschrift vorbereiten, einreichen und Ihre Interessen vor einem Zivilgericht durchsetzen.
  • Alle Formalia, Fristen und Termine wahren.

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10. FAQ zum Kunstfehler

Was ist ein Kunstfehler?

Handelt ein Arzt oder medizinisches Personal nicht nach den aktuellen medizinischen Standards – z. B. in der Therapie, bei der Verwaltung von Patientenakten, Hygiene in der Praxis oder der Befunderhebung –, liegt ein sogenannter Kunstfehler vor.

Welche Ansprüche haben Patienten bei einem Kunstfehler?

Führt der Kunstfehler nachweislich zu Gesundheitsschäden beim Patienten, kann dieser Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen. Die Höhe der Entschädigungssumme bemisst sich dabei nach dem Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung – z. B. nach den Beeinträchtigungen im Alltag, möglichen chronischen Schmerzen oder Folgeschäden.

Wer trägt die Beweislast?

Als Patient müssen Sie beweisen, dass der Kunstfehler die Ursache für Ihren Gesundheitsschaden ist. Bei groben Verletzungen der ärztlichen Kunst überträgt sich die Beweislast allerdings auf das medizinische Personal – z. B. wenn ein Arzt eindeutige Symptome übersieht.

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Jasmin Leßmöllmann
Jasmin Leßmöllmann
Redakteurin für Rechthemen
Aktualisiert am 15.06.2020

Als Mitglied der juristischen Redaktion von advocado widmet sich Jasmin Leßmöllmann komplexen Fragestellungen aus dem Arbeits-, Medizin- und Erbrecht. Dabei ist sie bestrebt, dem Leser schwierige juristische Sachverhalte verständlich aufzubereiten und die beste Lösung anzubieten.

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