Zusammenfassung
Wem Unrecht widerfährt oder wer einen Streitfall verbindlich klären möchte, kann Klage einreichen. Dann entscheidet ein Richter. Starke Argumente und Beweise zu liefern, kann darüber entscheiden, ob Sie das Verfahren gewinnen. Das Gericht ermittelt nämlich nicht selbst, sondern fällt sein Urteil allein auf Basis der Informationen, die Kläger und Beklagter einreichen. Wer verliert, muss alle Prozesskosten tragen.
Auf einen Blick
Eine Klage ist ein Antrag darauf, ein Gerichtsverfahren einzuleiten. Wer Klage einreicht, hat das Ziel, einen Streitfall in einem Gerichtsverfahren verbindlich zu klären oder sein Recht durchzusetzen.
Es gibt verschieden Situationen, in denen es notwendig sein kann, Klage einzureichen. Aus diesen Gründen kommt es u. a. zu Klagen:
Jeder volljährige Bürger kann Klage erheben. Für Minderjährige klagen stellvertretend die Eltern bzw. der Vormund. Bei juristischen Personen (Unternehmen) steht dieses Recht dem Vorstand bzw. dem Geschäftsführer zu.
Bei welchem Gericht Sie die Klage einreichen, hängt von 2 Faktoren ab:
Bei zivilrechtlichen Problemen, also Streitigkeiten zwischen privaten Parteien (Bürgern und Geschäftsleute) und Gesellschaften des Privatrechts (Vereine, GmbHs) sind die sogenannten “ordentlichen Gerichte” zuständig.
Hier kommt es nun auf den Streitwert an – also darauf, um wie viel Geld es in dem Verfahren gehen wird:
Die nächsthöheren Instanzen der “ordentlichen Gerichte“ sind das Oberlandesgericht und die oberste und letzte Instanz: der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Zusätzlich gibt es auch sogenannte “besondere Gerichte” wie z. B. das Arbeitsgericht, das Sozialgericht oder das Finanzgericht. Diese sind auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisiert.
Sie können die Klage auf 2 Wegen beim zuständigen Gericht einreichen:
Ab einem Streitwert über 5.000 Euro ist in der Regel das Landgericht zuständig. Hier herrscht ausnahmslos Anwaltszwang. Das heißt, ein Anwalt muss bereits die Klageeinreichung für Sie übernehmen.
Es gelten je nach Fall unterschiedliche Fristen: Für eine Kündigungsschutzklage haben Sie 3 Wochen Zeit. Um Schadensersatz nach einem Autounfall einzufordern, gilt hingegen eine Verjährungsfrist von 3 Jahren.
Sie können die Klage mündlich bei der Rechtsantragsstelle des Amtsgerichts einreichen.
Vorteil: Die Beamten, die Ihre Klage zu Protokoll nehmen, können Sie unterstützen und achten auf Vollständigkeit.
Sie können die Klageschrift auch schriftlich einreichen. Entweder mit anwaltlicher Unterstützung oder selbst verfasst – sofern kein Anwaltszwang besteht. Dafür müssen Sie keine juristische Fachsprache beherrschen. Das Gericht erwartet lediglich eine übersichtlich und nachvollziehbar formulierte Schilderung der Situation.
Sie können die Klageschrift postalisch senden oder persönlich im Gericht abgeben.
Das muss in der Klageschrift stehen:
Das kann in der Klageschrift stehen:
Ein Anwalt kann sicherstellen, dass Sie Ihren Anspruch argumentativ stark untermauern und so Ihre Erfolgschancen erhöhen. advocado findet für Sie den passenden Anwalt für Zivilprozessrecht aus einem Netzwerk mit über 500 Partner-Anwälten. Dieser kontaktiert Sie innerhalb von 2 Stunden für eine kostenlose Ersteinschätzung zu Ihren Handlungsoptionen und Erfolgsaussichten. Schildern Sie hier Ihr Anliegen.
Bei der Klageeinreichung entstehen Gerichtskosten. Der Kläger muss zunächst in Vorleistung treten und den sogenannten Gerichtskostenvorschuss auslegen. Erst wenn die Gebühr eingegangen ist, fängt das Gericht an zu arbeiten.
Wer sich anwaltlich vertreten lässt, muss zusätzlich auch das Anwaltshonorar zahlen. Wie hoch die Kosten für den Anwalt und das Gericht ausfallen, hängt vom Streitwert ab.
Das Anwaltshonorar ist in der Gebührentabelle des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) festgelegt. Die Gerichtskosten sind im Gerichtskostengesetz (GKG) geregelt. Um das Prozesskostenrisiko möglichst gering zu halten und eine aussichtslose Klage zu vermeiden, können Sie die Kosten vorab z. B. mit einem Prozesskostenrechner abschätzen.
Die folgende Tabelle zeigt die Kosten exemplarisch für unterschiedliche Streitwerte:
Streitwert in Euro |
Gerichtskosten in Euro |
Anwaltshonorar in Euro* |
500 |
35 |
274,68 |
1.000 |
53 |
468,86 |
5.000 |
146 |
1.643,12 |
10.000 |
241 |
2.985,89 |
50.000 |
546 |
6.171,66 |
200.000 |
1.746 |
10.647,55 |
* In der Beispielrechnung beinhaltet das Anwaltshonorar die außergerichtliche Tätigkeit, die Vertretung im Klageverfahren und die Mehrwertsteuer.
Wenn Sie den Rechtsstreit vor Gericht gewinnen, muss in den allermeisten Fällen die Gegenseite alle entstandenen Kosten tragen: die volle Gerichtsgebühr, Ihre Anwaltskosten und auch alle Auslagen für Zeugen und Sachverständigengutachten.
Ausnahmen:
Andersherum müssen Sie als Kläger alle Kosten übernehmen, wenn Sie vor Gericht unterliegen.
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In vielen Fällen übernimmt die Rechtsschutzversicherung einen Großteil der Kosten – bei einer Niederlage auch die Kosten der Gegenseite.
Die Versicherung zahlt aber nur, wenn Sie Ihnen vorab eine sogenannte Deckungszusage gegeben hat. Sie stellen dazu eine Deckungsanfrage bei Ihrem Anbieter. Die Versicherung prüft daraufhin, ob das Rechtsgebiet durch Ihre Police abgedeckt ist und ob überhaupt Erfolgsaussichten für das Verfahren bestehen.
Sie sind unsicher, ob Ihre Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt? Ein advocado Partner-Anwalt informiert Sie gern in einer kostenlosen Ersteinschätzung über die zu erwartenden Kosten und deren Finanzierungsmöglichkeiten. Zudem stellt er auf Wunsch auch eine Deckungsanfrage bei Ihrer Versicherung.
Wer finanziell nicht in der Lage ist, einen Prozess zu bezahlen, kann Prozesskostenhilfe beantragen. Der Kläger muss dazu seine Finanzen offenlegen. Anschließend prüft ein Richter, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind und ob die Klage Aussicht auf Erfolg hat.
Wird der Antrag bewilligt, übernimmt die Gerichtskasse alle anfallenden Gerichtsgebühren und die eigenen Anwaltskosten – je nach finanziellen Verhältnissen entweder als Vollzuschuss oder als Darlehen, das in Raten zurückzuzahlen ist.
Die Prozesskostenhilfe muss nicht zurückzahlen, wer vom Sozialhilfesatz lebt und nicht mehr als 3.000 Euro Ersparnisse hat. Nicht angerechnet wird eine selbst genutzte Immobilie.
In einem Zivilprozess ermittelt das Gericht nicht selbst. Stattdessen gilt der sogenannte Beibringungsgrundsatz: Der Richter entscheidet nur auf Basis der Ausführungen und Beweise, die ihm Kläger und Beklagter zutragen. Die Argumentation in der Klageschrift und während der Verhandlung kann für den Ausgang eines Verfahrens also entscheidend sein.
Auch kann der Prozess schon zu Ende sein, bevor er überhaupt anfängt: Das Gericht prüft zunächst, ob die Klage überhaupt begründet ist. Ist in der Klageschrift nicht schlüssig erläutert, warum eine Klage notwendig und angebracht ist, weist das Gericht die Klage als unbegründet ab.
Wie lange ein Zivilprozess dauert, lässt sich nicht pauschal sagen. Als Faustformel gilt:
Nachdem Sie die Klage beim Gericht eingereicht haben, wird die Klageschrift der Gegenseite zugestellt. Innerhalb einer 2-Wochen-Frist muss der Beklagte sich schriftlich dazu äußern. Ansonsten ergeht ein Versäumnisurteil.
Anschließend haben dann wieder Sie als Kläger Gelegenheit, auf die Klageerwiderung – die Stellungnahme der Gegenseite – zu reagieren. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kläger und Beklagter mehrere Schreiben austauschen, bevor es zum Gerichtstermin kommt.
Gerade bei komplexen Rechtsstreitigkeiten kann der Richter so die gegensätzlichen Standpunkte beider Parteien in Ruhe nachvollziehen.
Nach der schriftlichen Vorverhandlung lädt das Gericht zur Güteverhandlung. Sie findet vor der eigentlichen mündlichen Verhandlung statt. Ziel ist es, den Prozess abzukürzen und Ressourcen zu schonen. Das Gericht ordnet in der Regel an, dass beide Parteien persönlich zur Güteverhandlung erscheinen.
Das Gericht frühzeitig zu informieren, wenn Sie durch eine Reise oder krankheitsbedingt verhindert sind und Nachweise (Attest bzw. Urlaubsbuchung) einzureichen, kann deshalb sinnvoll sein.
Der Richter schildert den Sachverhalt, wie er ihn bisher verstanden hat, und erläutert seine vorläufige Bewertung des Rechtsstreits. Anschließend kann er einen Vorschlag für einen Vergleich machen – also eine angemessene, für beide Seiten akzeptable Lösung.
Mit einem Vergleich ist das Verfahren genauso verbindlich abgeschlossen wie durch einen Urteilsspruch. Der Kläger kann seine Forderung wenn nötig per Zwangsvollstreckung durchsetzen.
Eine Güteverhandlung kann zu 4 Ergebnissen führen:
Tritt eine der ersten 3 Optionen ein, ist der Prozess beendet. Bringt die Güteverhandlung kein Ergebnis, lädt das Gericht die Streitparteien im nächsten Schritt zur mündlichen Verhandlung. Diese kann entweder direkt im Anschluss an die Güteverhandlung oder zu einem späteren Termin stattfinden.
Die mündliche Verhandlung – auch Hauptverhandlung genannt – beginnt mit einer Bestandsaufnahme und einem Zwischenfazit des Richters. Anschließend diskutieren die Parteien untereinander, warum die Klage begründet bzw. unbegründet ist. Der Richter erteilt und entzieht den Parteien als Prozessleiter das Wort.
Eine Gerichtsverhandlung ist außer bei Familiensachen grundsätzlich öffentlich.
Widersprechen sich die Darstellungen der Parteien, ordnet der Richter eine Beweisaufnahme an: Um den Sachverhalt eindeutig zu klären, vernimmt er die von den Parteien benannten Zeugen, hört Sachverständige an und sichtet Beweise.
Beide Parteien und der Richter erörtern das Ergebnis der Beweisaufnahme. Sobald alle Parteien ausreichend gehört wurden und das Gericht sich seine Meinung gebildet hat, ist die mündliche Verhandlung beendet.
Der Richter verkündet das Urteil entweder direkt im Anschluss an die mündliche Verhandlung oder aber zu einem späteren Termin. Bei einem separaten Verkündungstermin besteht keine Anwesenheitspflicht, das Urteil kann auch telefonisch in der Geschäftsstelle des Gerichts abgefragt werden und geht dem Kläger und dem Beklagten postalisch zu.
Das Urteil ist ein vollstreckbarer Titel. Das bedeutet, dass der Gewinner des Rechtsstreits die Zwangsvollstreckung einleiten darf, wenn die unterlegene Seite ihre Pflichten nicht freiwillig erfüllt.
Gegen das Urteil des Amts- oder Landgerichts können Sie binnen eines Monats Berufung einlegen. Der Fall wird dann von der nächsthöheren Instanz noch einmal aufgerollt. Bedingung ist, dass der Streitwert sich auf mindestens 600 Euro beläuft.
Das kommt darauf an: Liegt der Streitwert über 5.000 Euro, ist in der Regell das Landgericht zuständig. Hier besteht Anwaltszwang. Das heißt, ein Anwalt muss die Klage für Sie einreichen und Sie in der Gerichtsverhandlung vertreten. Auch wenn Sie in der ersten Instanz unterliegen und in Berufung gehen möchten, brauchen Sie dazu einen Anwalt.
Bei einem Streitwert bis zu 5.000 Euro wird üblicherweise vor dem Amtsgericht verhandelt. Hier ist ein Anwalt nicht vorgeschrieben. Sie können auch selbstständig Klage einreichen und in der Gerichtsverhandlung argumentieren.
Aufgrund von 2 Grundsätzen des Zivilprozessrechts kann es in bestimmten Situationen jedoch sinnvoll sein, sich trotzdem einen Anwalt zu nehmen:
Sich juristische Unterstützung zu nehmen, kann deshalb auch bei einem Streitwert von weniger als 5.000 Euro sinnvoll sein:
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das mögliche Vorgehen.
Nach einem Journalismus-Studium und fünf Jahren in der Unternehmenskommunikation eines Technologiekonzerns schreibt Dustin Pawlitzek als Teil der juristischen Redaktion von advocado zu den Gebieten Arbeits- und Zivilrecht. Ziel ist, komplexe juristische Themen verständlich aufzubereiten, damit Leser passende Lösungen erhalten.