Möchten Sie sich nach dem Ableben des Erblassers Ihren Pflichtteil auszahlen lassen, können Sie wie folgt vorgehen:
- Auskunft über den Nachlasswert fordern
- Mitgeteilten Nachlasswert prüfen
- Auszahlung des Pflichtteils einfordern
Auskunftsanspruch geltend machen
Bevor Sie sich Ihr Mindest-Erbe auszahlen lassen, kann es sinnvoll sein, den Wert des Nachlasses zu kennen – schließlich ist die Höhe des Erbteils abhängig von der Höhe der Erbmasse.
Um den Pflichtteil zu berechnen, können Sie vom Nachlassverwalter bzw. Erben Informationen über den Nachlass anfordern. Dies ist meist erst nach der Eröffnung des Testaments oder Erbvertrags möglich. Erst ab diesem Zeitpunkt hat der Erbe rechtmäßigen Zugriff auf den Nachlass.
Um den Nachlasswert zu ermitteln, muss der Erbe dann ein Nachlassverzeichnis erstellen, in dem alle zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte (Aktiva) und Verbindlichkeiten (Passiva) aufgelistet sind.
Nachlasswert prüfen
Wenn werthaltige Gegenstände nicht oder falsch angesetzt werden, bedeutet das einen zu geringen Nachlasswert. Pflichtteilsberechtigte erhalten dann womöglich einen geringeren Pflichtteil, als ihnen tatsächlich zusteht. Deswegen kann es ratsam sein, das Nachlassverzeichnis und den konkreten Nachlasswert zu überprüfen.
Ist der Wert einzelner Nachlassgegenstände – z. B. einer Immobilie oder eines Fahrzeugs – weiterhin unklar, haben Sie als Pflichtteilsberechtigter Anspruch auf Wertermittlung durch Sachverständige. Die Gutachterkosten werden aus dem Nachlass bezahlt.
Auszahlung des Pflichtteils einfordern
Sind Sie über den Nachlasswert und die Höhe des Pflichtteils informiert, können Sie Ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen und innerhalb der 3-jährigen Verjährungsfrist den Pflichtteil einfordern. Das geht mit einer schriftlichen Aufforderung an den Erben. Nach der Auszahlung des Pflichtteils kann der Erbe eine schriftliche Bestätigung von Ihnen einfordern.
Wichtig: Sie müssen sich selbstständig um die Durchsetzung Ihres Anspruchs kümmern – das Nachlassgericht ist dafür nicht zuständig. Sie können sich Ihren Erbteil nur auszahlen lassen, wenn Sie ihn einfordern.
Wann das Erbe ausgezahlt wird, ist nicht gesetzlich festgelegt. Wie lange die Auszahlung des Erbes dauert, kann also unterschiedlich sein. Grundsätzlich ist der Erbe umgehend nach Eintritt des Erbfalls verpflichtet, Pflichtteilsberechtigte auszuzahlen.
Testamentseröffnung, Erstellung des Nachlassverzeichnisses und Ermittlung der Pflichtteilshöhe können die Auszahlung jedoch in die Länge ziehen. Verweigert der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft die Auszahlung gänzlich, können mitunter Jahre vergehen, bis der Pflichtteilsanspruch durchgesetzt ist.
3. Das können Sie tun, wenn der Erbe die Auszahlung verweigert
Auch wenn Sie einen Anspruch auf einen Pflichtteil haben und dessen Auszahlung korrekt eingefordert haben, kann es sein, dass der Erbe den Pflichtteil nicht auszahlen kann – etwa weil die mit der Erbschaft vermachten Schulden zu hoch sind. Damit er nicht in finanzielle Not gerät, kann er laut § 2331a BGB eine Stundung der Pflichtteilszahlung beim Nachlassgericht beantragen. Während der Stundung setzt die Verjährung nicht ein.
Wie lange der Pflichtteil gestundet werden kann, entscheidet das Gericht. Es kann den Antrag aber auch ablehnen, z. B. wenn keine Besserung der finanziellen Situation des Erben absehbar ist oder dieser auch das geerbte Haus verkaufen kann, um den Pflichtteil auszuzahlen. Während der Stundung können Sie Ihren Anspruch nicht durchsetzen.
Verweigert der Erbe hingegen böswillig die Auszahlung des Erbteils, können Sie als Pflichtteilsberechtigter rechtliche Schritte einleiten. Es kann sich lohnen, dafür einen Anwalt zu beauftragen. Dieser kann den Erben mit einer Mahnung auffordern, den Pflichtteil auszuzahlen und ihn in Verzug setzen.