2. Die Höhe des Pflichtteils
Um zu ermitteln, wie hoch der Pflichtteil von Kindern beim Erbfall ausfällt, wird in einem ersten Schritt der Wert des Nachlasses bestimmt. Im zweiten Schritt kann dann berechnet werden, wie hoch der Erbteil nach der gesetzlichen Erbfolge ausgefallen wäre. Dieser wird halbiert und ergibt somit die Pflichtteilsquote.
Weitere Informationen zur Pflichtteilsberechnung von Angehörigen wie Eltern, Geschwistern und Kindern erhalten Sie in unserem ausführlichen Beitrag Pflichtteil berechnen: Wie hoch ist der Pflichtteil?.
3. Wie Kinder den Pflichtteil einfordern
Pflichtteilsberechtigte Kinder – und auch andere Angehörige – können ihr Erbrecht nur geltend machen, indem sie selbst aktiv werden und ihren Pflichtteil einfordern. Dazu müssen diese sich an den im Testament oder Erbvertrag eingesetzten Erben wenden und die Herausgabe ihres Erbteils verlangen. Kommt der Erbe diesem Verlangen nicht nach, so kann es sinnvoll sein, einen Anwalt einzuschalten.
4. Sind Kinder immer pflichtteilsberechtigt?
Die Kinder des Erblassers – egal, ob ehelich, außerehelich oder adoptiert – sind prinzipiell immer pflichtteilsberechtigt. Das BGB gesteht ihnen also grundsätzlich eine Mindestbeteiligung am Nachlass zu. Zu den Besonderheiten des Pflichtteils für uneheliche Kinder lesen Sie auch den Beitrag Pflichtteil uneheliche Kinder.
Trotzdem gibt es Möglichkeiten, diesen Pflichtteil zu umgehen. Wann Kinder keinen gültigen Anspruch auf ihren Pflichtteil haben, erfahren Sie im nächsten Kapitel.
5. Kann man Kindern den Pflichtteil entziehen?
Da Kinder in der Regel immer pflichtteilsberechtigt sind und meist auch einen durchsetzbaren Pflichtteilsanspruch haben, ist ein Pflichtteilsentzug von direkten Abkömmlingen schwer durchzusetzen. Nur wenn triftige Gründe vorliegen, kann der Pflichtteil der Kinder entzogen werden. § 2333 BGB enthält diesbezüglich eine Auflistung von sogenannten Pflichtteilsentziehungsgründen. Kann der künftige Erblasser diese plausibel und detailliert begründen und hält dies schriftlich in seinem Testament fest, so kann dem Pflichtteilsberechtigten sein Anspruch auf die Mindestbeteiligung am Erbe entzogen werden. Gemäß § 2333 Absatz 1 BGB kann der Erblasser dem pflichtteilsberechtigten Kind seinen Pflichtteilsanspruch absprechen, wenn:
- der Pflichtteilsberechtigte dem Erblasser, dessen Partner oder nahen Verwandten und Bekannten des Erblassers nach dem Leben trachtet,
- der Pflichtteilsberechtigte ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen begangen hat, welches sich gegen die zuvor aufgelisteten Personen gerichtet hat,
- der Pflichtteilsberechtigte seine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser absichtlich und böswillig verletzt hat oder
- wenn der Pflichtteilsberechtigte wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt wurde und die Teilhabe am Nachlass für den Erblasser unzumutbar ist.
Ist eine dieser Bedingungen erfüllt, kann man den Pflichtteil umgehen. Wie sich mithilfe von Pflichtteilsverzicht und dem Berliner Testament der Pflichtteil entziehen lässt, erklären wir Ihnen in den folgenden Unterkapiteln. Informationen, wie Sie jemanden rechtssicher enterben können, erhalten Sie im Beitrag Rechtssicher enterben.
Pflichtteil entziehen durch Pflichtteilsverzicht
Zukünftige Erblasser können zu Lebzeiten mit ihren Kindern einen sogenannten Pflichtteilsverzicht vereinbaren. Dieser muss zwingend von einem Notar beurkundet werden, um Gültigkeit zu erlangen. Hierbei vereinbaren beide verbindlich, dass dieses seinen Pflichtteilsanspruch beim Ableben des Erblassers nicht geltend macht. Meist erhält der Pflichtteilsberechtigte für seinen Pflichtteilsverzicht eine Abfindung. Bei dieser Variante ist jedoch zu beachten, dass unbedingt beide Parteien – sowohl Erblasser als auch Pflichtteilsberechtigter – freiwillig dem Pflichtteilsverzicht zustimmen. Was dabei zu beachten ist, können Sie im Beitrag Pflichtteilsverzichtsvertrag nachlesen.
Pflichtteil entziehen durch Pflichtteilsstrafklausel
Der Pflichtteil kann auch durch eine Strafklausel im Berliner Testament (oder Ehegattentestament) entzogen werden. Bei diesem setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein. Die Kinder erben dann erst nach dem Tod des zweiten Ehepartners. Mit einer Pflichtteilsstrafklausel verfügen die Ehegatten, dass Kinder, die bereits im ersten Erbfall ihren Pflichtteil einfordern, beim Tod des zweiten Elternteils enterbt werden und damit letztendlich weniger erhalten. Diese Klausel kann unter Umständen dazu führen, dass der Pflichtteil von Kindern nicht bereits nach dem Tod des ersten Ehepartners geltend gemacht wird.
Pflichtteil umgehen durch Schenkung
Der Erblasser kann sein Vermögen durch Schenkungen zu Lebzeiten so reduzieren, dass die Pflichtteilsquote für die Angehörigen deutlich geringer ausfällt. Allerdings ist dies nur begrenzt zulässig. Der sogenannte Pflichtteilsergänzungsanspruch soll einen Rechtsmissbrauch verhindern.
6. Pflichtteil der Kinder: So kann ein Anwalt helfen
Töchter und Söhne haben grundsätzlich einen Anspruch auf einen Pflichtteil, auch wenn sie per Testament oder Erbvertrag enterbt wurden. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, ihnen den Pflichtteil zu entziehen und sie gänzlich vom Erbe auszuschließen.
Ein Anwalt für Erbrecht kann Ihren individuellen Fall prüfen und einschätzen, ob und wie Sie einen Pflichtteilsentzug erreichen können.
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