Faktisches Fehlen der Testierfähigkeit
Können Personen nicht schreiben, lesen und sprechen, fehlt ihnen die Testierfähigkeit. Das Gesetz geht in diesen Fällen davon aus, dass die Person ihren letzten Willen nicht selbständig verfassen und die Konsequenzen dessen nicht einschätzen kann.
Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.01.1999 ist der generelle Ausschluss von Personen, die nicht schreiben oder sprechen können, jedoch verfassungswidrig. Kann eine stumme Person beispielsweise mithilfe von Gebärdensprache kommunizieren, ist sie testierfähig.
Die Testierfähigkeit ist daher immer vom Einzelfall abhängig.
Betreute Personen & Testierfähigkeit
Personen, die im Alltag nicht geschäftsfähig sind, werden durch einen Sachwalter betreut. Für betreute Personen gelten für die Testierfähigkeit die gleichen Bedingungen wie für andere Menschen – sie können prinzipiell testierfähig sein.
Da die Testierfähigkeit ein persönliches Recht des Betreuten ist, kann sie nicht auf die Sachwalterschaft übertragen werden. Sachwalter dürfen daher nicht stellvertretend für die betreute Person eine letztwillige Verfügung aufsetzen. Damit soll auch verhindert werden, dass Betreuer ihren eigenen Willen in den letzten Willen des Betreuten einfließen lassen können.
Allerdings kann das Pflegschaftsgericht anordnen, dass eine betreute Person nur öffentlich vor Notar oder Gericht testieren darf. Das Gericht muss sich in diesem Fall davon überzeugen und schriftlich festhalten, dass der Erblasser testierfähig ist.
Das Gericht kann die Testierfähigkeit verneinen, wenn es davon ausgeht, dass die Person ihren Willen nicht mehr frei von Einflüssen Dritter darlegen kann. Dieser Einfluss kann durch einen Betreuer oder ein Familienmitglied ausgeübt werden, die sich um die betreffende Person kümmern, weil sie selbst nicht mehr dazu in der Lage ist.
Testierfähigkeit & Demenz
Bei alters- oder krankheitsbedingter Demenz ist das Gehirn der betroffenen Person erkrankt, wodurch Gedächtnis und Urteilsvermögen eingeschränkt sind.
Dementsprechend kann Demenz dazu führen, dass eine erkrankte Person testierunfähig ist. In einigen Fällen kommt es dann zu Streitigkeiten, weil der Erblasser im Alter an Demenz erkrankt ist und beispielsweise Enterbte die Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserstellung infrage stellen.
Bei einer Demenzerkrankung wird zunächst von der Testierfähigkeit des Erblassers ausgegangen. In folgenden Fällen kann jedoch auch angezweifelt werden, dass die Person noch testierfähig ist bzw. war:
- Leichte Demenz und zusätzliche Wahnsymptome – wie beispielsweise Verfolgungswahn oder Wahnvorstellungen in Bezug auf das Erbe
- Mittelschwere und schwere Demenz
Demente Personen können sogenannte lichte Momente haben. In diesen besitzen sie vorübergehend die geistige Fähigkeit, sich ein klares Urteil über den Nachlass zu bilden. Während dieser Zeit gelten Demenzerkrankte als testierfähig.