3. Wer kann einen Erbvertrag anfechten?
Grundsätzlich ist jeder, dem eine erfolgreiche Anfechtung zugutekommen würde, anfechtungsberechtigt. Wer das neben dem Erblasser sein kann, wird im folgenden Kapitel erklärt.
Anfechtung Erbvertrag durch Erben
Gesetzliche Erben können den Erbvertrag anfechten – sie sind schließlich Angehörige des Erblassers und Inhalte des Erbvertrags können Auswirkungen auf sie haben.
Ausführlichere Informationen zu gesetzlichen Erben, wer wie viel erbt und wie der Anspruch gesetzlicher Erben umgangen werden kann, finden Sie in unserem Beitrag „Gesetzliche Erbfolge“.
Anfechtung Erbvertrag durch Erblasser
Falls sich der Erblasser kein Rücktritts- oder Widerrufsrecht im Erbvertrag vorbehalten hat und ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag mit dem Vertragspartner nicht möglich ist, können Erblasser ihren Erbvertrag anfechten – sie haben ein Selbstanfechtungsrecht.
Dazu muss er allerdings den Anfechtungsgrund nachweisen und nach § 2282 BGB die Anfechtung unbedingt persönlich durchführen – das bedeutet, er darf sich bei der notariellen Anfechtungserklärung nicht vertreten lassen. Ist der Erblasser geschäftsunfähig, kann ein Betreuer stellvertretend den Notarvertrag anfechten, sofern eine Genehmigung des Betreuungsgerichts vorliegt.
Ist die Anfechtung durch den Erblasser erfolgreich und der Erbvertrag unwirksam, können neue Verfügungen für den eigenen Nachlass getroffen werden.
Anfechtung Erbvertrag durch Pflichtteilsberechtigten
Pflichtteilsberechtigte können den Erbvertrag anfechten, wenn sie darin übergangen wurden. Das ist z. B. der Fall, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der Vertragserstellung nichts von der Existenz dieser Person wusste oder sie erst danach geboren wurde. Eine Anfechtung ist jedoch ausgeschlossen, wenn davon auszugehen ist, dass der Erblasser auch bei Kenntnis über die Existenz des Pflichtteilsberechtigten dieselben Verfügungen im Erbvertrag erlassen hätte.
Nach erfolgreicher Anfechtung durch den Pflichtteilsberechtigten wird dieser mindestens in Höhe seiner gesetzlichen Erbquote bedacht.
Ausführlichere Informationen zu Pflichtteilsberechtigten, welche Angehörigen dazu gehören und wie die Höhe des Pflichtteils berechnet werden kann, finden Sie in unserem Beitrag „Pflichtteilsanspruch“.
4. Wie kann man einen Erbvertrag anfechten?
Können die Anfechtungsberechtigten einen Anfechtungsgrund nachweisen, müssen sie einen vorgegebenen Ablauf und bestimmte Anfechtungsfristen einhalten, damit die Anfechtung erfolgreich ist.
Ablauf einer Anfechtung des Erbvertrags
Im Wesentlichen beschränkt sich der Ablauf einer Anfechtung auf folgende Schrittfolge:
- Zum einen muss der Anfechtungsgrund nachgewiesen werden,
- zum anderen muss die Anfechtungserklärung form- und fristgerecht beim zuständigen Nachlassgericht eingereicht werden.
Bei erfolgreicher Anfechtung wird der Erbvertrag schließlich unwirksam.
Wird der Anfechtungsgrund nicht nachgewiesen, hat die Anfechtung von vornherein keine Aussicht auf Erfolg und der Erbvertrag behält seine Gültigkeit. Dabei trägt ausschließlich die anfechtende Person die Beweislast.
Im Anschluss an den Nachweis des Anfechtungsgrundes muss die Anfechtungserklärung beim Nachlassgericht eingereicht werden. Dazu ist eine notarielle Beurkundung der schriftlichen Erklärung nötig. Ein Notar prüft die Richtigkeit der Erklärungen und stellt sicher, dass sich die Beteiligten aller Auswirkungen der Anfechtung bewusst sind. Abschließend leitet er die Anfechtungserklärung an das Nachlassgericht weiter und informiert alle Beteiligten –in der Regel übrige Erben.
Schließlich wird der Erbvertrag nach erfolgreicher Anfechtung für nichtig erklärt und ist damit unwirksam. Welche Auswirkungen die Anfechtung genau hat, erläutern wir Ihnen in Kapitel 5 – Auswirkungen der Anfechtung eines Erbvertrags.
Erbvertrag anfechten & Pflichtteil erhalten
Der Pflichtteil steht prinzipiell jedem Familienangehörigen zu, der enterbt oder mit einem zu geringen Erbteil bedacht wurde – diese können demnach trotz einer Enterbung im Erbvertrag ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen. Das gilt auch bei der Anfechtung des Erbvertrags. Ist die Anfechtung erfolgreich, gilt die Verfügung als nichtig und der Anspruch auf den Pflichtteil am Erbe bleibt weiterhin bestehen – die Anfechtung des Erbvertrags hat folglich keinen Einfluss auf den Pflichtteilsanspruch.