1. Wann ist eine Kündigung unzulässig?
Eine Kündigung ist unzulässig, wenn sie gegen zwingende gesetzliche Vorschriften, tarifliche Bestimmungen oder vertragliche Vereinbarungen verstößt. Ein Verstoß gegen gesetzlichen Anforderungen liegt insbesondere dann vor, wenn
- die Kündigung formwidrig erfolgt.
- die gesetzlichen Kündigungsfristen nicht eingehalten werden.
- die Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) nicht erfüllt sind.
- besonderer Kündigungsschutz (z. B. für Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder) besteht.
- bei betriebsbedingten Kündigungen eine fehlerhafte Sozialauswahl getroffen wird.
Formale & inhaltliche Fehler
Damit eine Kündigung wirksam ist, muss das Kündigungsschreiben bestimmte formale und inhaltliche Anforderungen erfüllen. Fehler in diesen Bereichen können die Kündigung unwirksam machen.
Zu den häufigsten Fehlern zählen:
- Fehlende Schriftform: Nach § 623 BGB muss die Kündigung zwingend schriftlich erfolgen, also auf Papier gedruckt oder handgeschrieben sein. Kündigungen per E-Mail, Fax, SMS oder mündlich sind daher unwirksam.
- Fehlende Originalunterschrift: Das Kündigungsschreiben muss die eigenhändige Unterschrift des Arbeitgebers oder eines unterschriftsberechtigten Vertreters tragen. Elektronische Signaturen, eingescannte Unterschriften oder das vollständige Fehlen einer Unterschrift machen die Kündigung formell unwirksam.
- Nicht eingehaltene oder falsche Kündigungsfrist: Die im Schreiben angegebene Kündigungsfrist muss korrekt sein und eingehalten werden.
- Nichtanhörung des Betriebsrats: Besteht ein Betriebsrat, muss dieser vor jeder Kündigung angehört werden – auch bei Arbeitsverhältnissen unter sechs Monaten. Wird der Betriebsrat nicht informiert, kann dies die Kündigung unwirksam machen.
Allgemeiner Kündigungsschutz
Der allgemeine Kündigungsschutz gilt für Arbeitnehmer, wenn:
- das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht und
- der Betrieb mehr als 10 Vollzeitbeschäftigte hat.
In diesem Fall darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nur aus einem der drei gesetzlich anerkannten Gründe kündigen:
1. Verhaltensbedingte Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist zulässig, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt.
Beispiele:
- Wiederholte Unpünktlichkeit
- Arbeitsverweigerung
- Beleidigungen, Diebstahl oder andere Pflichtverletzungen
Wichtige Voraussetzungen:
- Der Verstoß muss rechtswidrig und vorsätzlich oder fahrlässig sein.
- Es muss eine hohe Wahrscheinlichkeit weiterer Störungen bestehen.
- Der Arbeitgeber muss vorab prüfen, ob mildere Mittel (z. B. Abmahnung, Versetzung) ausreichen.
- Bei der Entscheidung werden das Verschulden des Arbeitnehmers und die bisherige Zusammenarbeit berücksichtigt.
2. Personenbedingte Kündigung
Eine personenbedingte Kündigung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer wegen persönlicher Eigenschaften oder Lebensumstände dauerhaft nicht in der Lage ist, seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen.
Gründe können sein:
- Lang andauernde Krankheit
- Erhebliche Leistungsschwäche
- Verlust notwendiger Genehmigungen (z. B. Führerschein)
- Lange Freiheitsstrafen
- Straftaten, die die weitere Eignung infrage stellen
Vor der Kündigung ist zu prüfen:
- Gibt es eine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung (z. B. auf einem anderen Arbeitsplatz)?
- Ist die Kündigung das mildeste Mittel?
3. Betriebsbedingte Kündigung
Eine betriebsbedingte Kündigung ist gerechtfertigt, wenn betriebliche Veränderungen wie Umstrukturierungen oder Stellenabbau zu einem dauerhaften Rückgang des Arbeitsbedarfs führen.
Zu beachten:
- Eine Kündigung „auf Vorrat“ ist unzulässig.
- Es muss geprüft werden, ob eine Weiterbeschäftigung im Betrieb möglich ist.
- Der Arbeitgeber muss eine soziale Auswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern treffen.
- Kriterien für die Sozialauswahl sind: Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, ggf. Schwerbehinderung.
- Fehler bei der Sozialauswahl können die Kündigung unwirksam machen.
Fehlerhafte Sozialauswahl
Bei betriebsbedingten Kündigungen ist der Arbeitgeber verpflichtet, unter vergleichbaren Arbeitnehmern eine sogenannte Sozialauswahl durchzuführen. Dabei muss er prüfen, wer sozial am wenigsten schutzwürdig ist – unter Berücksichtigung von Kriterien wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und einer möglichen Schwerbehinderung.
Wird diese Auswahl unsachgemäß oder lückenhaft getroffen – etwa wenn einem sozial schutzwürdigeren Arbeitnehmer gekündigt wird, obwohl ein weniger schutzbedürftiger Kollege hätte ausgewählt werden müssen – ist die Kündigung in der Regel unwirksam.
Keine Sozialauswahl ist erforderlich, wenn eine Einzelposition entfällt, die mit keinem anderen Arbeitsplatz vergleichbar ist, oder wenn der gesamte Betrieb geschlossen wird.
Besonderer Kündigungsschutz
Bestimmte Arbeitnehmergruppen genießen einen besonderen Kündigungsschutz, weil sie aufgrund ihrer Lebenssituation oder ihrer Funktion im Unternehmen als besonders schutzwürdig gelten. In diesen Fällen darf der Arbeitgeber nur unter besonders strengen Voraussetzungen kündigen.
In einigen Fällen ist zusätzlich die Zustimmung einer Behörde erforderlich. So muss etwa bei der Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters vorab die Zustimmung des Integrationsamts eingeholt werden (§ 168 SGB IX).
Unter besonderem Kündigungsschutz stehen:
- Betriebsratsmitglieder
- Auszubildende nach der Probezeit
- Schwerbehinderte Arbeitnehmer
- Schwangere
- Mütter bis 4 Monate nach der Entbindung
- Mütter und Väter in Elternzeit