3. Wann darf der Arbeitgeber in der Schwangerschaft trotzdem kündigen?
Das deutsche Arbeitsrecht und das Grundgesetz schützen Schwangere und Mütter umfassend vor einer Kündigung während bzw. nach der Schwangerschaft. Dennoch sind Schwangere nicht unkündbar: In Ausnahmefällen können Arbeitgeber den Kündigungsschutz bei Schwangerschaft aber umgehen.
Unter welchen Voraussetzungen ist eine Kündigung trotz Schwangerschaft möglich?
Damit eine Kündigung während der Schwangerschaft zulässig ist, dürfen die Kündigungsgründe nicht im Zusammenhang mit der Schwangerschaft, der Fehlgeburt oder der Geburt des Kindes stehen. Eine Kündigung wegen Schwangerschaft ist also nicht möglich.
Besondere Kündigungsgründe sind z. B.:
- Betriebsbedingte Gründe: Das Unternehmen ist insolvent oder der Betrieb wird teilweise stilllegt.
- Verhaltensbedingte Gründe: Die Schwangere hat eine besonders schwere Pflichtverletzung begangen (z. B. Diebstahl, schwerer Vertragsbruch).
Will der Arbeitgeber einer Schwangeren trotz Kündigungsverbot kündigen, muss er dafür eine Ausnahmegenehmigung von der zuständigen Aufsichtsbehörde haben. Je nach Bundesland kann das z. B. die Bezirksregierung, das Regierungspräsidium oder die Gewerbeaufsicht sein.
Mit dem schriftlichen Antrag muss der Arbeitgeber beweisen, dass
- die Kündigung nicht im Zusammenhang mit der Schwangerschaft steht.
- eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.
Die Arbeitnehmerin darf sich vor der Aufsichtsbehörde zum Kündigungsvorhaben äußern. Erst dann entscheidet die Behörde, ob eine Kündigung trotz Schwangerschaft zulässig ist.
Genehmigt die Behörde die Kündigung, kann die Arbeitnehmerin Widerspruch einlegen und beim Verwaltungsgericht Klage einreichen. Auch der Arbeitgeber kann gegen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde juristisch vorgehen.
Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und den besonderen Kündigungsgrund nennen.
Was passiert, wenn der Arbeitgeber den Kündigungsschutz missachtet?
Kündigt der Arbeitgeber Sie ohne Erlaubnis der Aufsichtsbehörde, haben Sie unter Umständen einen Anspruch auf Entschädigung.
Das Landesarbeitsgericht Berlin verurteilte 2015 einen Arbeitgeber zu einer Entschädigungszahlung von 1.500 Euro, weil dieser sich für die Kündigung einer schwangeren Mitarbeiterin keine Genehmigung eingeholt hatte. Das Gericht sah dadurch eine Benachteiligung wegen des Geschlechts im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gegeben (LAG Berlin, Urteil vom 16.09.2015, Az. 23 Sa 1045/15).
Kann man in der Schwangerschaft betriebsbedingt gekündigt werden?
Ja, grundsätzlich ist eine betriebsbedingte Kündigung in der Schwangerschaft bzw. kurz nach der Entbindung möglich. Ist der Arbeitgeber insolvent, kann er der Schwangeren keinen anderen Arbeitsplatz im Unternehmen anbieten und/oder kommt es zur Betriebsschließung, kann die Kündigung trotz Schwangerschaft gerechtfertigt sein.
Trotzdem steht die Arbeitnehmerin unter besonderem Kündigungsschutz. Ohne Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde ist eine betriebsbedingte Kündigung unzulässig.
Kann man in einem Kleinbetrieb wegen Schwangerschaft gekündigt werden?
Obwohl das Kündigungsschutzgesetz regelmäßig nicht für Beschäftigte in Kleinbetrieben greift, gilt der Kündigungsschutz bei Schwangerschaft auch für Arbeitnehmerinnen in Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern.
Im Mutterschutzgesetz finden sich eindeutige Bestimmungen über Umfang und Dauer des Kündigungsschutzes während einer Schwangerschaft. Grundsätzlich ist jede Arbeitnehmerin in einem festen Arbeitsverhältnis geschützt – somit ist eine Kündigung in der Schwangerschaft auch im Kleinbetrieb oder in der Probezeit verboten.
Nur in den oben genannten Ausnahmefällen und unter den genannten Voraussetzungen kann der Arbeitgeber in einem Kleinbetrieb eine Schwangere oder junge Mutter entlassen.
Können Schwangere mit einem befristeten Arbeitsvertrag gekündigt werden?
Ja. Bei Schwangeren in befristeten Arbeitsverhältnissen kann eine Kündigung auch ohne Zustimmung der Aufsichtsbehörde zulässig sein. Denn das Kündigungsverbot in der Schwangerschaft gilt nur begrenzt:
- Während der Vertragslaufzeit ist eine Kündigung bei Schwangerschaft unzulässig.
- Ist der befristete Arbeitsvertrag ausgelaufen, endet auch der Kündigungsschutz.
- Die schwangere Arbeitnehmerin hat keinen Anspruch auf eine Vertragsverlängerung.
Arbeitsverträge dürfen nur bei objektiven Gründen des Arbeitgebers oder bei einer Neueinstellung auf maximal 2 Jahre befristet werden. Verstößt Ihr Arbeitsvertrag gegen diese Regelungen, könnten Sie Anspruch auf eine unbefristete Weiterbeschäftigung und Kündigungsschutz während der Schwangerschaft haben.
4. Was passiert, wenn man in der Probezeit schwanger wird?
Auch wenn Sie einen neuen Job annehmen und in der Probezeit schwanger werden, sind Sie gemäß MuSchG vor einer Kündigung geschützt. Das vereinfachte Kündigungsrecht in der Probezeit gilt für schwangere Arbeitnehmerinnen nicht.
Spätestens nach einem halben Jahr im neuen Job endet die Probezeit. Sobald das Kündigungsverbot bei Schwangerschaft endet, greift der gesetzliche Kündigungsschutz: Ihnen darf nun nicht mehr ohne Grund gekündigt werden. Gehen Sie nach der Geburt in Elternzeit, verlängert sich wiederum der besondere Kündigungsschutz entsprechend.
Kann man Schwangere in der Probezeit fristlos kündigen?
Eine fristlose Kündigung in der Probezeit ist bei schwangeren Arbeitnehmerinnen unwirksam. Auch Änderungskündigungen sind nicht möglich.
Werden Sie in der Probezeit schwanger, gelten die gleichen Regelungen bezüglich Kündigung und Beschäftigungsverbot wie bei einer festen Anstellung – unabhängig davon, ob Sie die Probezeit in einem Kleinbetrieb oder einem Großunternehmen absolvieren.
5. Trotz Schwangerschaft gekündigt? So können Sie sich wehren
Möchten Sie gegen Ihre Kündigung vorgehen, müssen Sie schnell reagieren – Sie haben 2 bzw. 3 Wochen Zeit, um auf die Entlassung zu reagieren.
Gibt es eine Ausnahmegenehmigung der Behörde, bleibt Ihnen nur der Weg zum Verwaltungsgericht. Andernfalls können Sie außergerichtliche Schritte einleiten.
Arbeitgeber über die Schwangerschaft informieren
Weisen Sie Ihren Arbeitgeber unverzüglich in einer formlosen, schriftlichen Mitteilung auf die bestehende Schwangerschaft und den damit verbundenen Kündigungsschutz hin:
- Teilen Sie explizit mit, dass Sie bereits bei Zugang der Kündigung schwanger waren.
- Zum eindeutigen Nachweis können Sie eine ärztliche Bescheinigung mit dem errechneten Geburtstermin beilegen.
- Aus Beweisgründen kann es sinnvoll sein, sich den Zugang der Mitteilung bestätigen zu lassen – etwa indem Sie einen Zeugen mitnehmen oder die Nachricht per Einschreiben mit Rückschein versenden.
Kündigungsschutzklage einreichen
Sie können innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Die Frist beginnt, sobald Sie die Kündigung erhalten haben.
Sie können sich vor dem Arbeitsgericht grundsätzlich selbst vertreten, die Klageschrift verfassen und ggf. Anträge auf Prozesskostenhilfe stellen. Allerdings kann es sein, dass sich Ihr Arbeitgeber anwaltlich vertreten lässt – und Ihnen somit allein durch juristische Expertise überlegen ist.
Kontaktieren Sie einen Anwalt, kann er Sie im Kündigungsschutzprozess vertreten und für Chancengleichheit vor Gericht sorgen.
So kann Ihnen ein Anwalt helfen
Werden Sie trotz Schwangerschaft entlassen, kann Sie ein Anwalt für Arbeitsrecht unterstützen und das Kündigungsschreiben prüfen.
Hat Ihr Arbeitgeber eine Genehmigung von der zuständigen Aufsichtsbehörde eingeholt, kann der Anwalt Widerspruch einlegen und mit einer juristisch fundierten Begründung Ihre Interessen vertreten.
Ohne Genehmigung ist die Kündigung unwirksam. Zieht Ihr Arbeitgeber trotz Mitteilung über Ihre Schwangerschaft die Kündigung nicht zurück, kann Sie der Anwalt im Kündigungsschutzprozess vertreten.
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