5. Einschränkungen der Akteneinsicht
Eingeschränkt wird das Recht der Akteneinsicht lediglich dadurch, dass
- sie für eine angemessene Verteidigung erforderlich sein muss,
- der Untersuchungszweck nicht gefährdet wird und
- ihr nicht überwiegend schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen.
Sobald ein Rechtsanwalt in der Rolle des Verteidigers einen Antrag auf Akteneinsicht stellt, entfallen diese Einschränkungen weitestgehend.
Während den laufenden Ermittlungen darf dem Verteidiger höchstens dann keine Einsicht gewährt werden, wenn der Ermittlungszweck auf dem Spiel steht. Potentielle, abstrakte Gefährdungen begründen dabei keine Ablehnung der Akteneinsicht. Wird hingegen gerade eine Durchsuchung des Beschuldigten geplant, würde diese durch die Akteneinsicht offenbart werden. Der Anwalt könnte seinen Mandanten warnen und dieser hätte genug Zeit, Beweismittel verschwinden zu lassen. Bei Erhebung der Anklage ist der Verteidiger hingegen ohne Einschränkungen zur Akteneinsicht berechtigt.
6. Bußgeldbescheid – Akteneinsicht beantragen auch möglich?
Bezüglich ihrer Akten haben es Tatverdächtige einer Ordnungswidrigkeit viel einfacher als diejenigen in einem Strafprozess. Wer einen Bußgeldbescheid erhalten hat, kann also ebenso Akteneinsicht beantragen. Oftmals können so empfindliche Strafen wie hohe Bußgelder oder Führerscheinentzug umgangen werden.
Beim kleinsten Zweifel an der Richtigkeit des Bescheids sollte ein Blick in die Akten vorgenommen und gegebenenfalls Einspruch erhoben werden. In der Regel ist hierfür zunächst kein Anwalt notwendig.
Im Ordnungswidrigkeitenverfahren gibt es zwei verschiedene Arten von Akten:
- die Bußgeldakte und
- die Ermittlungsakte.
Unter Umständen kann es vorkommen, dass die Bußgeldakte bei der Bußgeldbehörde liegt und die Ermittlungsakte bei der Polizei. In diesem Fall kann überlegt werden, ob die Einsicht in beide Akten beantragt werden sollte.
7. Wie viel kostet es, wenn man Akteneinsicht beantragt?
Anwaltskosten
Wenn ein Anwalt Akteneinsicht beantragt, ist er natürlich dafür zu bezahlen. Sein Honorar wird individualvertraglich festgelegt – also je nach Umfang seiner Dienste und Ihrem Verhandlungsgeschick.
Zusätzlich fällt meistens eine sogenannte Grundgebühr gemäß Nr. 4100 Abs. 1 VV RVG (das ist das Vergütungsverzeichnis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes) in Höhe von 40–360 Euro an. Sie wird bei der erstmaligen Einarbeitung in den Fall erhoben – allerdings nur, wenn der Anwalt das Mandat auch übernimmt.
Wird der Anwalt also nur mit der Akteneinsicht, nicht aber mit der Verteidigung beauftragt, wird lediglich sein Honorar und nicht die zusätzlich die Grundgebühr fällig.
► Über advocado können Sie einen Partner-Anwalt zum Festpreis beauftragen. Dazu schildern Sie hier einfach kurz Ihr Rechtsproblem, erhalten daraufhin eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer rechtlichen Chancen und Risiken sowie ein Festpreisangebot für die Abwicklung Ihres gesamten Falles.
Sonstige Kosten
Gemäß § 105 Abs. 5 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) fallen für die Beantragung der Akteneinsicht Kosten an.
- Die digitale Einsicht kostet 5 Euro,
- für eine Begutachtung in Papierform werden 12 Euro fällig.
Kopien sind in diesem Preis nicht enthalten – sie werden extra berechnet. So entstehen nach Nr. 7000 RVG und Nr. 7002 RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, Anlage 1) Kopierkosten in Höhe von je
- 50 Cent für die ersten 50 Seiten und
- 15 Cent für jede weitere Seite.
Des Weiteren wird eine Auslagenpauschale von maximal 20 Euro (meist 20 % der oben erwähnten Grundgebühr) erhoben.
Zu sämtlichen oben genannten Kosten wird außerdem die gesetzliche MwSt. von 19 % hinzugerechnet.
Beispiel:
Posten
|
Gebühr
|
Grundgebühr des Anwalts (individuell nach Aufwand berechnet)
|
80 €
|
Beantragung der Akteneinsicht (digital)
|
5 €
|
Kopierkosten (z. B. 25 Seiten)
|
12,50 €
|
Auslagenpauschale
|
Max. 20 €
|
Zwischensumme
|
117,50 €
|
MwSt. 19 %
|
22,33 €
|
Gesamt
|
139,83 €
|
8. Verwehrung der Akteneinsicht: Was tun?
Wenn das Recht zur Akteneinsicht verwehrt wird, kann dem – abhängig vom Status des Verfahrens – zunächst widersprochen werden. In manchen Fällen führt eine unrechtmäßige Ablehnung des Rechts auf Akteneinsicht sogar zu einem Verfahrensfehler, der eine Beschwerde möglich macht.
Sollte der Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt werden, kann es sinnvoll sein, eine Rechtsberatung von einem Strafverteidiger in Anspruch zu nehmen, damit dieser einen Widerspruch formuliert.
9. Tipp: Hilfe vom Rechtsanwalt in Anspruch nehmen
Grundsätzlich steht dem Beschuldigten immer das Recht auf Akteneinsicht zu. Meist dürfen auch andere Beteiligten Einblick in die Akten nehmen. Damit der Akteninhalt anschließend korrekt interpretiert und eine passende Verteidigungsstrategie erarbeitet werden kann, kann ein Jurist hilfreich sein.
Mithilfe eines Anwalts kann die Begutachtung der Beweislage zudem schneller und umfangreicher abgewickelt werden. Wichtig ist, dass die Akteneinsicht so früh wie möglich wahrgenommen wird.
Beim kleinsten Zweifel an der Beweislage können Sie unter Zuhilfenahme eines Anwalts Akteneinsicht beantragen.
advocado findet für Sie den passenden Anwalt aus einem Netzwerk mit über 550 Partner-Anwälten. Dieser kontaktiert Sie innerhalb von 2 Stunden
für eine kostenlose Ersteinschätzung zu Ihren Handlungsoptionen und Erfolgsaussichten.