1. Was ist eine Unterlassungserklärung?
Die Unterlassungserklärung ist ein Schreiben, das die Unterlassung einer Rechtsverletzung fordert. Sie wird mit einer Abmahnung verschickt, wenn man die Rechte einer anderen Person verletzt hat.
Die Unterlassungserklärung gilt lebenslang. Wer sie unterschreibt, verpflichtet sich:
- die abgemahnte Rechtsverletzung nie wieder zu begehen
- eine Strafe zu zahlen, wenn er die abgemahnte Rechtsverletzung wieder begeht
Gründe für eine Unterlassungserklärung
Bei folgenden Rechtsverstößen besteht ein Unterlassungsanspruch, die Forderung einer Unterlassungserklärung wäre gerechtfertigt.
- Beleidigung: Ehrverletzende Äußerung über eine Person
- Verleumdung: Wissentlich unwahre und ehrverletzende Tatsachen über eine andere Person äußern
- Üble Nachrede: Ehrverletzend und verächtlich über eine Person sprechen – ohne Beweise dafür, dass die Aussage wahr ist
- Filesharing: Urheberrechtlich geschützte Serien, Musiktitel, Filme usw. über Tauschbörsen an andere Nutzer weitergegeben oder heruntergeladen = Filesharing-Abmahnung.
- Urheberrechtsverletzung: Urheberrechtlich geschützte Bilder auf einer Webseite verwenden oder geschützte Werke vervielfältigen = Urheberrecht verletzen.
- Markenrechtsverletzung: Wissentlich oder unwissentlich eine fremde Marke ohne Erlaubnis kopiert oder für eigene wirtschaftliche Zwecke genutzt = Markenrecht verletzt.
- Wettbewerbsrechtsverletzung: z. B. unvollständiges Impressum, fehlerhafte Widerrufsbelehrung auf einer gewerblichen Webseite
- Patentrechtsverletzung: Geschützte Erfindung herstellen oder in den Verkehr bringen
- Persönlichkeitsrechtsverletzung: z. B. unerlaubt Fotos mit klar erkennbaren Personen veröffentlichen
- Designrechtsverletzung: Geschütztes Design für andere Zwecke nutzen
Welche Unterlassungserklärungen gibt es?
Es gibt verschiedene Unterlassungserklärungen. Sie unterscheiden sich darin, zu wessen Vorteil sie verfasst sind:
Vorformulierte Unterlassungserklärung
Diese Art der Unterlassungserklärung ist einem Abmahnungsschreiben direkt beigefügt. Sie vertritt vor allem die Interessen des Abmahnenden und fordern womöglich mehr Schadensersatz oder höhere Vertragsstrafen, als die Rechtsverletzer eigentlich zahlen müssten.
Strafbewehrte Unterlassungserklärung
„Strafbewehrt“ meint, dass bei einer erneuten Rechtsverletzung eine Strafe zu zahlen ist – die sogenannte Vertragsstrafe. Die strafbewehrte Unterlassungserklärung ist die häufigste Form. Sie soll erneute Rechtsverletzungen verhindern.
Modifizierte Unterlassungserklärung
Abgemahnte müssen nicht die vorformulierte Unterlassungserklärung unterschreiben und sich damit auf überzogene Forderungen einlassen. Sie können immer eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben.
Die modifizierte Unterlassungserklärung verpflichtet zwar auch zur Unterlassung, die Forderung sind aber im Sinne des Abgemahnten angepasst. Die Schadensersatzsumme bzw. die Vertragsstrafe ist geringer.
Vorbeugende Unterlassungserklärung
Diese Art der Unterlassungserklärung wird vom Rechtsverletzer ohne Aufforderung an den Geschädigten geschickt. Mitunter weiß dieser gar nicht, dass seine Rechte verletzt wurden.
Der Schädiger will so einer Abmahnung zuvorkommen und die damit verbundenen Kosten sparen, insbesondere wenn viele Abmahnungen drohen. Die vorbeugende Unterlassungserklärung muss so formuliert sein, dass sie den Ansprüchen des Geschädigten gerecht wird.
Wer kann eine Unterlassungserklärung schicken?
Jeder darf bei der Verletzung seiner Rechte eine Unterlassungserklärung an den Rechtsverletzer schicken.
Die Unterlassungserklärung dürfen z. B. schicken:
- Privatpersonen
- Urheber
- Lizenzinhaber
- Mitbewerber
- Deren gesetzliche Vertreter (z. B. Verbraucherschützer und Anwälte)
2. Unterlassungserklärung erhalten: Was tun? | 4 Schritte
Haben Sie eine Unterlassungserklärung erhalten, können Sie Folgendes tun:
1. Unterlassungserklärung prüfen
Unterschreiben Sie die Unterlassungserklärung nicht überstürzt. Das Schreiben kann falsch sein. Es kann sich lohnen zu prüfen, ob die Forderung berechtigt ist.
Folgendes können Sie prüfen:
- Absender: Ist der Absender Inhaber der Rechte und seriös?
- Tatvorwurf: Haben Sie die Tat tatsächlich begangen?
- Anspruch: Besteht überhaupt ein Unterlassungsanspruch?
- Verjährung: Ist der Anspruch noch gültig, oder bereits verjährt?
- Formalia: Ist die Unterlassungserklärung formal korrekt oder enthält sie Fehler (z. B. keine Unterschrift, kein Datum)?
- Höhe Vertragsstrafe & Schadensersatz: Sind die Forderungen zulässig und angemessen?
- Frist: Ist die genannte Frist zur Zahlung des Schadensersatzes und zur Unterzeichnung angemessen?
2. Sachverhalt dokumentieren
Sammeln Sie Beweise dafür, dass Sie für den Verstoß nicht verantwortlich sind. So können Sie die Abmahnung mit Unterlassungserklärung zurückzuweisen.
3. Widerspruch einlegen oder Klage einreichen
Sind die Vorwürfe nicht berechtigt, können Sie Widerspruch einlegen. Können Sie Ihre Unschuld beweisen, wird die Forderung der Unterlassungserklärung im Idealfall fallen gelassen.
Hält der Abmahnende trotz Widerspruch und Beweisen an der Unterlassungserklärung fest, können Sie Klage einreichen. Um den Tatvorwurf vor Gericht entkräften zu können, ist eine gute Begründung wichtig.
4. Unterlassungserklärung anpassen & Strafe verhandeln
Ist der Tatvorwurf berechtigt, müssen Sie eine Unterlassungserklärung abgeben. Sie können diese aber zu Ihrem Vorteil anpassen.
Sie können die geforderte Schadensersatzsumme und die Vertragsstrafe nach unten verhandeln.
Hier ist Verhandlungsgeschick gefragt, da der Geschädigte nicht verpflichtet ist, Ihren Vorschlag anzunehmen.
Ein Anwalt kann Ihnen dabei helfen. Ein Anwalt für Zivilprozessrecht kann das Schreiben prüfen und Ihnen sagen, welche Chancen Sie gegen die Forderungen haben. Um die Forderungen zurückzuweisen, müssen Sie einwandfrei beweisen, dass Sie keine Schuld haben. Der Anwalt kann die Unterlassungserklärung für Sie zurückweisen oder anpassen.
3. Unterlassungserklärung prüfen: Fehler möglich
Nicht jede Unterlassungserklärung ist korrekt und berechtigt. Es kann sich lohnen, vor der Unterschrift Folgendes zu prüfen:
Ist der Absender der Rechteinhaber?
Der Abmahnende muss selbst Inhaber der verletzten Rechte sein oder dessen gesetzlicher Vertreter. Eine Privatperson darf z. B. niemanden wegen der Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Bildes abmahnen und eine Unterlassungserklärung fordern, wenn sie nicht selbst die Rechte an dem Bild besitzt.
Ist der Tatvorwurf berechtigt?
Hat die abgemahnte Person die vorgeworfene Tat nicht begangen, ist eine Unterlassungserklärung ungerechtfertigt. Wird eine Person des Filesharings bezichtigt, ist die Unterlassungserklärung also nur gerechtfertigt, wenn sie tatsächlich illegal Dateien hoch- oder heruntergeladen hat.
Gibt es einen Unterlassungsanspruch?
Der Abmahnende muss einen Unterlassungsanspruch haben. Nicht jede verletzende Aussage bedeutet automatisch einen Unterlassungsanspruch wegen Beleidigung. Ob im Einzelfall ein Anspruch besteht, kann ein Anwalt beurteilen.
Ist der Anspruch schon verjährt?
Ein Anspruch auf eine Unterlassungserklärung verjährt nach drei Jahren. Die Frist beginnt dabei zum Ende des Jahres,
- in dem die Rechtsverletzung stattgefunden und
- der Geschädigte Kenntnis über die Verletzung und Verletzenden erlangt hat.
Beispiel: Sie wurden 2021 per E-Mail beleidigt und haben erst 2023 erfahren, wer dafür verantwortlich ist. Dann ist eine Unterlassungserklärung noch bis Ende 2026 möglich.
Sind die Formalia erfüllt?
Fehlerhafte Pflichtangaben können der Unterlassungserklärung ihre Gültigkeit nehmen.
Die Unterlassungserklärung muss diese Formalia erfüllen:
- Anschrift des Abgemahnten
- Absender (z. B. die Firma oder den Namen des Geschädigten bzw. seines Anwalts)
- Aufforderung zur Unterlassung des abgemahnten Verhaltens (z. B. illegal Videos im Netz zu verbreiten).
- Angemessene Vertragsstrafe bei erneutem Rechtsverstoß.
Die Erklärung muss die vorgeworfene Rechtsverletzung explizit benennen. Bei mehreren Rechtsverletzungen müssen diese einzeln aufgelistet sein. Für jedes rechtsverletzende Verhalten ist die Unterlassung einzeln zu fordern.
Sind Vertragsstrafe & Schadensersatz angemessen?
Die zu zahlende Vertragsstrafe sollte so hoch angesetzt sein, dass sie vor weiteren Verstößen abschreckt.
Die Summe muss aber in einem angemessenen Verhältnis zum Rechtsverstoß stehen und darf nicht übertrieben hoch ausfallen.
Wird von Ihnen eine Unterlassungserklärung mit enormen Vertragsstrafen verlangt, kann ein Anwalt die Erklärung prüfen und die Summe womöglich reduzieren.
Ist die Frist zur Unterschrift & Zahlung lang genug?
Der Abmahnende kann selbst entscheiden, wie viel Zeit er zur Reaktion auf die Unterlassungserklärung lässt. Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Frist. Entscheidend sind die Schwere der Rechtsverletzung und die Dringlichkeit der Sache.
Trotzdem muss die Frist angemessen sein – mindestens so lange, dass Abgemahnte einen Anwalt zur Unterstützung kontaktieren können. Eine Frist von wenigen Tagen ist also nicht erlaubt. Die Unterlassungserklärung gilt dann weiterhin, nur die Frist kann mithilfe eines anwaltlichen Schreibens verlängert werden.
Wann ist eine Unterlassungserklärung berechtigt?
Abmahnungen und Unterlassungserklärungen sind nicht immer gerechtfertigt.
Eine Unterlassungserklärung ist berechtigt, wenn:
- der Abmahnende einen Anspruch auf Unterlassung hat
- der Abmahnende der Inhaber der verletzten Rechte oder dessen gesetzlicher Vertreter (z. B. ein Anwalt) ist
- der Tatvorwurf berechtigt ist
- die formalen Voraussetzungen erfüllt sind
- die Tat nicht verjährt ist
4. Unterlassungserklärung unterschrieben – was jetzt?
Mit der Unterschrift wird die Unterlassungserklärung zu einem lebenslang gültigen Vertrag.
Die Unterschrift kommt einem Schuldeingeständnis gleich. Eine voreilige Unterschrift macht es sehr schwer, die Vorwürfe später noch überprüfen zu lassen oder die Unterlassungserklärung im Nachhinein anzupassen.
Die unterschriebene Unterlassungserklärung verpflichtet zu:
- Lebenslange Unterlassung der explizit genannten Rechtsverstöße
- Zahlung einer Vertragsstrafe bei erneuten Rechtsverletzungen
- Zahlung der Abmahnkosten (Anwaltskosten des Geschädigten und Schadensersatz)
Vorgefertigte Unterlassungserklärungen können höhere Schadensersatzsummen und Vertragsstrafen sowie umfassendere Schuldgeständnisse fordern, als überhaupt nötig wären.
Um dem zu entgehen, kann es sinnvoll sein, das Schreiben von einem Anwalt prüfen zu lassen. Er kennt die Rechtslage, weiß, was dem Geschädigten tatsächlich zusteht, und bewahrt Sie vor überzogenen Forderungen.
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