Anwalt für Berufsgenossenschaft: Was muss ich wissen?
Im Homeoffice sind Sie auf dem Weg von der Küche zum Schreibtisch kurz ins Bad gegangen, um sich einzucremen. Als Sie das Bad dann Richtung Schreibtisch verlassen wollen, stürzen Sie und prellen sich die Hand. Ist das ein Arbeitsunfall? Was, wenn die Berufsgenossenschaft das nicht anerkennt? Sollte man klagen? Diese Fragen kann meist nur ein Anwalt mit Schwerpunkt Berufsgenossenschaft beantworten.
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Berufsgenossenschaft: Welche Arten von Unfällen oder Krankheiten sind relevant?
3 Arten von Unfällen bzw. Krankheiten sind für die Berufsgenossenschaft relevant: Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten.
- Arbeitsunfälle: Unfälle zählen als Arbeitsunfälle (auch Betriebs- oder Berufsunfälle genannt), wenn der Versicherte während der versicherten Arbeitszeit und -tätigkeit Gesundheitsschäden (oder den Tod) erleidet. Nicht abgedeckt sind Unfälle in der Kantine oder auf der Toilette.
- Wegeunfälle: Unfälle auf dem Weg von und zur Arbeit werden als Wegeunfälle bezeichnet, zählen aber auch zu den Arbeitsunfällen. Dabei ist für den Versicherungsschutz wichtig, dass der Versicherte keinen unnötigen Umweg macht (Ausnahme: Umweg wegen der Kinderbetreuung). Die Bewertung, ob der Unfall tatsächlich auf dem Arbeitsweg oder während der Arbeit passiert ist, spielt für die Einordnung als Arbeitsunfall eine zentrale Rolle. Davon hängt ab, ob die Berufsgenossenschaft zahlen muss. Insofern kann es sinnvoll sein, nach einem Unfall zuerst einen Anwalt zu kontaktieren, bevor Sie mit der Berufsgenossenschaft sprechen.
- Berufskrankheiten entwickeln sich im Gegensatz zu plötzlichen Arbeitsunfällen allmählich, manchmal über einen Zeitraum von vielen Jahren. Die Berufsgenossenschaft ist nur dann zahlungspflichtig, wenn der Zusammenhang zwischen Arbeit und Krankheit belegt ist und es eine Krankheit gemäß Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) ist. Beispiele: lärmbedingte Schwerhörigkeit, Karpaltunnel-Syndrom, Hautkrankheiten durch den Umgang mit Chemikalien, Staublunge, Hautkrebs durch Arbeit in der Sonne oder bandscheibenbedingte Erkrankungen der Wirbelsäule durch zu schweres Heben. In der Praxis besteht oft Streit über den Nachweis des Zusammenhangs zwischen Arbeit und Berufskrankheit, der Relevanz ggf. bestehender Vorerkrankungen sowie über die Zuordnung zu einer der „BKV-Listen-Berufskrankheiten“.
Welche Leistungen erbringt die Berufsgenossenschaft?
Die gesetzliche Unfallversicherung deckt hauptsächlich Personenschäden Angestellter ab, in der Regel jedoch keine Sachschäden (wie z. B. Schäden am Kfz bei einem Wegeunfall) oder Schmerzensgeld. Die Berufsgenossenschaften bieten einerseits Sachleistungen (z. B. Heilbehandlung, Rehabilitation, Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung wie z. B. Umschulungen). Der Anspruch auf Heilbehandlung kann dabei umfangreicher sein als in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Berufsgenossenschaften leisten andererseits auch Zahlungen an Versicherte. Bei dauerhafter Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) oder im Todesfall eines Versicherten besteht z. B. die Möglichkeit, von der Berufsgenossenschaft eine Rente zu beziehen. Die Feststellung des Grades der Erwerbsminderung ist dabei regelmäßig ein Streitpunkt, bei dem dann medizinische Gutachten eine Rolle spielen. In diesen Fällen kann ein erfahrener Anwalt gegenüber der Berufsgenossenschaft sinnvoll sein, um Gegenargumente abzuwehren.
Arbeitsunfall im Homeoffice. Bin ich über die Berufsgenossenschaft (BG) versichert?
Unzureichender Versicherungsschutz im Homeoffice ist ein wichtiges Thema, denn Unfälle in den eigenen 4 Wänden sind nur in bestimmten Fällen über die Berufsgenossenschaften versichert. Zu belegen, dass der Unfall in der eigenen Wohnung während der beruflichen Tätigkeit passierte, ist nicht immer leicht. Auch hier ist es im Zweifel ratsam, einen Anwalt mit Schwerpunkt Berufsgenossenschaft zu konsultieren.
Was tun bei ablehnendem Bescheid der Berufsgenossenschaft?
Gegen ablehnende Bescheide des Unfallversicherungsträgers kann der Versicherte innerhalb 1 Monats Widerspruch einlegen (Widerspruchsfrist gemäß Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid). Eine Widerspruchsbegründung ist nicht vorgeschrieben, aber sinnvoll. Die Entscheidung wird dann überprüft und dem Widerspruch entweder abgeholfen oder es ergeht ein sog. Widerspruchsbescheid. Falls der Leistungsanspruch im Widerspruchsverfahren nicht durchgesetzt wird, folgt das Verfahren vor dem Sozialgericht.
Das Widerspruchsverfahren (auch Vorverfahren genannt) und das Klageverfahren können Sie theoretisch selbst führen. Anwaltliche Unterstützung kann sich aber lohnen.
Ein Anwalt mit Schwerpunkt Berufsgenossenschaft kann bereits bei der Akteneinsicht Verfahrensfehler erkennen, gezielt Anträge zur Überprüfung stellen und eine außergerichtliche Einigung ermöglichen.
Im Klageverfahren führt das Sozialgericht eigene Ermittlungen durch, kann Beweise erheben und für die medizinischen Sachverhalte unabhängige Sachverständige einbinden. Die Entscheidung des Sozialgerichts erfolgt meist durch ein Urteil, wogegen man Berufung einlegen kann.