Eine Erbschaft besteht nicht immer nur aus prall gefüllten Bankkonten, Immobilien in bester Lage oder anderen wertvollen Gegenständen. Oft ist sie verschuldet oder mit undurchsichtigen Besitzverhältnissen behaftet. In solchen Fällen kann ein Nachlassverwalter helfen. Seine Aufgabe ist die Verwaltung des Nachlasses – dabei ist er vor allem für die Tilgung und Abwicklung von Nachlassschulden zuständig. Welche Rechte und Pflichten er hat, wie ein Nachlassverwalter eingesetzt wird und welche Kosten seine Einsetzung auslösen kann, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Ein Nachlassverwalter kümmert sich um die Verwaltung eines verschuldeten oder undurchsichtigen Erbes. Dafür verschafft er sich einen Überblick über den Umfang des Nachlasses und trennt diesen vom Privatvermögen der Erben. Bestehende Schulden werden ausschließlich aus dem Nachlass getilgt – nicht mit dem privaten Vermögen des Erben. Ein Nachlassverwalter kann sowohl von rechtmäßigen Erben als auch von Nachlassgläubigern beauftragt werden.
Bei einem Nachlassverwalter handelt es sich um einen unabhängigen Rechtsdienstleister, der in erster Linie für die Verwaltung eines Nachlasses zuständig ist.
Dazu gehört Folgendes:
Damit er sämtliche Aufgaben erfüllen kann, nimmt der Nachlassverwalter das Erbe in seinen Besitz. Damit verfügt er über jegliche Nachlassgegenstände und muss den Nachlass im Interesse der Erben und Gläubiger verwalten.
Beim Nachlassverwalter handelt es sich nicht um den einzigen Rechtsdienstleister, welcher sich mit der Verwaltung und Abwicklung eines Nachlasses befasst. Welche es außerdem gibt und wie der Nachlassverwalter von ihnen unterschieden werden kann, erfahren Sie im folgenden Kapitel.
Die Nachlassverwaltung – somit auch der Nachlassverwalter – ist eine Sonderform der Nachlasspflege. Beide werden gerichtlich angeordnet. Ein Testamentsvollstrecker wiederum wird von einem Erblasser beauftragt, um dessen letzten Willen durchzusetzen. Aufgrund ähnlicher Aufgaben kommt es häufig zu einer Vereinheitlichung der genannten Begriffe. Dabei liegen zwischen den einzelnen Tätigkeiten teils große Unterschiede. Diese werden Ihnen in den folgenden Kapiteln näher erläutert.
Häufig werden Nachlasspfleger und Nachlassverwalter synonym verwendet – zwischen diesen beiden Begriffen besteht jedoch ein Unterschied. Der Nachlassverwalter ist zwar eine Instanz der Nachlasspflege, die Aufgaben von Verwalter und Pfleger sind jedoch verschieden. Während der Nachlassverwalter vor allem für die Verwaltung und Abwicklung des Nachlasses verantwortlich ist, hat der Nachlasspfleger folgende Zuständigkeiten: Er
Sind keine Angehörigen und Erben auffindbar, kümmert sich der Nachlasspfleger auch um weitere Aufgaben wie
Nachlasspfleger werden meist von einem Nachlassgericht oder – im Falle eines überschuldeten Erbes – von Nachlassgläubigern beauftragt, ein Erbe zu sichern. Dazu kommt es, wenn Erben unbekannt oder nicht vorhanden sind, Minderjährige geerbt haben, Streit zwischen Erben herrscht oder ein Nachlass in Gefahr ist.
Der Testamentsvollstrecker unterscheidet sich vom Nachlassverwalter dadurch, dass er für die Erfüllung eines Testaments oder Erbvertrags zuständig ist. Der Erblasser bestimmt dabei, wer Testamentsvollstrecker werden soll – dieser hat sich dann genau an die Anordnungen des Erblassers zu halten. Zu den Aufgaben eines Testamentsvollstreckers zählen:
Im Rahmen einer Erbengemeinschaft ist der Testamentsvollstrecker zudem für die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zuständig. Hier hat er die Aufgabe, den Nachlass an alle Miterben zu verteilen – dafür müssen unter Umständen zunächst geldwerte Nachlassgegenstände wie Immobilien verkauft werden, damit eine Realteilung möglich ist. Jegliche im Testament festgelegten Bedingungen müssen dabei eingehalten werden.
Die vorangegangenen Kapitel haben gezeigt, welche Aufgaben Nachlasspfleger und Testamentsvollstrecker haben und wann sie jeweils eingesetzt werden. Nicht vom Nachlassverwalter abzugrenzen, sondern als eine Sonderform anzusehen, ist der digitale Nachlassverwalter. Warum dieser heutzutage so wichtig ist und welche Aufgaben er übernimmt, erfahren Sie im folgenden Kapitel.
In Zeiten der Digitalisierung besitzt fast jeder einen E-Mail-Account, Profile bei Sozialen Netzwerken oder sogenannte „Clouds“, in denen private Dokumente – z. B Bilder – gespeichert werden. Alle dort gespeicherten Dateien verbleiben nach dem Tod eines Kunden beim jeweiligen Anbieter. Liegen Angehörigen und Erben keine Zugangsdaten für die verschiedenen Konten vor, kann es schwierig werden, an hinterlegte Dokumente zu kommen oder vorhandene Accounts zu löschen.
Um dies zu verhindern, kann man einen digitalen Nachlassverwalter einsetzen. Dies kann sowohl eine Vertrauensperson aus dem persönlichen Umfeld als auch ein Dienstleister sein, der sich auf die digitale Regelung des Nachlasses spezialisiert hat. Dieser hat im Todesfall Zugriff auf alle digitalen Dokumente, wertet diese aus und übergibt die gewonnen Informationen an die Erben.
Weitere Informationen finden Sie in unserem Beitrag „Digitales Erbe“.
Im Folgenden erfahren Sie, wie die Einsetzung eines Nachlassverwalters vonstattengeht, wer sie beantragen kann und welche Vor- und Nachteile es gibt.
Ein Nachlassverwalter kommt nur zum Einsatz, wenn eine Überschuldung des Nachlasses naheliegt oder wenn er unübersichtlich ist. Dabei kann er verhindern, dass bei einer Überschuldung des Erbes Privatvermögen der Erben zur Tilgung von Verbindlichkeiten herangezogen wird. Man spricht von einer Haftungsbeschränkung.
Besteht die Annahme, dass eine Befriedigung von Verbindlichkeiten durch Erben gefährdet ist, kann ebenfalls ein Nachlassverwalter bestellt werden. Dieser stellt dann sicher, dass der Nachlass bevorzugt für die Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten eingesetzt wird.
Bestellt wird der Nachlassverwalter vom zuständigen Nachlassgericht. Nachdem ein Antrag abgegeben wurde, sucht das Nachlassgericht nach einem passenden Verwalter für den jeweiligen Nachlass.
Der Antrag auf einen Nachlassverwalter kann nur von Erben und Nachlassgläubigern aus den oben genannten Gründen gestellt werden. Bei Vorliegen einer Erbengemeinschaft müssen alle Miterben dem Antrag auf einen Nachlassverwalter zustimmen und diesen gemeinschaftlich stellen.
Ein Nachlassverwalter wird nur dann eingesetzt, wenn Erben oder Gläubiger einen Antrag auf Nachlassverwaltung beim zuständigen Nachlassgericht stellen. Dafür muss ein Schreiben aufgesetzt und an das zuständige Gericht gesendet werden. Neben persönlichen Angaben zur Person sowie zum Erblasser müssen Gründe für die Bestellung eines Nachlassverwalters – z. B. Unübersichtlichkeit des Nachlasses – angegeben werden. Ist dem Antragsteller eine befähigte Person für diese Aufgabe bekannt, kann diese optional im Antrag auf Nachlassverwaltung genannt werden.
Ein Beispiel für ein solches Schreiben finden Sie hier:
An das Amtsgericht
– Nachlassgericht –
vollständige Anschrift
Antrag auf eine Nachlassverwaltung
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich (Vor- und Zunahme), wohnhaft in (Ort), die Verwaltung des Nachlasses für den am (Datum) verstorbenen Erblasser (Vor- und Zunahme).
Aus dem am (Datum) eröffneten Testament durch das Nachlassgericht in (Stadt) mit dem Aktenzeichen AZ (Nummer) geht hervor, dass ich Alleinerbe meines/meiner (Verwandtschaftsgrad) bin.
Da ich die persönliche Erbenhaftung ausschließen möchte und mir der Umfang der Nachlassverbindlichkeiten nicht bekannt ist, stelle ich hiermit den Antrag zur Anordnung einer Nachlassverwaltung über den oben genannten Nachlass.
Der mir bekannte Anwalt (Vor- und Zunahme) besitzt bereits ausreichende Erfahrung und Expertise auf dem Gebiet der Nachlassverwaltung. Daher schlage ich diesen als Nachlassverwalter vor.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift
Wird ein Antrag auf einen Nachlassverwalter gestellt, beauftragt das zuständige Nachlassgericht eine geeignete und befähigte Person. Meist wird die Aufgabe daher von Anwälten oder Notaren übernommen. Hat der Antragsteller bereits im Antragsschreiben einen möglichen Nachlassverwalter benannt, wird das Gericht dessen Fähigkeit prüfen.
Die Einsetzung eines Nachlassverwalters birgt immer Vor- und Nachteile. Welche das sind und wann ein Nachlassverwalter sinnvoll sein kann, lesen Sie im nächsten Kapitel.
Kommt ein Nachlassverwalter zum Einsatz, geben Erben ihre Verfügungsgewalt über das Erbe vorläufig auf. Es kann deshalb sinnvoll sein, vorher genau abzuwägen, ob ein Nachlassverwalter beantragt wird oder nicht. Einige Vor- und Nachteile werden Ihnen dazu im Folgenden aufgelistet.
✓ Ein Nachlassverwalter sichert den Nachlass,
✓ übernimmt die mit dem Erbe verbundenen Pflichten,
✓ trennt den Nachlass von privaten Vermögen und
✓ übernimmt Verhandlungen mit Nachlassgläubigern.
X Erben geben vorerst alle Rechte am Nachlass ab,
X der Zugriff auf das Erbe entfällt für die Dauer der Nachlassverwaltung vollständig und
X das Nachlassvermögen verringert sich durch die Vergütung des Nachlassverwalters.
Wie hoch der Vermögensverlust ist, hängt von der Vergütung des Nachlassverwalters ab. Welche Kosten anfallen, wer sie festlegt und wonach sie sich richten, erfahren Sie im nächsten Kapitel.
Ein Nachlassverwalter kann für seine Leistungen eine angemessene Vergütung verlangen. Dies ist in § 1987 BGB geregelt – eine festgesetzte Pauschale gibt es dabei aber nicht. In der Regel werden die Kosten vom zuständigen Nachlassgericht festgelegt. Dabei richtet sich die Vergütung nach der Profession und dem Aufwand des Nachlassverwalters.
Wer für die Bezahlung des Nachlassverwalters zuständig ist, richtet sich meist nach der Höhe der Vermögenswerte. Handelt es sich bei der Erbmasse um einen sehr geringen Betrag, können die Kosten für den Nachlassverwalter auch vom Staat übernommen werden. Bei einem höheren Nachlassvermögen kann ein Nachlassgericht auch einen festen prozentualen Anteil am Vermögen oder einen festen Stundenlohn bestimmen.
Beträgt der Nachlass z. B. 250.000 € und einigt man sich auf einen Pauschalbetrag von 4,0 % des Nachlasses, erhält der Nachlassverwalter eine Vergütung von 10.000 €. Wurde ein Stundenlohn vereinbart, richtet sich dieser nach der beruflichen Qualifikation des eingesetzten Nachlassverwalters und der Schwierigkeit der Aufgabe.
Ein Nachlassverwalter arbeitet eigenverantwortlich und unabhängig. Trotzdem unterliegt er dabei einer umfassenden Kontrolle durch das zuständige Nachlassgericht. Bestimmte Rechtsgeschäfte – zum Beispiel die Veräußerung eines Grundstückes – bedürfen immer einer gerichtlichen Einwilligung. Bei allen anderen Aufgaben kann ein Nachlassverwalter freie Entscheidungen treffen.
Verhält sich ein Nachlassverwalter jedoch pflichtwidrig – z. B. wenn er entgegen der Interessen der Erben und Gläubiger handelt –, kann seine Entlassung beantragt werden. Das Nachlassgericht prüft dann den Sachverhalt und entscheidet über den Verbleib des Nachlassverwalters. Auch strafrechtliche Konsequenzen bei Betrug nach § 263 StGB, Unterschlagung nach § 246 StGB oder Untreue nach § 266 StGB sind denkbar.
Ist ein Erbe verschuldet, undurchsichtig oder durch mögliche Veruntreuungen gefährdet, kann ein Nachlassverwalter helfen. Durch seine Arbeit bewirkt er sowohl bei Erben als auch bei Nachlassgläubigern eine Umsetzung der jeweiligen Interessen. Haben Sie Fragen oder konkrete Probleme zum Thema Nachlassverwalter, können Sie diese mit einem Anwalt besprechen.
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Ein Nachlassverwalter verwaltet das Erbe eines Verstorbenen. Er kommt nur zum Einsatz, wenn der Erblasser verschuldet ist oder die Erbmasse unübersichtlich ist. Der Nachlassverwalter soll nicht nur die Nachlassgläubiger bezahlen, sondern auch verhindern, dass bei einer Überschuldung das Privatvermögen der Erben zur Tilgung der Verbindlichkeiten herangezogen wird.
Der Nachlassverwalter wird auf Antrag vom zuständigen Nachlassgericht bestellt. Meist wird die Aufgabe von Anwälten oder Notaren übernommen. Hat der Antragsteller bereits im Antragsschreiben einen möglichen Nachlassverwalter benannt, prüft das Gericht dessen Eignung.
Das ist nicht gesetzlich pauschal festgelegt. In der Regel bestimmt das Nachlassgericht, wie hoch die Vergütung des Nachlassverwalters ist. Sie abhängig von der Profession und dem Aufwand seiner Tätigkeit.