1. Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?
Wenn Sie einen Kredit vorzeitig ablösen, entgehen der Bank zukünftige Zinsen. Um diesen „Verlust“ auszugleichen, berechnet die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung. Sie dient als Schadensersatz, da der Bank durch die vorzeitige Rückzahlung Zinseinnahmen entgehen.
Vorfälligkeitsentschädigung Höhe
Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung wird individuell berechnet und hängt von mehreren Faktoren ab:
- Restschuld: Je höher die verbleibende Restschuld, desto höher fällt in der Regel auch die Entschädigung aus.
- Zeit bis zur ordentlichen Kündigung: Je weiter die Möglichkeit, den Kredit ordentlich zu kündigen, noch entfernt ist, desto größer ist der Zinsverlust für die Bank – und entsprechend höher kann die Entschädigung sein.
- Vereinbarter Zinssatz: Ein höherer Sollzins im ursprünglichen Vertrag führt zu einem größeren Zinsnachteil für die Bank, wenn der Kredit vorzeitig beendet wird und die Zinsen inzwischen gesunken sind.
- Aktuelles Zinsniveau: Die Bank vergleicht den Zinssatz Ihres Kredits mit den aktuell erzielbaren Zinsen am Kapitalmarkt. Je niedriger die aktuellen Marktzinsen, desto größer der finanzielle Verlust der Bank – und desto höher die Vorfälligkeitsentschädigung.
2. Kredit vorzeitig ablösen: Wann bekomme ich Geld zurück?
Viele Kreditverträge enthalten Formfehler, die dazu führen, dass Banken gar keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen dürften. Haben Sie diese dennoch gezahlt, kann das Geld oft zurückgefordert werden.
Typische Fehler sind:
- Unklare Formulierungen: z. B. unverständliche Beschreibungen zur Berechnung oder zu Kapitalmarkt-Annahmen.
- Fehlende Transparenz: Die Bank muss nachvollziehbar erklären, wie exakt die Entschädigung entsteht – Schritt für Schritt.
- Unvollständige Pflichtangaben: Wenn entscheidende Berechnungsparameter fehlen, ist die Forderung unzulässig.
Das bedeutet: Sie können die Vorfälligkeitsentschädigung vollständig sparen oder bereits gezahlte Beträge (oft mehrere tausend Euro) zurückholen.
BGH-Urteile: Geld zurück bei Fehlern im Kreditvertrag
Mai 2025: Sparkassen-Klausel für unwirksam erklärt
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 20. Mai 2025 (Az.: XI ZR 22/24) eine von vielen Sparkassen zwischen März 2016 und Anfang 2020 verwendete Klausel zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung als unzureichend und damit unwirksam eingestuft. Das bedeutet: Verbraucher, die in diesem Zeitraum einen Immobilienkredit bei einer Sparkasse abgeschlossen und diesen vorzeitig zurückgezahlt haben, müssen keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen oder können bereits gezahlte Beträge unter Umständen zurückfordern.
Auch LBS-Verträge im Fokus
Verschiedene Landesbausparkassen (LBS) haben sehr ähnlich formulierte Klauseln wie die Sparkassen verwendet und dürften deswegen ebenfalls von der aktuellen Rechtsprechung betroffen sein. Deshalb lohnt sich auch hier eine sorgfältige Prüfung der Darlehensverträge aus den Jahren 2016 bis 2020.
Dezember 2024: Urteil gegen VR-Bank
Bereits im Dezember 2024 erklärte der BGH auch eine Klausel einer VR-Bank für unwirksam (Az.: XI ZR 75/23). Verbraucher können somit ebenfalls bereits gezahlte Entschädigungen zurückverlangen.
Das Urteil dürfte nicht nur die VR-Bank betreffen. Auch andere Kreditinstitute haben in der Vergangenheit vergleichbare Klauseln verwendet – vor allem in Darlehensverträgen, die zwischen dem 21. März 2016 und Anfang 2020 abgeschlossen wurden.
Dazu zählen insbesondere:
- Volksbanken
- Raiffeisenbanken
- Sparda-Banken
- PSD-Banken
- Apobank
- BBBank
Verbraucher, die in diesem Zeitraum einen Immobilienkredit bei einem dieser Institute abgeschlossen und bereits eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben, sollten ihren Vertrag prüfen lassen – es besteht die Möglichkeit, bereits gezahlte Beträge zurückzuerhalten.
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