Um über eine mögliche Erbausschlagung entscheiden oder Nachlassgegenstände von einem unberechtigten Besitzer herausverlangen zu können, benötigt der Erbe umfassende und verlässliche Informationen über den Nachlassbestand. Andernfalls ist z. B. eine Überschuldung nur schwer erkennbar. Werden ihm entsprechende Angaben von Dritten verweigert, sind ihm weitgehend die Hände gebunden. Um das zu verhindern, hat er umfassende Auskunftsansprüche.
Der Erbe hat gegenüber folgenden Personengruppen einen Auskunftsanspruch:
Auch wenn Sie erst spät vom Tod eines Angehörigen und Ihrer Erbenstellung erfahren, können Sie Informationen verlangen. Der gesetzliche Auskunftsanspruch verjährt erst 30 Jahre nach Eintritt des Erbfalls.
Mit Auskunftsansprüchen gehen oftmals auch Auskunftspflichten einher. So muss der Erbe z. B. gegenüber Pflichtteilsberechtigten oder Nachlassgläubigern Informationen zum Nachlass offenlegen. Ausführlichere Informationen dazu finden Sie in unserem Beitrag zum Thema Auskunftspflicht Erbe.
Machen Sie als Erbe Ihren Auskunftsanspruch geltend, können Sie in der Regel ein vollständiges Nachlassverzeichnis verlangen. Dieses sollte sämtliche Aktiva (Grundstücke, Wertpapiere, Kraftfahrzeuge etc.) und Passiva (Erblasserschulden, Bestattungskosten) enthalten.
Wendet sich Ihr Auskunftsanspruch an Miterben, müssen diese zudem lebzeitige Schenkungen und Zuwendungen des Erblassers offenlegen – diese gelten als fiktiver Nachlass.
Muss der Auskunftspflichtige für die Erstellung z. B. einen Gutachter beauftragen und fallen dadurch Kosten an, werden diese gemäß § 2314 Absatz 2 BGB aus dem Nachlass gezahlt. So werden indirekt auch Sie daran beteiligt.
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das mögliche Vorgehen.
Sind Sie Erbe, haben Sie gegenüber anderen Erben, Bankinstituten, Erbschaftsbesitzern, Testamentsvollstreckern, Haushaltsangehörigen und Betreuern Auskunftsansprüche.
Miterben
Als Mitglied einer Erbengemeinschaft können Sie gemäß § 2057 BGB Auskünfte von Ihren Miterben verlangen. Diese müssen Ihnen alle Zuwendungen nennen, die sie zu Lebzeiten des Erblassers von ihm bekommen haben – z. B. Aussteuer oder Kapitel für eine Firmengründung.
Existieren solche Zuwendungen, sind diese gemäß § 2050 Absatz 1 BGB ausgleichungspflichtig. Sie werden auf den Erbteil des beschenkten Miterben angerechnet – so erhöht sich Ihr Erbteil. Von der Ausgleichungspflicht ausgenommen ist z. B. die Finanzierung der Berufsausbildung.
Vorerben
Sollen Sie erst nach einer anderen Person erben, sind Sie Nacherbe. Um sicherzustellen, dass der Vorerbe Ihr zukünftiges Erbe mit Sorgfalt behandelt und nicht etwa Vermögen verschleudert, haben Sie ihm gegenüber gemäß § 2121 BGB einen Auskunftsanspruch.
Der Vorerbe muss Ihnen ein Nachlassverzeichnis vorlegen, in welchem alle Aktiva vermerkt sind. Haben Sie Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der vorgelegten Informationen, können Sie verlangen, dass das Nachlassverzeichnis vom Nachlassgericht oder einem Notar angefertigt wird. Auch eine öffentliche Beglaubigung kann angeordnet werden.
Ihren Auskunftsanspruch gegenüber dem Vorerben können Sie in der Regel nur einmal geltend machen. Besteht jedoch berechtigter Grund zur Annahme, dass er Ihre Rechte verletzt und Ihr künftiges Erbe leichtsinnig schmälert, haben Sie gemäß § 2127 BGB ein Sonderauskunftsrecht. Der Vorerbe muss nun erneut ein Nachlassverzeichnis erstellen.
Die kontoführende Bank des Erblassers muss Ihnen Informationen über bestehende Giro- und Sparkonten, getätigte Kontobewegungen sowie Kontoauszüge vorlegen.
Um sich als Erbe ausweisen zu können, müssen Sie vorher beim zuständigen Nachlassgericht einen Erbschein beantragen. Dieser dient als offizielle Bestätigung der Erbschaft. Zwischen Antragstellung und Zusendung des Erbscheins können mehrere Wochen liegen.
Eilen die Bankauskünfte, kann alternativ auch eine beglaubigte Kopie des Testaments sowie die entsprechende Eröffnungsniederschrift vorgelegt werden – sofern Sie darin namentlich benannt sind und nicht mit unbestimmten Begriffen wie „meine Tochter” bezeichnet wurden.
Hält sich eine Person fälschlicherweise für den Erben und hat den gesamten Nachlass (oder Teile dessen) unrechtmäßig in ihrem Besitz, ist sie Erbschaftsbesitzer. Gibt dieser den Nachlass nicht freiwillig heraus, können Sie gemäß § 2018 BGB auf Herausgabe klagen.
In der entsprechenden Klageschrift aber muss jeder Nachlassgegenstand einzeln benannt werden – eine pauschale Einforderung des gesamten Nachlasses ist nicht möglich. Umso mehr sind Sie auf den Auskunftsanspruch angewiesen – anders könnten Sie sich kein Bild über den Nachlass machen und im Rahmen Ihrer Klage keine konkreten Nachlassgegenstände benennen. Wertvolle Vermögensgegenstände gingen Ihnen so verloren!
Auskünfte liefern muss Ihnen auch der Testamentsvollstrecker. Dieser muss zu Beginn seiner Tätigkeit ein umfassendes Nachlassverzeichnis vorlegen, welches alle Aktiva, Passiva und den fiktiven Nachlass enthält.
Kommt der Testamentsvollstrecker dem nicht nach, kann gemäß § 2227 BGB seine Entlassung beim zuständigen Nachlassgericht beantragt werden. Ziehen Sie die Glaubwürdigkeit des Testamentsvollstreckers in Zweifel und wollen Sie die Unvollständigkeit des Nachlassverzeichnisses ausschließen, können Sie gemäß § 2215 Absatz 3 BGB bei der Aufnahme anwesend sein.
Alternativ können Sie den Testamentsvollstrecker gemäß § 2215 Absatz 4 BGB verpflichten, das Nachlassverzeichnis vom zuständigen Nachlassgericht oder einem Notar erstellen zu lassen.
Eine Auskunftspflicht hat auch, wer mit dem Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls in häuslicher Gemeinschaft gelebt, ihn gepflegt oder bei ihm als Haushälterin beschäftigt war. Gemäß § 2028 BGB können Sie sowohl Auskunft über vom Erblasser getätigte Geschäfte als auch den Verbleib einzelner Nachlassgegenstände verlangen.
Wenn es sich beim Erblasser um eine volljährige Person handelt, für die aufgrund einer psychischen oder körperlichen Beeinträchtigung eine Betreuung angeordnet wurde, haben Sie ebenfalls einen Auskunftsanspruch. Dieser richtet sich gegen den rechtlichen Betreuer des Erblassers.
Der Betreuer war unter gerichtlicher Aufsicht dazu verpflichtet, die Geschäfte und persönlichen Angelegenheiten des Erblassers nach dessen Willen und Bedürfnissen zu erfüllen. In der Regel ist er dadurch der Einzige, der einen vollständigen Überblick über die Finanzen des Erblassers und den Verbleib wichtiger Dokumente hat.
Da das Betreuungsverhältnis mit dem Tod des Betreuten endet, muss der Betreuer dann sämtliche Unterlagen – z. B. Kontoauszüge, Vertragsunterlagen, Rentenbescheide und amtliche Urkunden – sowie aufbewahrte Gegenstände an Sie herausgeben. Dafür müssen Sie sich durch Erbschein und Personalausweis legitimieren.
Fehlen wesentliche Informationen über den Nachlass oder werden entsprechende Auskünfte verweigert, können Sie Ihren Auskunftsanspruch unter Umständen einklagen. Dafür müssen Sie beim zuständigen Nachlassgericht Klage einreichen. Dieses wird den Sachverhalt dann prüfen und die Gegenseite zur Anfertigung eines Nachlassverzeichnisses verpflichten.
Anfallende Gerichtskosten muss – bei Erfolg der Klage – die Gegenseite tragen.
Soll mithilfe der Auskünfte die Einforderung von Pflichtteil oder einzelnen Nachlassgegenständen vorbereitet werden, bietet sich die sogenannte Stufenklage an. Diese vereint Auskunfts- und Herausgabeanspruch. Beide können zeitgleich geltend gemacht werden – so werden Zeit und Kosten gespart.
Damit alle Sie alle wichtigen Informationen über den Nachlass erhalten, stehen Ihnen ein umfassender gesetzlicher Auskunftsanspruch zu. Um festzustellen, welche Informationen genau Sie verlangen können und wie Sie idealerweise weiter vorgehen, können Sie Folgendes tun:
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Über den erbrechtlichen Auskunftsanspruch können Erben ein sogenanntes Nachlassverzeichnis einfordern. Dieses enthält sowohl die vollständige Aufzählung von vorhandenem Vermögen als auch von bestehenden Schulden.
In erster Linie sieht der Gesetzgeber einen erbrechtlichen Auskunftsanspruch der Erben vor. Er besteht gegenüber den Nach- oder Miterben sowie gegenüber bestimmten Institutionen wie z. B. Banken und Finanzinstituten gegenüber.
Der Auskunftsanspruch verjährt nach § 197 BGB nach 30 Jahren. Die nicht erfüllte Auskunftspflicht kann vererbt werden: Sie geht an die Erben über, wenn der Auskunftsberechtigte verstirbt.
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