1. Widerruf Immobiliendarlehen: Rechtslage
Nehmen Sie zur Finanzierung Ihrer Wohnung oder Ihres Hauses einen Kredit auf, muss die Bank Sie über Ihr gesetzliches Widerrufsrecht bei Immobiliendarlehen aufklären.
Nur mit einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung beginnt die Frist zum Widerruf des Vertrages. Die Widerrufsbelehrung muss sich laut § 355 BGB deutlich vom Rest des Vertrages abheben und ihre Formulierungen dürfen nicht verwirrend sein.
Darüber muss die Widerrufsbelehrung unmissverständlich aufklären:
- Der Kreditnehmer kann den Vertrag innerhalb von 14 Tagen widerrufen.
- Wann beginnt die Widerrufsfrist?
- Welches Ereignis setzt die Frist in Gang?
- Die Belehrung muss sich deutlich vom restlichen Vertrag abheben.
- Der Widerruf ist an keine weitere Bedingung geknüpft und ohne Begründung möglich.
- Der Widerruf muss schriftlich erfolgen.
- Die rechtzeitige Absendung des Widerrufschreibens genügt zur Einhaltung der 2-Wochen-Frist.
Wird die Widerrufsbelehrung diesen Anforderungen nicht gerecht, können Sie den Immobilienkredit-Widerruf durchsetzen. Das Widerrufsrecht besteht unbefristet. Deswegen wird es auch als ewiges Widerrufsrecht bezeichnet.
Noch Jahre nach Vertragsabschluss können Sie gegen eine fehlende oder fehlerhafte Widerrufsbelehrung vorgehen. Auch wenn Sie den Vertrag bereits vorzeitig gekündigt haben, können Sie dies bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung noch zurücknehmen und stattdessen den Widerruf des Immobiliendarlehens einreichen.
Aber: Dieses unbefristete (ewige) Widerrufsrecht ist durch die seit 21. März 2016 gültige Wohnimmobilienkreditrichtlinie auf bestimmte Zeitpunkte beschränkt worden. Ein Widerruf des Darlehensvertrages ist also nur in bestimmten Fällen möglich (Kapitel 2).
Deshalb kann es sinnvoll sein, Ihre Baufinanzierung vor dem Widerruf prüfen zu lassen.
Wann ist der Widerruf eines Immobiliendarlehens möglich?
Der Widerruf eines Immobiliendarlehen ist bei Verträgen möglich, die zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden. Die Widerrufsbelehrung in diesen Verträgen kann fehlerhaft sein. Dann haben Verbraucher statt der üblichen 14-tägigen Widerrufsfrist (§ 355 BGB) ein ewiges Widerrufsrecht.
Welchen Einfluss hat das aktuelle Urteil des EuGH?
Am 26.03.2020 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass der sogenannte Kaskadenverweis in Widerrufsbelehrungen unzulässig ist (C-66/19). Der Kaskadenverweis besagt, dass die Widerrufsfrist beginnt, sobald dem Verbraucher alle Pflichtangaben vorliegen. Da die Klausel aber nicht besagt, um welche Pflichtangaben es sich handelt, ist die Widerrufserklärung fehlerhaft.
Theoretisch würde das bedeuten, dass sich Kreditverträge, die den Kaskadenverweis beinhalten, auch Jahre später noch widerrufen lassen. Allerdings sieht der Bundesgerichtshof den vom EuGH als unzulässig betrachteten Kaskadenverweis weiterhin als rechtmäßig an. Ein endgültiges Urteil ist in zukünftigen Gerichtsverfahren zu treffen.
2. Wann kann sich der Widerruf des Darlehensvertrags lohnen?
Ob der Widerruf aussichtsreich ist, hängt vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ab. Für den Widerruf des Immobiliendarlehens gilt: Frist beachten.
Altverträge
Verträge, die zwischen dem 02. November 2002 und 10. Juni 2010 abgeschlossen wurden, können Sie bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht mehr widerrufen. Die Widerrufsfrist bzw. das ewige Widerrufsrecht endete aufgrund der neuen Kreditrichtlinie am 21. Juni 2016.
Gegen eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung in Ihrem Vertrag können Sie also nichts mehr tun.