1. Rechtssicher enterben – so können Sie vorgehen
Enterben Sie Angehörige – z. B. mittels Testament –, gehen diese nicht leer aus: Sie haben Anspruch auf einen Pflichtteil. Dieser beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Enterben per Testament
Verwandte können auf zweierlei Weise enterbt werden. Eine Möglichkeit ist das Enterben per Testament. Der Erblasser drückt dabei seinen Willen zur Enterbung im Testament explizit durch entsprechende Formulierungen aus:
- Meine Tochter X soll von der Erbfolge ausgeschlossen sein.
- Ich enterbe meinen Sohn Y.
Eine Person kann aber auch von der Erbfolge ausgeschlossen werden, indem andere Angehörige als Erben genannt werden. Wird das Testament entsprechend formuliert, ist nicht einmal eine gesonderte Erwähnung über die Enterbung nötig. Möchte Herr Mustermann seine Tochter enterben und das Erbe nur auf seine Ehefrau und seinen Sohn verteilen, kann er dies folgendermaßen im Testament verfügen:
- Als Erben setze ich je zur Hälfte meine Ehefrau und meinen Sohn ein.
Da lediglich die Ehefrau und der Sohn als Erben genannt wurden, ist die Tochter von der Erbfolge ausgeschlossen.
Weitere Informationen zur Erstellung von Testamenten finden Sie im Beitrag „Testament schreiben“.
Enterben per Negativtestament
In einem Negativtestament bestimmt der Erblasser – im Gegensatz zum normalen Testament – diejenigen Angehörigen, die von der Erbfolge ausgeschlossen werden sollen. Er nimmt also eine negative Bestimmung der Erben vor.
Wollen Sie mit einem Negativtestament enterben, führt die Aufsetzung eines solchen Testaments zum Eintritt der gesetzlichen Erbfolge, wobei dann nur nicht enterbte Verwandte ein Anrecht auf ihren Nachlass haben.
Wichtige Besonderheiten beim Enterben
Wenn Sie einen Angehörigen enterben wollen, sollten Sie sich im Klaren darüber sein, ob Sie auch dessen Nachkommen von der Erbfolge ausschließen wollen. Unklarheiten oder Konflikte sollten deshalb durch richtige Formulierungen des Testaments vermieden werden. Wollen Sie beispielsweise nur eines Ihrer Kinder enterben, nicht aber dessen Kinder, muss dies explizit im Testament genannt sein – genauso wie im gegensätzlichen Fall.
Nach dem Enterben: Pflichtteil kann trotzdem gefordert werden
Auch wenn Sie einen nahen Verwandten per Testament von der Erbfolge ausschließen – und damit enterben –, geht dieser bei der Verteilung des Nachlasses nicht vollkommen leer aus. Von der Erbfolge ausgeschlossene Familienangehörige können einen Pflichtteilsanspruch gegenüber den Erben geltend machen, weswegen ein Enterben ohne Pflichtteil nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Dieser Pflichtteil beträgt grundsätzlich die Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Der Anspruch kommt den Berechtigten dabei nicht automatisch zu – er muss die Auszahlung ausdrücklich einfordern.
Wenn Sie mehr über den Pflichtteilsanspruch erfahren wollen, lesen Sie unseren Beitrag „Pflichtteilsanspruch geltend machen“.
2. Vollständig enterben ohne Pflichtteil
Trotz des Pflichtteilanspruchs von nahen Angehörigen können diese vom Erblasser unter bestimmten Umständen vollkommen von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Um zu enterben ohne Pflichtteil bieten sich folgende Möglichkeiten:
Pflichtteilsentzug
Nach § 2333 BGB kann der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten vollkommen enterben ohne Pflichtteil, wenn von Seiten des Berechtigten ein schuldhaftes Vergehen gegenüber dem Erblasser vorliegt. Solches liegt unter anderem bei einem schweren vorsätzlichen Vergehen oder einem Tötungsversuch vor. Darüber hinaus stellt auch eine Gefängnisstrafe, der Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik oder Entzugsanstalt eine Unzumutbarkeit für den Erblasser dar und der Pflichtteil muss nicht ausgezahlt werden.
In diesen Fällen kann der Erblasser den Pflichtteilsberechtigten unter genauer Nennung des Grundes im Testament enterben – ohne Pflichtteil, denn der Anspruch auf diesen entfällt damit.
Schenkung zu Lebzeiten
Durch Schenkungen zu Lebzeiten kann der Erblasser seinen Nachlass minimieren – dementsprechend fiele auch der zu zahlende Pflichtteil geringer aus. Allerdings ist es nicht möglich, sein ganzes Hab und Gut zu verschenken, um zu enterben ohne Pflichtteil. Denn in diesem Fall entsteht ein sogenannter Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dies ist der Betrag, um den sich der Pflichtteil erhöhen würde, wenn die Schenkung zu Lebzeiten nicht vorgenommen worden wäre.
Alles, was verschenkt wurde, wird also dennoch in die Pflichtteilsberechnung einbezogen. Hierbei spielen allerdings nur Schenkungen der letzten 10 Jahre eine Rolle, die nach einem Abschmelzungsmodell – was länger her ist, wird zu einem geringeren Prozentsatz eingerechnet – Beachtung finden.
Abschmelzungsmodell des Pflichtteilsergänzungsanspruchs bei Schenkungen:
Zeitpunkt der Schenkung
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Anteil
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Innerhalb des 1. Jahres vor dem Todesfall
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10/10 --> voller Betrag
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Bis zu 2 Jahre vor dem Todesfall
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9/10 --> 90 %
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Bis zu 3 Jahre vor dem Todesfall
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8/10 --> 80 %
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Bis zu 4 Jahre vor dem Todesfall
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7/10 --> 70 %
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Bis zu 5 Jahre vor dem Todesfall
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6/10 --> 60 %
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Bis zu 6 Jahre vor dem Todesfall
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5/10 --> Hälfte des Schenkungsbetrags
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Bis zu 7 Jahre vor dem Todesfall
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4/10 --> 40 %
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Bis zu 8 Jahre vor dem Todesfall
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3/10 --> 30 %
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Bis zu 9 Jahre vor dem Todesfall
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2/10 --> 20 %
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Bis zu 10 Jahre vor dem Todesfall
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1/10 --> 10 %
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Achtung: Schenkungen unter Nießbrauchvorbehalt verändern den Pflichtteilsanspruch nicht. Weiterführende Informationen zum Pflichtteil und dem Nießbrauch erhalten Sie im Beitrag zum Nießbrauchrecht.
Verkauf gegen Leibrente
Mit einem Verkauf gegen Leibrente können Sie einzelne Gegenstände – zum Beispiel Immobilien – zu Lebzeiten verkaufen und gegebenenfalls Pflichtteilsberechtigte vollkommen enterben. Die Leibrente muss Ihnen in regelmäßigen Abständen und bis zum Lebensende vom neuen Eigentümer gezahlt werden.
Da der Vermögensgegenstand nicht verschenkt, sondern verkauft wurde, entstehen keine Ergänzungsansprüche für Pflichtteilsberechtigte – ein Enterben ohne Pflichtteil wäre also indirekt möglich.
Pflichtteilsverzicht
Wollen Sie einem Pflichtteilsberechtigten das Erbe vollkommen entziehen und lässt dieser mit sich reden, können Sie gemeinsam einen Pflichtteilsverzicht bei einem Notar aushandeln. Ein Verzicht beinhaltet das Einverständnis des Enterbten, im Erbfall keine Pflichtteilsansprüche geltend machen zu können – und damit ein Enterben ohne Pflichtteil zu ermöglichen. Dafür muss der Erblasser ihn umgehend mit einem Teil seines Vermögens als Abfindung entschädigen.
Vermögen ins Ausland verlagern
Grundsätzlich gilt für deutsche Erblasser nur das deutsche Erbrecht. Manche Länder beanspruchen jedoch für Vermögen, das in ihrem Land besteht, die Geltung des eigenen Erbrechts. Sie können sich deshalb über die internationalen Erbrechte informieren und entscheiden, ob Sie Ihr Vermögen in ein anderes Land vorteilsbringend verlagern – und damit gegebenenfalls enterben und Pflichtteile umgehen können.
Bei einer solchen Transaktion können Sie sich stets von einem Anwalt beraten lassen, um sich über ein angemessenes Vorgehen und nicht gewollte Konsequenzen aufklären zu lassen.